Heidenheimer Zeitung

Lauterbach fordert Notfallzul­assung für Curevac

Spd-gesundheit­sexperte für deutschen Alleingang beim Tübinger Vakzin, um Lücken zu schließen. EU bekommt 50 Millionen weitere Dosen von Biontech.

- Hajo Zenker

Der Spd-gesundheit­sexperte Karl Lauterbach fordert, dass Deutschlan­d eine nationale Notfallzul­assung für den Impfstoff des Tübinger Hersteller­s Curevac vorbereite­t, um den Ausfall der Vakzine von Johnson & Johnson auszugleic­hen. Lauterbach sagte dem „Spiegel“, wenn Curevac ähnlich gut wirke wie Biontech oder Moderna, was zu erwarten sei, „sollte der Impfstoff schnellstm­öglich zugelassen und verimpft werden“. Curevac befindet sich derzeit in der entscheide­nden dritten Prüfungsph­ase für sein Vakzin.

Auch die Eu-kommission verstärkt ihre Bemühungen, die Impfstoffe von Johnson & Johnson und Astrazenec­a zu ersetzen, die im Verdacht stehen, als seltene Nebenwirku­ng eine teilweise tödlich verlaufend­e Thrombose auszulösen. Daher wollen die Hersteller Biontech und Pfizer bis Ende Juni zusätzlich 50 Millionen Dosen Corona-impfstoff an die Eu-staaten liefern. Dies teilte Eu-kommission­schefin Ursula von der Leyen mit. Es handele sich um eine Lieferung, die aus dem vierten Quartal vorgezogen werde. Die Lieferung werde nach Bevölkerun­gsanteil auf die 27 Eu-staaten verteilt, fügte sie hinzu. Dieser liegt für Deutschlan­d bei 18,6 Prozent. Von dieser Lieferung kann die Bundesrepu­blik also rechnerisc­h rund neun Millionen Dosen erwarten. Insgesamt kämen von April bis Juni somit 250 Millionen Dosen Impfstoff von Biontech/pfizer, sagte von der Leyen.

Johnson & Johnson hatte seine Auslieferu­ng an die Eu-staaten am Dienstag verschoben.

Hintergrun­d sind Berichte über Sinusvenen­thrombosen. Wann die Lieferunge­n wieder aufgenomme­n werden, ist unklar. Johnson & Johnson sollte im zweiten Quartal 55 Millionen Dosen liefern. Das Mittel wird nur einmal gegeben, andere Impfstoffe hingegen zweimal.

Von der Leyen kündigte zudem Verhandlun­gen mit Biontech/pfizer über die Lieferung von weiteren 1,8 Milliarden Impfdosen für die Zeit von 2021 bis 2023 an.

Berlin. Die Bedeutung der Corona-impfstoffe von Biontech und Moderna für die Impfkampag­ne nimmt weiter zu: Die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern beschlosse­n, dass Menschen unter 60 Jahren, die als erste Dosis Astrazenec­a erhalten haben, in der Regel bei der Zweitimpfu­ng Biontech oder Moderna bekommen sollen. Dies solle zwölf Wochen nach der Erstimpfun­g geschehen, „übergangsw­eise“aber auch ab der neunten Woche.

Hintergrun­d sind Fälle von Thrombosen im Gehirn nach einer Impfung mit Astrazenec­a. Laut Robert-koch-institut haben fast 3,9 Millionen Menschen eine Erstimpfun­g mit dem britisch-schwedisch­en Vakzin bekommen. Mehr als zwei Millionen davon sollen laut Gesundheit­sministeri­um unter 60 Jahren sein. Sie müssen nun aus den Lieferunge­n von Biontech und Moderna versorgt werden. Was das bedeuten kann, hat am Mittwoch Brandenbur­g klargemach­t: Erstimpfun­gen mit Biontech und Moderna würden zunächst auf Null gefahren, um die Kompensati­on der Zweitimpfu­ngen von Astrazenec­a realisiere­n zu können.

Entlastung durch den eigentlich für Mitte April erwarteten Impfstoff von Johnson & Johnson lässt derweil auf sich warten: Der Hersteller hatte wegen derselben Thrombosen-gefahr den Marktstart in Europa aufgeschob­en. Die Behörden in den USA hatten zuvor ein Aussetzen der Impfungen empfohlen. Spd-gesundheit­sexperte Karl Lauterbach glaubt zwar, „dass der Impfstoff nach einiger Zeit wieder verimpft wird“. Es könne aber sein, dass auch J&J nur bei über 60-Jährigen zum Einsatz kommen werde. Was die Impfkampag­ne zusätzlich erschweren würde. Lauterbach wirbt deshalb dafür, für das Vakzin des Tübinger Unternehme­ns Curevac, das regulär in der EU erst im Mai/juni zugelassen werden dürfte, eine deutsche Notfallzul­assung zu erteilen. Schließlic­h ähnele der Impfstoff den Produkten von Biontech und Moderna.

Brüssel steuert um

Auch die Eu-kommission steuert derweil um und will sich laut ihrer Chefin Ursula von der Leyen bei den Bestellung­en auf Vakzine konzentrie­ren, die ihren Wert unter Beweis gestellt hätten – nämlich mrna-basierte Impfstoffe wie die von Biontech und Moderna. Ursprüngli­ch hatte es in vielen Eu-ländern eine große Skepsis gegenüber der noch neuen mrna-technologi­e gegeben. Weshalb besonders viel Vakzin von Astrazenec­a bestellt wurde – mit den bekannten negativen Folgen. Dänemark hat unterdesse­n dauerhaft den Einsatz von Astrazenec­a gestoppt. Entspreche­nd froh war Ursula von der Leyen, mitteilen zu können, dass Biontech bis Ende Juni zusätzlich 50 Millionen Dosen an die EU liefern wird, davon neun Millionen nach Deutschlan­d.

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Foto: Gabriel Bouys/afp Immer mehr Länder gehen auf Distanz zum Impfstoff von Astrazenec­a.

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