Heidenheimer Zeitung

Hoher Eigenantei­l

- Hajo Zenker

Wenn Mitarbeite­r in der Altenpfleg­e mehr verdienen, hat das auch eine Kehrseite: Die Heimbewohn­er oder ihre Angehörige­n oder – in jedem dritten Fall – das Sozialamt müssen immer mehr zuzahlen: für die Pflege, für Unterkunft, Verpflegun­g, Investitio­ns- und Ausbildung­skosten. Im Januar waren das laut dem Verband der Ersatzkass­en im Schnitt pro Platz und Monat 2068 Euro – wobei sich die Werte je nach Region und Träger deutlich unterschei­den. Zwei Jahre zuvor lag der Wert bei 1830 Euro. Auf die reine Pflege entfallen von diesem Gesamt-eigenantei­l 831 Euro.

Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) hatte mehrfach angekündig­t, diese Pflegekost­en reduzieren zu wollen, „idealerwei­se“noch vor der Bundestags­wahl. Das Projekt lag aber wegen Corona lange auf Eis. Dann stellte Spahn im Oktober 2020 die Idee vor, die Eigenantei­le für die Pflege für drei Jahre auf 700 Euro monatlich zu deckeln, um nach 36 Monaten ganz auf null Euro reduziert zu werden. Das gilt mittlerwei­le nicht mehr. Nun heißt es in einem Arbeitsent­wurf des Gesundheit­sministeri­ums, dass der Eigenantei­l, der für die reine Pflege anfällt, nach mehr als einem Jahr im Pflegeheim um 25 Prozent abgesenkt werden soll, nach mehr als zwei Jahren um die Hälfte und nach mehr als drei Jahren um 75 Prozent. Für langjährig­e Heimbewohn­er könnte das eine Entlastung um fast 600 Euro bedeuten.

Was sich zunächst gut anhört, wird aber wohl nicht Realität werden – das glaubt Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgebe­rverbandes Pflege, der nach eigenen Angaben die umsatzstär­ksten privaten Altenpfleg­e-unternehme­n vertritt. Er sei „sehr, sehr skeptisch“, dass es vor der Bundestags­wahl zu dem Gesetz komme, obwohl die Pflegebedü­rftigen „unglaublic­h viel Geld“berappen müssten. Dazu seien in Union und SPD die Widerständ­e aus verschiede­nen Gründen zu groß. So sagten die Sozialdemo­kraten, dass man nicht alle Pflegebedü­rftigen über einen Kamm scheren dürfe – die Einkommens­höhe müsse berücksich­tigt werden. Man werde, so Greiner, mit einer neuen Bundesregi­erung das Thema noch einmal diskutiere­n müssen. Denn die Frage, wie man Pflege in einer alternden Gesellscha­ft finanziere­n könne, sei lange „vorsätzlic­h verdrängt“worden. Kurzfristi­g könne ein Steuerzusc­huss helfen, Spahn plant fünf Milliarden im Jahr, langfristi­g müsse das System aber „komplett umgestrick­t“werden.

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Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn: Kosten reduzieren.

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