Ein neuer Pfarrer für die Albgemeinde
Jürgen Bobzin ist der neue evangelische Pfarrer in Gerstetten. Im Mai zieht er vom Schwarzwald auf die Alb und wird Anfang Juni seinen Dienst offiziell antreten.
Gerstetten. Nach zehnmonatiger Vakanz kommt im Mai ein neuer evangelischer Seelsorger auf die Alb: der 39-jährige Jürgen Bobzin.
Nach gut zehn Monaten Vakanz hat Gerstetten einen neuen Pfarrer: den 39-jährigen Jürgen Bobzin. Am 11. Mai wird er ins Pfarrhaus in der Böhmenstraße einziehen und am 5. Juni seinen Dienst offiziell antreten – und zwar voraussichtlich mit einer Hochzeit. „Ist das nicht toll?“, fragt er lachend und schickt den Wunsch hinterher, dass Corona der Feier keinen Strich durch die Rechnung machen wird.
Bisher ist Bobzin noch Pfarrer in einem Dorf im Schwarzwald namens Wildberg-gültlingen. Wie gut kennt er denn seine neue Gemeinde? „Ich habe schon mal in Niederstotzingen ein Gemeindepraktikum absolviert“, sagt er. „Daher wusste ich, dass die Gegend schön ist.“Als er dann im vergangenen Jahr die Stellenausschreibung las, war sein Interesse gleich geweckt. Ende Oktober fuhr er zum ersten Mal nach Gerstetten, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Sein Eindruck: „Gerstetten hat eine lebendige Kirchengemeinde, die sehr gut aufgestellt ist.“Also schrieb er seine Bewerbung und wurde Mitte Januar von Vertretern des Kirchengemeinderats und des evangelischen Gesamtkirchenbezirks zum neuen Pfarrer gewählt.
Gemeinsam etwas bewegen
Sich in einer neuen Gemeinde und an einem neuen Ort einzuleben, ist durch Corona und die Beschränkungen sicher schwieriger als unter normalen Bedingungen. „Das ist eine Herausforderung“, bestätigt Bobzin. „Aber ich vertraue darauf, dass wir trotzdem zueinanderfinden. Da habe ich gar keine Sorge.“Wichtig sei ihm das gelebte Miteinander. „Als Pfarrer darf man nicht an den Menschen vorbeileben. Ich lasse mich auf das ein, was mir die Menschen geben und was ich vor Ort vorfinde. Und ich habe Lust, gemeinsam etwas zu bewegen.“
Das freut auch die Vorsitzende des Kirchengemeinderates in Gerstetten, Claudia Matzkovits: „Wegen Corona war das Bewerbungsverfahren etwas speziell“, sagt sie. „Aber ich hatte schon bei unserem ersten Treffen im Oktober den Eindruck, dass Pfarrer Bobzin gut nach Gerstetten passen wird.“Und bei zahlreichen Video-konferenzen und Treffen in kleinen Gruppen habe sich der Eindruck bestätigt. „Wir freuen uns alle auf ihn.“
Telefon und Brief
In Wildberg-gültlingen musste Bobzin durch Corona in den vergangenen Monaten auch bereits andere Wege gehen. „Ich habe viel mit den Menschen telefoniert“, sagt der Pfarrer. Außerdem habe er auf eine „uralte Kommunikationsform“zurückgegriffen: den Brief. „Und das wurde sehr gut angenommen. Vor allem die Älteren freuen sich auf den wöchentlichen Seelsorgebrief und warten regelrecht darauf. Das ist ein kleiner Lichtblick für viele.“Die seit Monaten gebotene Distanz entspreche den Menschen nicht. „Und vielen fällt es inzwischen schwer.“Aber Corona habe auch Schönes hervorgebracht. In seinem Ort etwa ein musikalisches Ständchen auf dem Parkplatz eines Discounters, um den Mitarbeitern zu danken.
„Was bringt mir die Kirche?“
Nun gibt es immer weniger Pfarrer und auch immer weniger Kirchgänger. Woran liegt das? „Die Einstellung zur Kirche hat sich geändert und die Individualität hat einen höheren Stellenwert als früher“, sagt Bobzin. „Die Leute fragen sich: ,Was bringt mir die Kirche und wie kann sie einen Mehrwert für mein Leben bieten?‘ Mit solchen und anderen kritischen Fragen habe ich aber überhaupt kein Problem. Man kann und sollte über alles reden.“
Geredet hat er schon viel über Gott, Kirche und Glaube. Auch während seines Studiums in Leipzig, wo er evangelische Religion und Biologie auf Lehramt studiert hat, bevor er in Heidelberg zur Theologie wechselte. „Im Osten ist man als Christ in der Minderheit. In Leipzig gehörten damals zehn Prozent der Bevölkerung einer Kirche an“, beschreibt er. „Ich fand das toll, weil ich die Menschen trotzdem als sehr diskussionsbereit erlebt habe. Und auf Offenheit wird mit Offenheit reagiert.“Die allermeisten reagierten positiv, wenn man einen Standpunkt vertrete. Und sein Standpunkt als Pfarrer ist klar: „Ich möchte den Menschen nahebringen, dass es hilft und stützt, wenn man sich auf den gemeinsamen Weg mit Gott einlässt.“