Breitseite gegen Testpflicht
Die Verbände der Wirtschaft geben an, 80 bis 90 Prozent der Betriebe kämen dem Aufruf zu freiwilligen Tests der Mitarbeiter nach. Rechtliche Vorgaben brächten nichts.
Die deutsche Wirtschaft sieht sich auf dem richtigen Weg zu freiwilligen Coronatests. Bis zu 90 Prozent machten dabei mit, schreiben die Spitzenverbände der Wirtschaft. Sie lehnen Forderungen aus der Politik nach gesetzlichen Vorgaben ab.
„Zwischen 80 und 90 Prozent der deutschen Unternehmen testen oder bereiten den Teststart unmittelbar vor“, heißt es in einem Schreiben der Spitzenverbände an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Der Testappell zeigt damit trotz kurzer Vorbereitungsphase Wirkung.“
Die Verbände hatten am 9. März an die Unternehmen appelliert, ihren Beschäftigten Selbsttests und, wo möglich, Schnelltests anzubieten, um Infektionen früh zu erkennen. Eine Befragung des Deutschen Industrieund Handelskammertags Mitte März ergab, die Hälfte der Betriebe biete regelmäßig Tests an oder woll das in Kürze tun.
Nun heißt es in einem Sachstandsbericht unter Verweis auf weitere Firmenbefragungen, die „Test-trendkurve“zeige klar nach oben: 87 Prozent der Betriebe allgemein und 91 Prozent der Industriebetriebe im Speziellen böten ihren Beschäftigten regelmäßige Corona-tests an oder bereiteten das vor.
In dem Schreiben an Merkel heißt es, das Testangebot sei bei größeren Unternehmen organisatorisch und beschaffungsmäßig einfacher umzusetzen. Aber auch die kleinen und mittleren Betriebe seien dem Aufruf gefolgt.
Probleme über Probleme
„Wir wollen nicht verschweigen, dass es auch Herausforderungen gibt“, heißt es weiter. „Dazu zählen Lieferschwierigkeiten und Beschaffungsprobleme, aufwändige Organisation der Tests in Betrieben sowie eine zögerliche Annahme des Testangebots bei Beschäftigten und zusätzlich rechtliche Unsicherheiten.“Das Schreiben an Merkel ist unterzeichnet von den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Bundesverbands der Deutschen Industrie, des Deutschen Industrie- und Handelskammertag und des Zentralverbands
Handwerks.
Zu Forderungen aus der Politik nach gesetzlichen Vorgaben heißt es in dem Bericht, per Verordnung oder Testpflicht ließen sich Herausforderungen nicht beseitigen. Der Bedarf an Selbsttests könne derzeit noch nicht in ausreichendem Maße gedeckt werden. „Daran wird auch eine gesetzliche Test-pflicht für Betriebe nichts ändern.“
Außerdem nähmen nicht alle Beschäftigten das Testangebot an, heißt es weiter. Die einen empfänden die Abstrichabnahme als sehr unangenehm, die anderen könnten die Folgen eines positiven Testergebnisses scheuen. In dem Bericht wird außerdem auf hohe Kosten verwiesen.
Die Bundesregierung hatte vor zwei Wochen nach Beratungen
des
Deutschen mit den Ländern angekündigt, auf der Grundlage des Sachstandsberichts der Spitzenverbände sowie auf der Grundlage einer eigenen Erhebung zu bewerten, ob ein „regulatorischer Handlungsbedarf“in der Arbeitsschutzverordnung bestehe. Sprich: ob gesetzliche Vorgaben für Tests in Firmen benötigt werden
Mindestens zwei pro Woche
Merkel hatte sich vor mehr als einer Woche in der Ard-sendung „Anne Will“mit den Testungen unzufrieden gezeigt. Sie habe den Eindruck, dass das nicht flächendeckend umgesetzt werde, sagte sie. Man müsse das Testen in den Betrieben „wahrscheinlich“verpflichtend machen.
Im Beschlusspapier von Bund und Länder vor zwei Wochen war als Ziel genannt worden, die Tests sollten Mitarbeitern, so sie nicht im Homeoffice arbeiten, mindestens einmal und bei entsprechender Verfügbarkeit zwei Mal pro Woche angeboten und auch bescheinigt werden.
Die Frage ist nun, ob die Bundesregierung zufrieden ist mit dem Bericht der Wirtschaft zur Umsetzung der Teststrategie. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hatte der „Bild am Sonntag“gesagt: „Klar ist, wenn es nicht zwei Drittel bis drei Viertel der Firmen sind, ist es zu wenig.“Merkel hatte von „Richtung 90 Prozent“gesprochen.