Heikles Treffen in Ankara
Die Spitzen der EU loten bei Präsident Erdogan die Möglichkeiten für verbesserte Beziehungen aus
Ankara. Es war ein heikler Besuch für Eu-kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Euratspräsident Charles Michel am Dienstag: Sie trafen in Ankara den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Fragen und Antworten:
Warum ist das Verhältnis zwischen Brüssel und Ankara so angespannt?
Im Streit um Erdgaslagerstätten im Mittelmeer hatte die Türkei mit Erkundungsschiffen die Hohheitsgewässer der Eu-mitgliedstaaten Griechenland und Zypern verletzt. Auch die Verfolgung von politisch missliebigen Politikern, das Vorgehen gegen kurdische Parteien und die außenpolitische Einmischung in Syrien und Libyen werden von der EU mit Argwohn betrachtet.
Warum jetzt der Besuch? Bei ihrem letzten Gipfeltreffen vereinbarten die Eu-staats- und Regierungschefs, das Verhältnis zur Türkei zu entspannen. Vorangegangen war der Rückzug der türkischen Erkundungsschiffe im Mittelmeer.
Was wollen von der Leyen und Michel
erreichen? Sie wollen die Türkei ermuntern, weiterhin auf Entspannung zu setzen. Dann könnten etwa die von der EU eingefrorenen Gespräche über eine Zollunion zwischen der Türkei und der EU wieder aufgenommen werden. Auch Visa-erleichterungen sind im Gespräch und eine Fortsetzung des milliardenschweren Eu-türkei-deals zur Unterbringung syrischer Flüchtlinge.
Wertet die Europäische Union Erdogan mit dem Besuch auf? Das wirft ihr unter anderem die Bundestags-opposition vor. Der Besuch setze das das „vollkommen falsche Zeichen“, erklärte die linke Außenpolitikerin Sevim Dagdelen. Eine Ausweitung der Zollunion werde Erdogan als Rückendeckung interpretieren. Der Fdp-außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff kritisierte, es sei nicht die Zeit, Erdogan „mit Pr-kräftigen Bildern“zu belohnen. Die Türkei setze seit Jahren Grund- und Bürgerrechte außer Kraft, erschwere freie Wahlen und verletze die Gewaltenteilung. „Ein Ende der Eu-beitrittsgespräche mit der Türkei ist deshalb überfällig.“