Heidenheimer Zeitung

Mister Heidenheim

Fch-kapitän Marc Schnattere­r im Interview.

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Fotos von ihm schmücken die Voith-arena: Marc Schnattere­r hat den 1. FC Heidenheim bis in die 2. Liga geführt, im Sommer ist aber für den Kapitän nach dann 13 Jahren beim FCH als Fußballer Schluss. Der Ende Juni auslaufend­e Vertrag des 35-Jährigen wird nicht verlängert, was nicht alle Fans verstehen.

Herr Schnattere­r, was macht Ihr Whatsapp-eingang? Mittlerwei­le wieder etwas beruhigt?

Marc Schnattere­r: Es war jetzt nichts dramatisch Größeres wie zu meinem 30. Geburtstag. (lacht) Es haben sich schon ein paar Leute bei mir gemeldet und mir für die Zeit, die wir fußballeri­sch in den letzten Jahren hier beim FCH gemeinsam auf die Beine gestellt haben, gratuliert. Und natürlich ist es so, dass ich im Vorfeld der Veröffentl­ichung den Menschen, die mir am nächsten stehen, persönlich gesagt habe, dass mein Vertrag nicht verlängert wird. Das war mir wichtig.

Das heißt, Sie mussten Ihr Handy nicht weglegen?

Nein, überhaupt nicht. Warum auch? Die Menschen, die dazu die Pressemitt­eilung gelesen haben, haben mir einfach für meine bisherige Zeit beim FCH gratuliert und viel Glück gewünscht für das, was noch kommt. Die Nachrichte­n und der Zuspruch, den ich bekommen habe, haben mich wirklich gefreut. Es war durchweg sehr positiv.

Es gibt Fans des FCH, die die Entscheidu­ng des Vereins nicht verstehen und diese sogar, zum Beispiel bei Facebook, kritisiere­n. Haben Fans Kontakt zu Ihnen aufgenomme­n?

Natürlich gibt`s Austausch mit Fans, weil man sich über die Jahre ja nicht nur aus dem Stadion kennt, sondern sich auch Freundscha­ften entwickelt haben. Ich möchte mich aber gar nicht so viel mit Sachen befassen, die beispielsw­eise in sozialen Medien oder woanders geschriebe­n werden und habe es deshalb auch nicht genau verfolgt.

Kritik, egal wie eine Entscheidu­ng ausfällt und egal in welchem Bereich, gibt es immer. Der ein oder andere findet es vielleicht schade, weil ich gefühlt immer hier war. Ich bin lange im Verein und habe einen sehr guten Kontakt zu den Fans. Daher ist es vielleicht auch normal, dass manche Fans auf so eine Nachricht entspreche­nd emotional reagieren.

Aber im Endeffekt finde ich, dass wir als Verein damit gut umgegangen sind und gemeinsam offen und transparen­t erklärt haben, wie die Dinge sind. Die Mannschaft befindet sich im Umbruch. Es gibt junge Spieler, die

Der Marktwert von Marc Schnattere­r wird vom Internetpo­rtal „transferma­rkt.de“auf 350 000 Euro taxiert. In der Spitze betrug Schnattere­rs Marktwert über mehrere Jahre hinweg 1 Million Euro. Da der Vertrag des 35-Jährigen ausläuft, könnte er im Sommer ablösefrei wechseln.

Beim VFB Stuttgart probierte es Schnattere­r in der D- und C-jugend. Hier wurde er aber für zu klein und dran sind und die Zukunft des Vereins sind. Die brauchen Spielpraxi­s und denen muss man das Vertrauen auch geben, so wie man es mir gegeben hat. Natürlich hätte ich trotzdem sehr gerne noch ein Jahr für den FCH gespielt. Man ist im ersten Moment vielleicht enttäuscht. Aber man muss akzeptiere­n und respektier­en, dass solche Entscheidu­ngen eben auch zum Profifußba­ll gehören.

Wie emotional war das entscheide­nde Gespräch in der Länderspie­lpause mit Holger Sanwald und Frank Schmidt? Wie kann man sich das vorstellen? Sind womöglich auch Tränen geflossen?

Emotional war es noch nicht. Das wird‘s wohl gegen Ende der Saison, wenn es mir bewusst wird: Es ist das letzte Spiel oder es sind die letzten Minuten für den FCH.

Man bekommt ja ein Gefühl für eine Situation. Und ich musste mich mit beiden Szenarien auseinande­rsetzen, Vertragsve­rlängerung oder nicht. Das Gespräch war relativ lang und ausführlic­h und trotzdem wurde mir relativ schnell die Entscheidu­ng mitgeteilt. Dass man Sachen vielleicht anders wahrnimmt, ist ja völlig normal. Und es ist wie immer: Entscheidu­ngen im Hinblick auf

Für mich war es nie schwer mit Begriffen wie Identifika­tionsfigur, Vorbild oder Mister Heidenheim umzugehen.

schmächtig befunden und wechselte zum Sport- und Gesangsver­ein Freiberg. Als A-jugendlich­er wurde er von Trainer Willi Entenmann zu den Freiberger Aktiven hochgezoge­n.

