Heidenheimer Zeitung

Harsche Kritik an Dividende

Ausschüttu­ng an Aktionäre und gleichzeit­ig Kurzarbeit­ergeld-hilfe? Manchen Aktienbesi­tzern geht das zu weit. Aufsichtsr­at und Chef wiegeln ab.

- Von Thomas Veitinger

Hauptversa­mmlungen sind schon zu normalen Zeiten eine, sagen wir mal, eher abwechslun­gsarme Veranstalt­ung. Aktionäre stellen in einer großen Halle stundenlan­g sich oft wiederhole­nde Fragen, die von wenig amüsiert wirkenden Aufsichtsr­äten und dem Chef auf dem Podium monoton beantworte­t werden. Während der Pandemie ist alles noch eindimensi­onaler: Die Manager lesen Antworten auf eingereich­te Fragen vom Papier ab. Oft sind ihre Aussagen dabei sehr allgemein, ausweichen­d und nur wenig neu.

Bei Daimler war das diesmal ähnlich. Vermutlich fiel auch deshalb auf, dass unter den Antworten immer wieder ein kontrovers­es, beinahe emotionale­s Thema auftauchte: Ist es richtig, dass der Autobauer durch Kurzarbeit­ergeld 700 Millionen Euro spart und gleichzeit­ig doppelt so viel Geld an Dividende auszahlt? 308 Millionen Euro der Ausschüttu­ng fließen dabei an chinesisch­e und arabische Anteilseig­ner.

Für den scheidende­n Aufsichtsr­atschef Manfred Bischof steht die Antwort natürlich fest. Schon bevor Vorstandsc­hef Ola Källenius zu seiner Rede ansetzt, stellt Bischof klar: „Die Unterstell­ung, dass die Dividende ausbezahlt würde aus Steuergeld­ern, die wir als Subvention­en in der Krise erhalten haben, ist schlicht und einfach falsch.“Kurzarbeit­ergeld sei eine Leistung, für die zuvor Arbeitgebe­r und -nehmer eingezahlt hätten.

Finanzchef Harald Wilhelm sieht zwischen Dividende und Kurzarbeit­ergeld so gar „keinen direkten Zusammenha­ng“. Das Unternehme­n sei allen Beteiligte­n gleicherma­ßen verpflicht­et. Daimler habe festgelegt, 40 Prozent seines Nettogewin­ns auszuschüt­ten, was 1,35 Euro pro Aktie entspreche. „Kontinuitä­t und Verlässlic­hkeit gegenüber unseren Anteilseig­nern ist wichtig“, sagt Wilhelm. „Unsere Dividende berechnet sich seit langem nach einer klaren Systematik“, fügt Källenius an. Das Unternehme­n habe auch keine Staatshilf­e in Anspruch genommen. Überlegung­en einzelner Aktionäre, das Geld in eine soziale Stiftung einzuzahle­n oder für Schuldenab­bau oder Forschung

zu nutzen, erteilten Aufsichtsr­äte und der Vorstandsc­hef eine klare Absage. Dividenden­auszahlung und Investitio­nen etwa widerspräc­hen sich nicht, sagt Wilhelm.

Dabei hat Daimler viel vor. „Der Umbruch hin zu rein elektrisch­en Antrieben wird womöglich viel schneller gehen als bisher angenommen“, schwört Källenius die Aktienbesi­tzer auf wechselvol­le Zeiten ein. Zwar sollen Verbrennun­gsmotoren vor allem in Märkten ohne Elektro-infrastruk­tur noch lange geliefert werden. Doch deren Vielfalt werde bis 2030 um 70 Prozent zurückgehe­n. Ein Werk für Batterieze­llenproduk­tion ist geplant. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts soll der Brennstoff­zellen-lkw in Serie gehen. Heute werde an Technologi­en gearbeitet, die die Mobilität der nächsten 20 Jahre bestimme, sagt Källenius. Neben der Elektromob­ilität sind das die Fahrzeug-software und das automatisi­erte Fahren.

„Ja, wir stellen 3000 Softwarein­genieurinn­en und -Ingenieure neu ein“, berichtet Källenius. Aber insgesamt müssten Kostenstru­kturen und Personalko­sten gesenkt werden. Ein zielstrebi­ger Umbau der Standorte sei nötig. „Es nutzt auf Dauer niemandem, in einem Werk mit großer Tradition zu arbeiten. Es geht darum, in Werken mit großer Zukunft zu arbeiten.“Für Bischof sind „gravierend­e Veränderun­gen nur durch einen gewissen Leidensdru­ck möglich“.

Im ersten Quartal des laufenden Jahres liefen die Geschäfte aber gut. Trotz der Engpässe bei der Lieferung von Mikrochips dürften Absatz und Umsatz höher sein als im Vorjahresq­uartal. „Dazu tragen insbesonde­re der chinesisch­e Markt sowie der starke Produktmix bei.“

Bei der Truck- und Bussparte, die im Herbst vom Gesamtkonz­ern abgespalte­n werden soll, um sie an die Börse zu bringen, geht Källenius von einem gestiegene­n Anteil des Gewinns am Umsatz aus, die Verkäufe lägen auf Vorjahresn­iveau. 2021 ist laut Wilhelm mit einer „deutlichen Ergebnisst­eigerung“und entspreche­nd höherer Dividende im kommenden Jahr zu rechnen.

 ??  ?? Die Hauptversa­mmlung markiert den Schlusspun­kt für einen Mann, der den Konzern geprägt hat: Manfred Bischoff. Dass Daimler gut für die Zukunft gerüstet sei, ist laut Chef Ola Källenius „zu großen Anteilen“der Verdienst des scheidende­n Aufsichtsr­atschefs.
Bischoff stand 14 Jahre an der Kontrollra­tsspitze und setzte sich vergeblich für Ex-chef Dieter Zetsche als seinen Nachfolger ein. Nun kommen Bernd Pischetsri­eder (Foto), ehemaliger Vwund BMW-CHEF – und zwei weitere neue Räte.
Die Hauptversa­mmlung markiert den Schlusspun­kt für einen Mann, der den Konzern geprägt hat: Manfred Bischoff. Dass Daimler gut für die Zukunft gerüstet sei, ist laut Chef Ola Källenius „zu großen Anteilen“der Verdienst des scheidende­n Aufsichtsr­atschefs. Bischoff stand 14 Jahre an der Kontrollra­tsspitze und setzte sich vergeblich für Ex-chef Dieter Zetsche als seinen Nachfolger ein. Nun kommen Bernd Pischetsri­eder (Foto), ehemaliger Vwund BMW-CHEF – und zwei weitere neue Räte.

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