Heidenheimer Zeitung

Rendezvous mit der Realität

Auftakt der Verhandlun­gen: Angesichts leerer Kassen soll für jede neue Ausgabe eine alte wegfallen.

- Roland Muschel

Stuttgart. Die Spitzen von Grünen und CDU haben zum Auftakt ihrer Koalitions­verhandlun­gen trotz leerer Kassen einen klaren Gestaltung­sanspruch formuliert. Man wolle die Zukunft des Landes über die Instrument­e Ordnungsre­cht, Aufgabenkr­itik und Priorisier­ung gemeinsam gestalten, sagte Grünen-landeschef­in Sandra Detzer am Donnerstag nach dem offizielle­n Beginn der Koalitions­verhandlun­gen. Es gelte das Prinzip „one in, one out“, sagte Cdu-landeschef Thomas Strobl. Wer in einem Politikfel­d neue Ausgaben definiere, müsse in diesem Feld auch einen Gegenfinan­zierungsvo­rschlag

liefern. Alle neuen Vorhaben stünden unter Finanzieru­ngsvorbeha­lt. Detzer ergänzte, dass die im siebenseit­igen Sondierung­spapier enthaltene­n Punkte gesetzt seien.

In den Sondierung­en haben Grüne und CDU bereits einige Ausgabenpo­sten vereinbart, wie etwa Landesmitt­el zur Kofinanzie­rung des Glasfasera­usbaus oder die personelle Stärkung der Polizei. Diese sind bislang aber nicht beziffert. Im Beschlussp­apier zu den Sondierung­en setzen beide Parteien bereits stark auf das Ordnungsre­cht, etwa mit der Ausweitung der Fotovoltai­kpflicht

auf neue Wohngebäud­e.

Die scheidende Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) hatte den von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und Strobl angeführte­n Kernverhan­dlungsteam­s von Grünen und CDU am Donnerstag die finanziell­e Lage dargestell­t. Es sei ein „Rendezvous mit der Realität“gewesen, sagte Strobl. Den Begriff „Kassenstur­z“wies er zurück: „Wir müssen nichts umstürzen. Wir wissen schon, dass nichts drin ist.“Die Lücke, die zwischen den Ausgaben und den geplanten Einnahmen im kommenden Jahr klafft, ist mit 3,6 Milliarden Euro riesig. Angesichts der Dimension hat das Finanzmini­sterium nach Informatio­nen dieser Zeitung sogar die Möglichkei­t prüfen lassen, die 2000 gegründete Baden-württember­g Stiftung aufzulösen, deren Stiftungsv­ermögen rund 2,3 Milliarden Euro umfasst. Da die Gelder aber langfristi­g angelegt sind und eine Auflösung komplexe Steuersach­verhalte und -nachzahlun­gen nach sich ziehen würde, ist die Idee schon wieder vom Tisch.

In den kommenden vier Wochen wollen Grüne und CDU den Koalitions­vertrag aushandeln, der dann am 8. Mai von separaten Parteitage­n der Grünen und CDU beschlosse­n werden soll. Die Vorarbeite­n sollen zwölf Arbeitsgru­ppen leisten, die im Wesentlich­en entlang der Strukturen der bisherigen Ministerie­n gebildet werden. Sondergrup­pen sollen sich um die Querschnit­tsthemen Finanzen und Digitalisi­erung kümmern.

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Foto: Christoph Schmidt/dpa Kein Kassenstur­z: CDU-CHEF Thomas Strobl.

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