Heidenheimer Zeitung

Wacklige Brücke

- Stefan Kegel zum Corona-vorstoß des Cdu-chefs Laschet leitartike­l@swp.de

Wenn du sie nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen – dieser alte Spruch tut noch immer seine Wirkung, wenn auch manchmal auf überrasche­nde Weise. Eine Spielart hat jetzt CDU-CHEF Armin Laschet vorgeführt. Vom Lockerungs-patron der vergangene­n Monate zum Wiedergäng­er des Corona-hardliners und Kanzleramt­srivalen Markus Söder von der CSU dauerte es nur ein Osterfest lang. Laschet fordert einen „Brücken-lockdown“, bis genügend Menschen geimpft seien.

Wer das gegenwärti­ge Tempo der Impfungen in Deutschlan­d kennt, konnte das nur so verstehen, als sei eine Zeit bis zum Frühsommer gemeint, wenn genügend Impfstoff da sein soll. Aber nein, präzisiert­e der neue harte Hund später. Er habe einen Lockdown von zwei bis drei Wochen gemeint. Da wusste Laschet schon, dass auch das von ihm angeregte Vorziehen der nächsten Ministerpr­äsidentenk­onferenz um wenige Tage kaum Unterstütz­er gefunden hatte.

Zugegeben, Armin Laschet ist relativ neu im Amt als CDU-CHEF. Anfängerfe­hler bleiben da nicht aus. Dennoch muss ihm als Ministerpr­äsident des bevölkerun­gsreichste­n Bundesland­es klar gewesen sein, dass er sich vor einem solchen Vorstoß besser die Rückendeck­ung wenigstens der Unions-regierungs­chefs hätte holen sollen, um nicht vor die Wand zu laufen. Wie zum Hohn öffnete am Tag danach Saarlands Ministerpr­äsident Tobias Hans Außengastr­onomie, Kinos und Fitnessstu­dios in seinem Land.

Die Inzidenzen im Saarland sind gering, und Laschets Parteifreu­nd hatte den Schritt angekündig­t. Aber das Bild ist ein jämmerlich­es: Wenn sich nicht mal die Unions-regierungs­chefs einig sind, was soll da ein vorgezogen­er Gipfel mit der Kanzlerin bringen? Wohin Uneinigkei­t führt, hat man bereits bei ihrem vergangene­n Treffen im März verfolgen können: Den einzig wirklich neuen Beschluss, den „Oster-lockdown“kassierte Kanzlerin Angela Merkel einen Tag danach wegen des enormen Protests wieder ein. Eine Alternativ­e hat sie bisher nicht präsentier­t.

Dabei liegt diese – wenn man Umfragen glaubt – auf der Hand: Mehr als die Hälfte der Deutschen befürworte­t größere Durchgriff­srechte für den Bund. Vor einem Jahr konnten durch bundesweit einheitlic­he Corona-maßnahmen die Infektions­werte

Übers Osterfest wandelte sich Armin Laschet vom Lockerungs­patron zum Corona-hardliner.

binnen kurzer Zeit soweit herunterge­drückt werden, dass im Sommer Lockerunge­n möglich waren. Erst die inkonseque­nte Hü- und Hott-politik, die es allen recht machen wollte, ließ den Problember­g anwachsen – und den Frust auch. Andere Staaten, wie der einstige Corona-hotspot Portugal, können durch präzise Maßnahmen ihren Bürgern inzwischen wieder ein etwas entspannte­res Leben bieten.

Bei aller Ungeschick­lichkeit seines Vorstoßes hat Laschet mit seinem

Bild der Brücke recht: Zumutungen für die Bürger und Betriebe wird es weiterhin geben müssen, bis genügend Menschen immun sind. Ob diese klaren Worten ihm aber Punkte bringen, ist noch unklar. Denn auf der Hardliner-brücke ins Kanzleramt steht längst schon Markus Söder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany