Es geht auch anders
Ideologische Flügelkämpfe, persönliche Feindschaften an der Spitze, Farbbeutel-attacke: Es ist gar nicht so lange her, dass man die Grünen mit einem gewissen Hang zu Zerstrittenheit und Chaos in Verbindung brachte. Nun reicht schon eine schnöde Termin-ankündigung, um die politische Konkurrenz vorzuführen: Am 19. April will die Öko-partei also verkünden, wer Kanzlerkandidatin oder -kandidat wird, Annalena Baerbock oder Robert Habeck.
Was wurde nicht geunkt aufgrund der monatelangen Hängepartie, auf die sich die beiden Spitzenleute in einer Art Pakt eingelassen hatten: Dass einer vor beiden es werden solle, und sie es gemeinsam entscheiden würden. Über kurz oder lang würden die Schlammschlacht und die Sticheleien schon beginnen, der Drang zur Macht das Bild der Geschlossenheit sprengen, hieß es. Doch es passierte nicht.
Es geht auch anders als nach den üblichen Alphatier-regeln, das war die Botschaft. Die Umfragezahlen stiegen, je länger der Frieden hielt.
Der Unterschied zum erschütternden Bild, das die Union derweil abgab und -gibt, könnte größer kaum sein. Akk-demontage, Merz-kapriolen, Söder gegen Laschet. CDU und CSU finden einfach nicht heraus aus dem Modus „jeder gegen jeden“– und das im Wahljahr in der Pandemie. Es fehlt eigentlich nur noch ein Farbbeutel.
Ob die Entscheidung der Grünen wirklich bis zum Ende geheim bleibt, ist natürlich offen – und ein gutes Wahlergebnis garantiert all das auch nicht. Etwas mehr um Inhalte, die von der Personalfrage arg überstrahlt werden, dürfte es für die Partei auch mal wieder gehen. Als Momentaufnahme bleibt die Demonstration an Disziplin und Professionalität jedoch stehen. Und das ist bereits ein Erfolg.