Visionärer Vordenker einer friedlichen Welt
Hans Küng, einer der renommiertesten Theologen und Begründer der Stiftung Weltethos, ist tot. Sein Weggefährte Hermann Häring erinnert an den Theologenfreund.
die Universität Tübingen das Institut für Ökumenische Forschung aus der Katholisch-theologischen Fakultät aus und unterstellte es direkt dem Senat – ein absolutes Novum.
Im Laufe der Jahre erweiterte Küng seine theologischen Visionen schrittweise und konsequent:
von der Erwartung einer ökumenisch versöhnten Kirche, die aus dem Geist der Schrift lebt,
über die Verpflichtung auf eine christliche Lebenspraxis, die sich streng an der Nachfolge Jesu von Nazareth und an den Maßstäben eines solidarischen Lebens misst,
über die Aussicht auf einen Frieden zwischen den Religionen, der zum Frieden zwischen den Völkern führt.
Bis hinein in die Gegenwart kämpfte Hans Küng für eine erneuerte Kirche (Ist die Kirche
noch zu retten?, 2012). Er arbeitete am Modell eines christlichen Lebens (Was ich glaube, 2010; Jesus, 2012), und er erweiterte sein weltethisches Konzept (Anständig wirtschaften, 2012; Handbuch
Weltethos, 2012).
In den vergangenen 30 Jahren engagierte er sich vor allem für den Dialog der Weltreligionen, insbesondere im „Projekt Weltethos“. Die Gründung seines entsprechenden Instituts bezeichnete er als Anerkennung dieser Arbeit. Hinter dem Projekt steht die Überzeugung, dass es ohne Frieden unter den Religionen keinen Frieden unter den Staaten gibt.
Vor einiger Zeit konnte der an Parkinson Erkrankte noch die Herausgabe des 24. und letzten Bandes seiner Sämtlichen Werke erleben. Damit war sein Lebenswerk abgerundet.
Die Wege seiner Kirche begleitete er bis zum letzten Atemzug mit kritischem Interesse, und bis zuletzt wusste er nicht richtig, ob er über Papst Franziskus erfreut oder von seinen zögerlichen Schritten enttäuscht sein sollte. Franziskus übermittelte ihm in Briefen wiederholt brüderliche Grüße. Doch auch der Argentinier wagte es nicht, Hans Küng als katholischen Theologen voll und ganz zu rehabilitieren.