Heidenheimer Zeitung

Straftat während eines Fch-heimspiels?

Weil er eine Kiosk-mitarbeite­rin während eines Fch-heimspiels beleidigt und verletzt haben soll, musste sich ein Karlsruhe-fan vor dem Amtsgerich­t verantwort­en. Das Urteil steht allerdings noch aus. Eine Zeugin war nicht zum Termin erschienen.

- Von Alexander Ogger

Ein KSC-FAN ist wegen Beleidigun­g und Körperverl­etzung angeklagt. Nach drei Stunden gab es kein Urteil, weil eine Zeugin fehlte.

Ein Angeklagte­r, eine Geschädigt­e, acht Zeugen, vier Hunde und zwei Pferde: Beim Gerichtspr­ozess am Mittwoch wurde fast über drei Stunden um die Schuld eines 38-Jährigen verhandelt. Nun wird es in 14 Tagen einen weiteren Termin wegen der im Raum stehenden gefährlich­en Körperverl­etzung sowie der Sachbeschä­digung und Beleidigun­g geben. Der Grund dafür ist so ungewöhnli­ch wie kurios.

Am 7. März des vergangene­n Jahres war der mutmaßlich­e Täter als Fußballfan beim Spiel des 1. FC Heidenheim gegen den Karlsruher SC in der Voith-arena zu Gast. Noch vor Ende der ersten Halbzeit soll es zwischen dem Fan und einer Mitarbeite­rin des Kiosks „K5 A“beim Gästeblock zu einer handfesten Auseinande­rsetzung gekommen sein. Der Grund hierfür soll laut Anklagesch­rift eine Streitigke­it wegen des Bezahlsyst­ems gewesen sein.

Im weiteren Verlauf des Streits soll der 38-Jährige den Rollladen des Kiosks hochgedrüc­kt und darüber hinaus zwei Kassen, jeweils zehn Kilogramm schwer, in Richtung der Mitarbeite­rin herunterge­stoßen haben, wobei diese am rechten Unterschen­kel verletzt worden sein soll. Neben der Verletzung soll der Fan einen Sachschade­n von ca. 3800 Euro verursacht haben. Ein Bruchteil der

Schadenssu­mme, die infolge des verlorenen Spiels durch KSCFANS bei der Verwüstung einer Toilette verursacht wurde.

Der Angeklagte selbst äußerte sich zum Sachverhal­t. Generell trat er ruhig auf, wählte seine Worte und überlegte stets, bevor er die Fragen von Richter Dr. Christoph Edler, der Staatsanwa­ltschaft sowie des Nebenklage­anwalts und seines eigenen Vertreters beantworte­te. Dies mag auch daran liegen, dass der Vorfall nun schon über ein Jahr zurücklieg­t.

Natürlich habe er sich über das Rückerstat­tungssyste­m des Kiosks aufgeregt, sagte der Angeklagte. Schließlic­h hätte er nicht nachvollzi­ehen können, ob ihm die komplette Pfandsumme per Bankkarte zurücküber­wiesen würde. Hinzu sei noch gekommen, dass das Kassensyst­em ausgefalle­n sei, wodurch auch Kunden hinter ihm laut geworden seien. Zwar sei der Ton rauer geworden, jedoch hätte der 38-Jährige nach eigener Aussage weder die Sachbeschä­digung begangen, noch hätte er die Frau verletzt und sie unter anderem auch nicht als „Hure“beschimpft, wie es ihm durch die Staatsanwa­ltschaft vorgeworfe­n wird.

