Wacklige Brücke
Wenn du sie nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen – dieser alte Spruch tut noch immer seine Wirkung, wenn auch manchmal auf überraschende Weise. Eine Spielart hat jetzt CDU-CHEF Armin Laschet vorgeführt. Vom Lockerungs-patron der vergangenen Monate zum Wiedergänger des Corona-hardliners und Kanzleramtsrivalen Markus Söder von der CSU dauerte es nur ein Osterfest lang. Laschet fordert einen „Brücken-lockdown“, bis genügend Menschen geimpft seien.
Wer das gegenwärtige Tempo der Impfungen in Deutschland kennt, konnte das nur so verstehen, als sei eine Zeit bis zum Frühsommer gemeint, wenn genügend Impfstoff da sein soll. Aber nein, präzisierte der neue harte Hund später. Er habe einen Lockdown von zwei bis drei Wochen gemeint. Da wusste Laschet schon, dass auch das von ihm angeregte Vorziehen der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz um wenige Tage kaum Unterstützer gefunden hatte.
Zugegeben, Armin Laschet ist relativ neu im Amt als CDU-CHEF. Anfängerfehler bleiben da nicht aus. Dennoch muss ihm als Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes klar gewesen sein, dass er sich vor einem solchen Vorstoß besser die Rückendeckung wenigstens der Unions-regierungschefs hätte holen sollen, um nicht vor die Wand zu laufen. Wie zum Hohn öffnete am Tag danach Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans Außengastronomie, Kinos und Fitnessstudios in seinem Land.
Die Inzidenzen im Saarland sind gering, und Laschets Parteifreund hatte den Schritt angekündigt. Aber das Bild ist ein jämmerliches: Wenn sich nicht mal die Unions-regierungschefs einig sind, was soll da ein vorgezogener Gipfel mit der Kanzlerin bringen? Wohin Uneinigkeit führt, hat man bereits bei ihrem vergangenen Treffen im März verfolgen können: Den einzig wirklich neuen Beschluss, den „Oster-lockdown“kassierte Kanzlerin Angela Merkel einen Tag danach wegen des enormen Protests wieder ein. Eine Alternative hat sie bisher nicht präsentiert.
Dabei liegt diese – wenn man Umfragen glaubt – auf der Hand: Mehr als die Hälfte der Deutschen befürwortet größere Durchgriffsrechte für den Bund. Vor einem Jahr konnten durch bundesweit einheitliche Corona-maßnahmen die Infektionswerte
Übers Osterfest wandelte sich Armin Laschet vom Lockerungspatron zum Corona-hardliner.
binnen kurzer Zeit soweit heruntergedrückt werden, dass im Sommer Lockerungen möglich waren. Erst die inkonsequente Hü- und Hott-politik, die es allen recht machen wollte, ließ den Problemberg anwachsen – und den Frust auch. Andere Staaten, wie der einstige Corona-hotspot Portugal, können durch präzise Maßnahmen ihren Bürgern inzwischen wieder ein etwas entspannteres Leben bieten.
Bei aller Ungeschicklichkeit seines Vorstoßes hat Laschet mit seinem
Bild der Brücke recht: Zumutungen für die Bürger und Betriebe wird es weiterhin geben müssen, bis genügend Menschen immun sind. Ob diese klaren Worten ihm aber Punkte bringen, ist noch unklar. Denn auf der Hardliner-brücke ins Kanzleramt steht längst schon Markus Söder.