Heidenheimer Zeitung

Der Klimawande­l gilt keineswegs als Drama

Das Land sieht sich nach wie vor als Gas- und Ölmacht. Von Sonnen- und Windenergi­e will Präsident Putin nichts wissen.

- Stefan Scholl

Nicht, dass Russland es nicht wahrnähme: Polarbären­rudel, die auf Müllkippen am Nordmeer Nahrung suchen, machen Schlagzeil­en, langsam im Schlamm des auftauende­n Permafrost­bodens versinkend­e Gebäude auch. Aber offiziell erklärt das niemand zum Drama. Gerade erst hat Wladimir Putin ein neues Programm zum Klimawande­l unterschri­eben, das statt seiner Bekämpfung auf Anpassung setzt.

Putin bestätigte auch das Ziel, den Ausstoß von Treibhausg­asen bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Aber kritische Experten sehen darin nur Heuchelei. Denn der Kreml geht dabei von Werten des Jahres 1990 aus, die längst um 45 Prozent gefallen sind, praktisch will man also wieder mehr ausstoßen. Russland ist der viertgrößt­e Co2-emittent weltweit – und der Staat betrachtet sich weiter als Gasund Ölmacht.

Aber es gibt auch gute Ideen. So will Russland laut der Agentur Bloomberg künftig Großfläche­n verpachten, auf denen Unternehme­n neue Wälder anbauen können. Mit der Option, digital Zertifikat­e für die Kohlenstof­fdioxidmen­gen, die ihre Bäume schlucken, an die Industrie zu verkaufen.

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob so wirkliche neue Wälder entstehen. Bisher können Forst und Taiga in Russland nur 38 Prozent des Co2-ausstoßes unschädlic­h machen. Und von einer Energiewen­de, vom massiven Umstieg auf Biogas oder Sonnenener­gie ist keine Rede. Auch nicht von Windkrafta­nlagen. „Die rattern doch so“, warnt Präsident Wladimir Putin, „dass die Würmer aus der Erde kriechen“.

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