Zur Saison 2008/09 wechselte Schnattere­r vom Karlsruher SC II zum 1. FC Heidenheim in die Regionalli­ga. Mit seinem neuen Verein feierte der gebürtige Heilbronne­r die Meistersch­aft und damit den den Verein werden kontrovers diskutiert, aber trotzdem brauchst du am Ende einen gemeinsame­n Nenner.

Haben Sie eventuell schon geahnt, wie diese Entscheidu­ng ausfallen wird? Haben Sie im Vorfeld auf kleine Hinweise oder Zeichen geachtet?

Das nicht. Aber es ist ja wichtig zu wissen, dass der Umbruch beim FCH nicht jetzt erst beginnt, sondern schon vor zwei, drei Jahren begonnen hat. Ich war also bislang ein Teil des Umbruchs. Und wenn man die Rolle einnimmt, in der man mehr von der Bank kommt und nicht mehr so viele Spiele macht wie man es gewohnt war, muss man sich damit natürlich auseinande­rsetzen. Es wäre blauäugig, wenn man das nicht machen würde. Ich habe mir immer Gedanken über den Tellerrand hinaus gemacht.

Hätten Sie auch finanziell­e Abstriche für eine Vertragsve­rlängerung hingenomme­n oder war dies nie ein Thema?

Dazu möchte ich gar nicht viel sagen. So etwas war aber nicht ausschlagg­ebend.

Für Sie steht fest, dass Sie weiterspie­len wollen?

Aufstieg in die 3. Liga (er erzielte dabei sieben Tore). Allein in den fünf Spielzeite­n des FCH in der 3. Liga erzielte „Schnatti“57 eigene Treffer, gab 55 Torvorlage­n und war als Kapitän in der Meistersai­son 2013/14 maßgeblich am Aufstieg in die 2. Bundesliga beteiligt.

In der 2. Liga kommt der Heidenheim­er Kapitän bislang in sieben Spielzeite­n auf 48 Tore und 64 Vorlagen. Im

Ja, wenn es die Gesundheit zulässt, möchte ich weiterspie­len. Ich fühle mich gut und möchte meine Karriere noch nicht beenden. Ich habe noch Spaß, jeden Tag zum Training zu kommen und mir sprichwört­lich den Arsch aufzureiße­n. Deswegen glaube ich, dass es auf jeden Fall noch ein oder zwei Jahre werden.

Wie sieht es aktuell mit Anfragen aus?

Momentan möchte ich nicht so viel dazu sagen. Ich möchte schauen, wie die Optionen aussehen. Natürlich tausche ich mich mit meinem Berater aus. Alles andere wird man sehen, was möglich ist. Dann muss ich schauen, was der richtige Weg ist.

Können Sie sich vorstellen innerhalb der 2. Liga zu wechseln und dann gegen den FCH zu spielen?

Sollte ich innerhalb der 2. Liga wechseln und der neue Trainer sagt an dem Tag: Heute darfst du mal spielen. Dann kommt’s wahrschein­lich auch zu einem Spiel gegen den FCH. Aber das ist Zukunftsmu­sik und ziemlich hypothetis­ch.

Sie gelten als Identifika­tionsfigur, als Publikumsl­iebling und werden

Dfb-pokal gelangen ihm zehn Treffer (bei sieben Vorlagen). Insgesamt lief Schnattere­r für den 1. FC Heidenheim in knapp 13 Jahren Vereinszug­ehörigkeit in bisher 450 Pflichtspi­elen auf (zwei in der Relegation, 216 in der 2. Bundesliga, 176 in der 3. Liga, 34 in der Regionalli­ga und 21 im Dfb-pokal).

122 Treffer erzielte der Offensivsp­ieler bislang insgesamt für den FCH und gab 126

Torvorlage­n. Hinzu kommen weitere zahlreiche Einsätze und Tore im Pokalwettb­ewerb des Württember­gischen Fußballver­bandes (WFV), den Schnattere­r mit dem FCH von 2011 bis 2014 viermal in Folge gewinnen konnte.

In der aktuellen Spielzeit kam der 35-Jährige in bisher 22 Pflichtspi­elen (21 in der Liga und 1 Spiel im Dfb-pokal) zum Einsatz (drei Torvorlage­n).

Für mich war es nie schwer mit Begriffen wie Identifika­tionsfigur, Vorbild oder Mister Heidenheim umzugehen. Weil es mich nicht verändert hat. Ich denke, die Menschen, die mich gut kennen, würden mir zustimmen. Es ist schön, wenn man über so viele Jahre sportlich viel erreichen kann und gleichzeit­ig für eine Stadt, für eine gewisse Region, eine Funktion einnehmen kann, an der sich Menschen, Kids zum Beispiel, hochziehen können. Das macht einen schon stolz. Auch, dass viele Leute über die Ostalb hinaus mich zuordnen und mit meinem Gesicht etwas anfangen können. Das ist doch eine schöne Geschichte.

Im zweiten Teil des Interviews,

das nächste Woche erscheint, erzählt Marc Schnattere­r von Schreckmom­enten, geilen Toren und emotionale­r Leere.

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