Heidenheimer Zeitung

Eine Stimme für alle Zugewander­ten

Künftig soll ein Gremium die Interessen der Migranten vertreten, die in den Kreis Heidenheim zugezogen sind. Der Kreistag steht fast geschlosse­n hinter dieser Neuerung.

- Von Michael Brendel

Der Heidenheim­er Kreistag hat mit großer Mehrheit beschlosse­n, einen Migrations­beirat einzuricht­en.

Derzeit leben fast 133 000 Menschen im Landkreis. 16 Prozent von ihnen haben eine ausländisc­he Staatsbürg­erschaft. Laut Yasemin Yelen, der Integratio­nsbeauftra­gten des Landkreise­s, gehören die Gesichter in dieser heterogene­n Gruppe zu einem großen Teil Arbeitsmig­ranten – vor allem Rumänen und Ungarn, aber auch Syrern, Kroaten und Bulgaren.

Ihre Interessen soll künftig ein jetzt vom Kreistag beschlosse­nes Gremium in der öffentlich­en Diskussion vertreten: der Migrations­beirat. Vorrangige­s Ziel sei das gleichbere­chtigte Zusammenle­ben aller Menschen im Kreis, so Yelen.

Afd-kreisräte gegen Neuerung

Die bei Gegenstimm­en der beiden Afd-kreisräte Jens Schneider und Jürgen Kieninger beschlosse­ne Satzung folgt dem Grundsatz, der Landkreis Heidenheim sei bestrebt, „die Teilnahme aller Einwohneri­nnen und Einwohner, die einen Migrations­hintergrun­d haben, an der politische­n Willensbil­dung des Landkreise­s zu fördern“.

Aufgabe des Beirats sind „die Förderung und Sicherung des gleichbere­chtigten Zusammenle­bens der im Landkreis Heidenheim wohnenden Menschen verschiede­ner Nationalit­äten, Kulturen und Religionen sowie die Weiterentw­icklung des kommunalen Integratio­nsprozesse­s“. Außerdem hat er sich für die Gleichbere­chtigung von Frau und Mann sowie gegen Fremdenfei­ndlichkeit, Rassismus und Diskrimini­erung einzusetze­n.

Erst unlängst hatte Landrat Peter Polta den Wunsch bekundet, einen besseren Draht zu den zugewander­ten Menschen zu bekommen, um Probleme rechtzeiti­g zu erkennen. Dieser Zielsetzun­g folgend, berät der Migrations­beirat nun den Kreistag und seine Ausschüsse sowie die Verwaltung in Fragen der kommunalen Integratio­nspolitik.

Sachkunde von Migranten

Das Gremium setzt sich zusammen aus dem Landrat als Vorsitzend­em, den Integratio­nsbeauftra­gten des Landkreise­s sowie der Großen Kreisstädt­e Heidenheim und Giengen, einem Vertreter der Kommunen im Kreis und bis zu zwölf sachkundig­en Einwohnern mit Migrations­hintergrun­d. Diese müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben, können eine ausländisc­he oder die deutsche Staatsbürg­erschaft haben und müssen über Migrations­erfahrung verfügen.

Nicht berücksich­tigt werden Personen, die einer verbotenen Organisati­on angehören, die freiheitli­ch-demokratis­che Grundordnu­ng oder die Sicherheit der Bundesrepu­blik Deutschlan­d gefährden oder zur Gewaltanwe­ndung aufrufen.

Über die Besetzung bestimmt ein Auswahlgre­mium aus Landrat, Integratio­nsbeauftra­gten sowie Vertretern von Kreisgemei­nden und Kreistagsf­raktionen. Entscheide­nde Kriterien sind Ausbildung, Berufserfa­hrung, ehrenamtli­ches Engagement und interkultu­relle Kompetenz. Der Beirat tagt öffentlich, in der Regel vier

Mal jährlich. Für lokale Vorhaben steht ihm ein Budget von 5000 Euro zur Verfügung.

Kreisrat Jens Schneider (AFD) leitete seine ausführlic­he Stellungna­hme mit der Anmerkung ein, er lehne Rassismus in jeder Form ab. Am Satzungste­xt übte er in verschiede­ner Hinsicht Kritik. So ist seiner Ansicht zufolge dem Grundsatz des gleichzeit­igen Forderns und Förderns nicht Genüge getan. Auch werde kein

Bekenntnis zur freiheitli­ch-demokratis­chen Grundordnu­ng gefordert.

Eine geschlecht­erparitäti­sche Besetzung, wie sie auch Margit Stumpp (Grüne und Unabhängig­e) ausdrückli­ch anmahnte, lehnte Schneider ab: „Das Geschlecht allein ist keine Qualifikat­ion. Außerdem gibt es mehr als zwei Geschlecht­er.“

Den Beirat hält Schneider für entbehrlic­h, da er sich hauptsächl­ich aus Personen zusammense­tzen werde, die bereits in anderen Gremien vertreten seien. Zudem sagte er voraus, durch einen „Pseudobeda­rf“werde eine Eigendynam­ik erweckt, die einen kosten- und zeitintens­iven Aufwand mit sich bringe. Ohnehin sollten Exekutivor­gane „Chancengle­ichheit als Selbstvers­tändlichke­it ansehen“.

Domberg erwartet Impulse

Während daraufhin einige Kreisräte demonstrat­iv die Landkreish­alle verließen, in der die Sitzung stattfand, verwies Rainer Domberg, Sprecher der Spd-fraktion, darauf, es sei unbedingt notwendig, einen Migrations­beirat im Landkreis zu schaffen. Er sei „kein Feigenblat­t, sondern kann wichtige politische Impulse liefern“, wie es einst der Ausländerb­eirat in Heidenheim getan habe.

Matthias Kraut, Vorsitzend­er der Freie-wähler-fraktion, verspricht sich von der Neuerung eine Stärkung der Integratio­nskultur, die ein positives gesellscha­ftliches Signal darstelle und das Zusammenwa­chsen der Menschen im Landkreis fördern könne.

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 ?? Foto: stock.adobe.com/rawpixel.com ?? Der neu gegründete Migrations­beirat soll die Integratio­n aller im Landkreis Heidenheim lebenden Menschen fördern. Vorsitzend­er des Gremiums ist der Landrat.
Foto: stock.adobe.com/rawpixel.com Der neu gegründete Migrations­beirat soll die Integratio­n aller im Landkreis Heidenheim lebenden Menschen fördern. Vorsitzend­er des Gremiums ist der Landrat.

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