Freiwilliger Dienst für die Heimat
„Dein Jahr für Deutschland“soll der Truppe helfen, die Zahl an Reservisten zu erhöhen. Aus Sicht der neuen Soldaten gibt es einen entscheidenden Unterschied zu bisherigen Angeboten.
Drei Monate militärische Grundausbildung, danach vier Monate eine Spezialausbildung im Heimatschutz und anschließend sechs Jahre lang Reservedienst, das ist der neue Freiwilligendienst „Dein Jahr für Deutschland“der Bundeswehr. Und das Angebot wird gut angenommen, sagt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-karrenbauer (CDU): „Die Resonanz ist besser als erhofft, es gab ein höheres Interesse als Plätze zur Verfügung standen.“
Die ersten 325 Rekruten starteten am Dienstag mit der Grundausbildung, am 1. Juli sollen weitere 300 dazukommen. Das Ziel ist, pro Jahr 1000 auf Heimatschutz spezialisierte Freiwillige auszubilden. Die Spezialausbildung beinhaltet, je nach Interesse, Objekt- oder Brandschutz und auch Sanitätsdienst. Wichtig, betont Markus Laubenthal, stellvertretender Generalinspekteur der Bundeswehr, sei die regionale Verwurzelung der Rekruten: „Sie kennen sich in der Region, in der sie die Spezialausbildung machen, aus, sind schnell einsetzbar.“Dazu werden die Soldaten in sogenannten Heimatschutzkompanien eingesetzt.
Mehr Interessenten als Stellen
6200 Menschen hatten über ein Kontaktformular der Bundeswehr ihr Interesse signalisiert, 5600 davon waren anschließend beim Beratungsgespräch. 75 Prozent der Bewerber seien jünger als 27 Jahre gewesen, sagt Laubenthal, diese Zielgruppe wollte man auch ansprechen. Der Frauenanteil bei den 325 ersten Freiwilligen liegt bei 16 Prozent, wie auch in etwa bei den Bewerbungen. Derzeit hat Deutschland 3400 Reservisten, die Zahl soll auf 5000 wachsen – und dabei soll der Freiwilligendienst helfen.
Das Gehalt für „Dein Jahr für Deutschland“beträgt laut dem Ministerium rund 1400 Euro netto. Der Reservedienst – fünf weitere Monate sollen, auf sechs Jahre verteilt, bei Übungen und Einsätzen abgeleistet werden – wird mit mindestens 87 Euro pro Tag vergütet. Die flexible Gestaltung der Reserve war Kramp-karrenbauer wichtig: „Wir schaffen eine neue, sehr flexible Möglichkeit, sich für Deutschland einzusetzen, die sich gut mit dem Beruf verbinden lässt.“
Ist eine Spezialausbildung für Heimatschutz in Zeiten von Skandalen um rechtsextreme Umtriebe in der Truppe der richtige Weg? Die Ministerin ist fest davon überzeugt. „Heimat ist mehr als ein Ort, es ist ein Gefühl, das man im Herzen trägt.“In Deutschland würden Freiheit, Demokratie und
Vielfalt zum Heimatgefühl gehören, die Bundeswehr beschütze diese Werte. Es sei ein Fehler gewesen, so Kramp-karrenbauer, den Begriff der Heimat den Rechten zu überlassen: „Es ist Zeit, ihn für die demokratische Mitte zurückzuerobern.“Um zu verhindern, dass man nun Neonazis den Umgang mit Waffen beibringt, führt der Militärische Abschirmdienst bei allen Rekruten vor der Einstellung eine Überprüfung auf extremistische Gesinnungen durch.
Heimat hat in dem neuen Freiwilligendienst eine doppelte Bedeutung, denn anders als beim bisherigen Freiwilligen Wehrdienst müssen die Soldatinnen und Soldaten, die sich auf den Heimatschutz spezialisieren, keine Auslandseinsätze absolvieren. „Viele wollen nicht ins Ausland gehen“, erklärt Kramp-karrenbauer. Doch sollte man nicht den
Fehler machen und die neuen Freiwilligen nur als Kandidaten für Amtshilfe sehen, wie sie durch die Pandemie zu einer wichtigen Aufgabe für die Bundeswehr geworden ist. „Wer den Dienst macht, will Soldat sein. Wenn die Person dem Technischen Hilfswerk helfen will, würde sie dorthin gehen“, sagt Peter Tauber, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, der von Kramp-karrenbauer als Vater des neuen Dienstes gepriesen wurde. Die Soldatinnen und Soldaten würden für den militärischen Dienst ausgebildet – und nicht nur für Amtshilfe.
Deswegen sieht der Staatssekretär auch keine Kannibalisierung mit anderen Freiwilligendiensten, sondern einfach ein neues Angebot. Beeindruckend findet Tauber angesichts der gegenwärtigen Debatten über Bürokratie in der Pandemie außerdem, dass der „Deutschland“-dienst innerhalb nur eines Jahres beschlossen und eingeführt wurde: „Das zeigt, wie agil die Bundeswehr handeln kann.“