Basislager des Lebens
Wer bedenkt, wie aufgeheizt und unversöhnlich bisweilen über Begriffe wie „Heimat“, „Integration“oder „Leitkultur“diskutiert wird, der empfindet Wilhelm Schmidts „Überlegungen“zur Frage, wo und wie Menschen ihre jeweilige Heimat finden, als wohltuend unaufgeregt und sinnstiftend. Der immer wieder durch philosophische Betrachtungen auffallende Professor und Seelsorger spannt einen sehr weiten Bogen von der räumlichen über die soziale bis zur mentalen Heimat und sorgt damit für eine spürbare Entkrampfung einer oft ideologischen Debatte. Für Schmidt ist Heimat überall dort, wo der Mensch sich aufgehoben fühlt, sicher, geborgen, vertraut. Das macht klar, weshalb Heimat eben nicht unbedingt an einen bestimmten Ort gebunden sein muss, sondern auch eine Form der seelischen oder emotionalen Gewissheit sein kann, eine Gefühlsheimat also, eine geistige Heimat etwa in der Kunst, Literatur oder Musik. Und es bedeutet, dass ein Mensch, der seine ursprüngliche Heimat verliert, durchaus imstande ist, eine neue Heimat zu finden, nämlich dort, wo er ein neues „Basislager des Lebens“aufschlägt. Heimat sei ein „Raum aus Zeit“, „ein Netzwerk der
Beziehungen“, schreibt der Autor, es kann auch eine Utopie sein, ein Glauben oder eine Religion. Wichtig ist, dass der Mensch sich zuhause fühlt, erkannt und anerkannt. Schmidt plädiert dafür, sich seine Heimat zu erschaffen als etwas, das einem „nicht egal ist“. Gunther Hartwig