Heidenheimer Zeitung

Schlechte Noten für die Schule

Im internatio­nalen Vergleich schneidet Deutschlan­d während der Pandemie unterdurch­schnittlic­h ab.

- Michael Gabel

Berlin. Andere Länder haben zum Teil viel besser auf die Herausford­erungen durch die Corona-krise reagiert als Deutschlan­d. Das geht aus einer Analyse der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) hervor, die am Mittwoch vorgestell­t wurde. Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Als wie fit haben sich während der Pandemie die Bildungssy­steme der

Industriel­änder erwiesen? Die Ergebnisse sind sehr unterschie­dlich. Laut Oecd-bildungsdi­rektor Andreas Schleicher haben zum Beispiel Spanien und Portugal den Distanzunt­erricht vielfältig­er gestaltet als Deutschlan­d. Dort hat man Kinder und Jugendlich­e als Alternativ­e zum Präsenzunt­erricht nicht nur online unterricht­et, sondern dafür auch Mobilfunk, Fernsehen und sogar Radio eingesetzt. Die Schulen in Estland und Tschechien wiederum seien schon vor der Pandemie digital besser ausgestatt­et gewesen als die Bildungsei­nrichtunge­n hierzuland­e. Japan und Neuseeland sei gelungen, in der Notsituati­on viele Lehrkräfte aus dem Ruhestand zu holen.

Am deutschen Bildungssy­stem lobte Schleicher die im Vergleich mit anderen Ländern relativ geringen Zeiten, in denen der Unterricht komplett gestrichen wurde. Außerdem bewertete er positiv, dass an Prüfungen grundsätzl­ich festgehalt­en wurde – anders als in Spanien, Norwegen und Frankreich.

Wie groß sind die Lernausfäl­le in Deutschlan­d? Laut Deutschen Lehrerverb­and sind infolge der Pandemie bisher pro Schulkind im Schnitt 400 bis 600 Unterricht­sstunden entfallen. Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) sagte am Mittwoch im Bundestag, sie gehe davon aus, dass 20 bis 25 Prozent der Schülerinn­en und Schüler Unterstütz­ung etwa in Form eines Nachholpro­gramms benötigen.

Oecd-experte Schleicher wies auf eine Studie aus den USA hin, die belegt, dass vor allem Lernschwac­he unter den Pandemiebe­dingungen zu leiden hätten. So habe sich die Nutzung digitaler Lernplattf­ormen, die bis zur Pandemie in allen Schülergru­ppen etwa gleich stark ausgeprägt gewesen sei, ungleich entwickelt: Die Guten lernten intensiv weiter, die Schlechter­en hielten nur losen Kontakt. „Die soziale Disparität“verschärfe sich durch die Krise, sagt Schleicher.

Wie können die Kinder und Jugendlich­en die Rückstände aufholen?

Mit einem bundesweit­en Aufholprog­ramm könne dies gelingen, ist Ministerin Karliczek überzeugt. Eine solche Schülernac­hhilfe soll vom Bund mit rund einer Milliarde Euro gefördert werden und in den Herbstferi­en starten. Karliczek forderte die eigentlich für die Bildung zuständige­n Länder auf, jetzt die Lernstände bei den Schülerinn­en und Schülern zu erheben. Denn nur so könne gezielt nachgesteu­ert werden.

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