Kontrolleure rügen Klöckner
Rechnungshof: Das Ministerium hat die Kosten für Tierwohlkennzeichen nicht berechnet. Der Nutzen sei fraglich.
Berlin. Seit 2009 arbeitet das Landwirtschaftsministerium (BMEL) an einem Tierwohlkennzeichen. Der derzeitigen Ministerin Julia Klöckner hätte nun ein Abschluss gelingen können, doch dann grätschte der Bundesrechnungshof (BRH) dazwischen. In einem Bericht, der dieser Zeitung vorliegt, kritisiert der BRH, es fehle „eine Gegenüberstellung zwischen den mit der Einführung des Tierwohlkennzeichens verbundenen Kosten und dem erwarteten Nutzen“.
Das bedeutet: Das Ministerium will ein Gesetz beschließen lassen, von dem es nicht angeben kann, welche Kosten es verursacht. Der BRH schätzt, dass alleine das Kennzeichen für die Nutztierhaltung von Schweinen den Bundeshaushalt jährlich mit 90 bis 165 Millionen Euro belasten würde. Zusätzliche Ausgaben für Kontrollen sowie für andere Tiere wie Rinder oder Hühner sind darin noch nicht enthalten. „Diese Kosten“, führt das BRH aus, „wären mit Kosten und Nutzen anderer Handlungsalternativen, wie beispielsweise einer Verschärfung des gesetzlichen Tierwohl-mindeststandards, zu vergleichen.“
Das lehnt das BMEL ab. Es befürchtet, dass deutsches Fleisch dadurch teurer und auf dem Markt einen Nachteil gegenüber europäischen Fleischprodukten hätte, die diese Kriterien nicht erfüllen müssen. Doch die Opposition sieht noch andere Beweggründe. Der Rechnungshof lege den Finger in die Wunde, sagt Renate Künast, Sprecherin für Ernährungsund Tierschutzpolitik der Grünen und selbst ehemalige Landwirtschaftsministerin.
Das Ministerium wehrt sich gegen die Vorwürfe des Rechnungshofs. Selbstverständlich habe man die wirtschaftlichen Folgen untersucht und bewertet, sagt ein Sprecher. Außerdem sei die Frage nach mehr Tierwohl nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine ethische.
Hier sieht der Rechnungshof aber einen Widerspruch. Wenn der Tierschutz ausreichend sei, brauche man das Kennzeichen nicht. Wenn das nicht der Fall sei, solle man die Standards erhöhen. Das Kabinett will sich in zwei Wochen wieder mit dem Gesetz befassen.