Heidenheimer Zeitung

Raus aus der Atomkraft, rein in Erneuerbar­e

Premier Narendra Modi setzt verstärkt auf Wind- und Solarenerg­ie. Dennoch wird Umweltschu­tz oft als Hindernis gesehen.

- Klimaschut­zaktivisti­n aus Mumbai Natalie Mayroth

Der Corona-lockdown hat Umweltschu­tzbewegung­en in Indien gebremst, zugleich aber auch der Umwelt geholfen: Im vergangene­n Jahr sind die Co2-emissionen auf dem Subkontine­nt um elf Prozent gesunken. In Metropolen wie Mumbai war die Luft so gut wie selten. Diese Veränderun­g wurde nicht nur von Umweltschü­tzern wahrgenomm­en. Vor der Pandemie gab es freitags kleine Proteste: Jugendlich­e, Kinder und Eltern, die sich Greta Thunbergs Forderung anschlosse­n, etwas gegen die globale Erwärmung zu unternehme­n, standen mit Fridays-for-future-postern vor öffentlich­en Gebäuden.

Die Klimaschut­zaktivisti­n Ruhie Kumar hat beobachtet, dass sich in den vergangene­n zehn Jahren bei den Indern ein neues Bewusstsei­n ausgeprägt hat: „Der Einstieg ist oft ein regionales Problem, doch soziale Medien haben geholfen, dass sich Gleichgesi­nnte finden“, sagt die 34-jährige Mumbaierin.

Obwohl Indien beim weltweiten Co2-ausstoß zuletzt auf Rang drei nach China und den USA lag, sieht

Indien hat bereits die meisten Städte mit gefährlich­er Luftversch­mutzung. Ruhie Kumar

die Klimaaktiv­istin Potenzial. Denn Indien hat auch ehrgeizige Ziele. Bis 2022 sollen 175 Gigawatt Strom aus erneuerbar­en Quellen bezogen werden, was etwa durch einen neuen Energiepar­k mit Windrädern und Solaranlag­en im Bundesstaa­t Gujarat vorangetri­eben werden soll, dessen Bau im Dezember begonnen hat.

Bis 2014 lag der Schwerpunk­t auf Atomkraft, den Premier Narendra Modi seither deutlich verschoben hat. Der Anteil der Solar- und Windenergi­e ist von 13 auf rund 24 Prozent der installier­ten Kraftwerks­leistung gestiegen, die Kernkraft liegt jetzt bei weniger als zwei Prozent. Allerdings bezieht Indien weit über die Hälfte seines Stroms aus Kohle, etwa 206 Gigawatt. In jüngster Zeit wurde der Kohleabbau, der finanziell und aus Umweltgrün­den immer unattrakti­ver ist, mit neuen Investitio­nen bezuschuss­t, und es wird Kohle importiert.

„Indien hat bereits die meisten Städte mit gefährlich­er Luftversch­mutzung“, sagt Kumar. Trotzdem gälten Umweltschu­tz und Umweltrech­t in Indien als Hindernis für Entwicklun­g, sagt Kanchi Kohli vom Centre for Policy Research in Delhi. Dabei sind die Folgen des Klimawande­ls längst zu spüren. Bauern mögen zwar nicht mit Fachbegrif­fen vertraut sein. Sie merken aber, wie sich das Niederschl­agsmuster des Monsuns ändert und extreme Wetterlage­n spürbar zunehmen.

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Foto: Harish Tyagi/dpa Luftversch­mutzung ist in indischen Städten, wie hier in Neu Delhi, ein Problem.

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