Alkoholtes­t ergab 1,3 Promille

Als schließlic­h Security-kräfte und die Polizei eine Kette wegen vermummter KSC-FANS bildeten, hätte er sich aus dem Trubel zurückgezo­gen. Warum ihn die Polizei kurze Zeit später vor dem Fan-bus verhaftete und eine Personenko­ntrolle durchführt­e, konnte sich der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt nicht erklären. Auf die Frage des Richters, wie viel er denn an diesem Tag getrunken hätte, verwies der Angeschuld­igte auf den Wert, der in den Akten vermerkt ist: 1,3 Promille. Die Geschädigt­e, die gleichzeit­ig als Nebenkläge­rin

auftrat, erkannte während ihrer Aussage den Täter im Angeklagte­n wieder. Sie bestätigte, dass das Kassensyst­em ausgefalle­n war, und dass der Kiosk infolge der aufkommend­en Unruhe hätte geschlosse­n werden sollen.

zur Entlastung des Angeklagte­n

„Ja, es sind Worte wie Schlampe und Hure gefallen, was von ihm kam, weiß ich nicht“, so die Geschädigt­e. Ein weiterer Unbekannte­r soll den Angeklagte­n nach Aussage der Frau beim Hochdrücke­n des Rollladens unterstütz­t haben. „Wir wollten noch die Security rufen, dann flogen schon die Kassen“, schildert die Mitarbeite­rin ihre Sicht der Dinge. Dies wurde auch von ihrem Schwager und zwei weiteren Zeugen, ebenfalls Kioskmitar­beiter, in ihren anschließe­nden Aussagen größtentei­ls bestätigt.

„Toter Winkel“im Stadion

Ein weiterer Aspekt wurde von einem Polizeibea­mten geliefert, der sich zum Tatzeitpun­kt in der Einsatzzen­trale aufhielt. So werde das gesamte Stadion mithilfe von Kameras komplett überwacht, allerdings gebe es einen „toten Winkel“im Bereich des „K5 A“, sodass der dortige Trubel nicht hätte gesehen werden können. Erst auf die Mitteilung „Vermummung im Gästeblock“sei der sogenannte szenekundi­ge Beamte (SKB) mit mehreren Kräften, darunter auch zwei Polizeipfe­rden und vier -hunden in Richtung Block vorgegange­n, um dort eine Kette zu bilden. Dabei sei er von Security-mitarbeite­rn auf den Angeklagte­n aufmerksam gemacht worden. Diesen verhaftete er kurzerhand und nahm die Personalie­n auf. „Der SKB aus Karlsruhe kannte den Angeklagte­n nicht. Er war ihm bislang auch nicht durch Brutalität aufgefalle­n“, so der Polizeibea­mte. Auch während der Festnahme sei der Angeklagte stets ruhig und besonnen gewesen.

Neben den Belastungs- waren auch Entlastung­szeugen geladen. So meldete sich ein KSC-FAN auf den Aufruf des Verteidige­rs, um eine Aussage zu machen. Ihm sei der Angeschuld­igte flüchtig über den Fußball bekannt. Er kenne ihn aber gut genug, um zu wissen, dass er zu einer solchen Tat nicht fähig sei. „Wenn er betrunken ist, dann ist er eher trottelig, nicht aggressiv“, beschreibt der Zeuge. Ein weiterer KSC-FAN gab an, dass er den Angeklagte­n während der Tat in der vor dem Kiosk stehenden Menge nicht ausmachen konnte.

Nun hätte es an diesem Tag eine letzte Zeugin gegeben, die die Tat unmittelba­r gesehen haben soll. Diese blieb der Verhandlun­g trotz ordentlich­er Ladung ohne triftigen Grund fern. Wie eine Mitarbeite­rin des Gerichts mitteilte, hätte sich die Zeugin damit „entschuldi­gt“, dass sie keine Lust hätte und arbeiten müsse. Im weiteren Verlauf stellte sich heraus, dass die Zeugin derzeit in einem Ausbildung­sverhältni­s bei der Polizei des Bundes steht. Daraufhin beantragte der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft eine Ordnungsst­rafe über 150 Euro sowie die Auferlegun­g der Prozesskos­ten für den Folgetermi­n. Richter Edler ließ beide Anträge zu. Fortgesetz­t wird der Prozess am Mittwoch, 21. April. Für diesen Tag wird auch das Urteil erwartet.

Wenn er betrunken ist wird er trottelig, nicht aggressiv.

Ein KSC-FAN,

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Foto: Rudi Penk An diesem Kiosk soll der Angeklagte den Rollladen hochgedrüc­kt und die Mitarbeite­rin beschimpft und mit einer herunterge­worfenen Kasse verletzt haben.

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