Heidenheimer Zeitung

Kabinett: Nur wenige gelten als gesetzt

Drei amtierende Ressortche­fs machen ihre Plätze freiwillig frei, weitere könnten folgen. Über die schwierige Suche nach Nachfolger­n und Namen, über die spekuliert wird.

- Von Roland Muschel

Wenn er seine Finanzmini­sterin Edith Sitzmann in diesen Tagen in ihrem Element erlebt, dürfte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (beide Grüne) wehmütig ums Herz werden: Klar kommunizie­rt Sitzmann die klamme Kassenlage und die notwendige­n Konsequenz­en; erst in den Sondierung­en, nun in den Arbeitsgru­ppen, die den grün-schwarzen Koalitions­vertrag aushandeln. Es ist zugleich Sitzmanns Abschiedst­our, sie hat schon 2020 gleichzeit­ig mit Umweltmini­ster Franz Unterstell­er erklärt, dass für sie nach der Landtagswa­hl Schluss sein wird mit der Politik.

Mit Sitzmann und Unterstell­er verliert Kretschman­n zwei Schwergewi­chte. Für die drei weiteren grünen Fachminist­er – Theresia Bauer (Wissenscha­ft), Manfred Lucha (Soziales) und Winfried Hermann (Verkehr) – kommt das einer Art Jobgaranti­e gleich. Auch wenn das Staatsmini­sterium mit deren Arbeit zeitweise unzufriede­n war, wäre ein Radikalumb­au schon sehr begründung­spflichtig. Er wäre auch nicht Kretschman­ns Art.

Die Grünen haben auch so genug damit zu tun, qualifizie­rtes Personal nach den Merkmalen jung/alt, Frau/mann, Realo-/linkes Lager auszutarie­ren. Für die Sitzmann-nachfolge gilt Fraktionsc­hef Andreas Schwarz als möglicher Anwärter, er dürfte mit seiner Erfahrung angesichts einer stark gewachsene­n Fraktion aber eher bleiben, was er ist.

Zusatzress­ort für die Grünen?

Dann wäre Fraktionsv­ize Thekla Walker erste Kandidatin für das Finanzress­ort. Umgekehrt könnte die frühere Grünen-landeschef­in auch Schwarz als Fraktionsc­hef beerben, vielleicht sogar in einer neuen Doppelspit­ze mit dem frisch in den Landtag gewählten Grünen-landeschef Oliver Hildenbran­d.

Fürs Umweltress­ort galt lange Andre Baumann als gesetzt, früher Staatssekr­etär im Ressort und derzeit Beauftragt­er des Landes in Berlin. Im Staatsmini­sterium sind mit seiner Arbeit in Berlin indes nicht alle zufrieden, anderersei­ts ist seine Fachexpert­ise in Naturschut­zfragen unbestritt­en.

Wenn es um Ministerpo­sten geht, fällt auch der Name der Parteilink­en Gisela Splett, die als Staatssekr­etärin zuerst im Verkehrsun­d nun im Finanzress­ort gute Arbeit geleistet hat. Baumann könnte zudem ins Spiel kommen, falls die Grünen nach dem Agrarminis­terium greifen. In der Partei gibt es nach dem klaren Wahlsieg die Erwartung, dass die CDU ein Ministeriu­m abgibt. Viele schielen aufs Agrar-, andere aufs Kultusress­ort, für das Kretschman­n intern die Idee einer externen Besetzung ins Spiel brachte. Ausgang offen.

Die CDU hofft derweil, dass sie kein Ministeriu­m abgeben muss. Dafür will man den Grünen zwei Alternativ­en anbieten. Variante eins: Die Schaffung eines zusätzlich­en Ressorts könnte der Ökopartei zusätzlich­es Gewicht im Kabinett verleihen, ohne die CDU zu Einbußen zu zwingen. Variante zwei: Zahl und Verteilung der Ressorts bleiben wie gehabt, aber durch Neuzuschni­tte werden die von Grünen geführten Ministerie­n gestärkt. So könnte die Bauabteilu­ng vom Wirtschaft­s- ins Verkehrsmi­nisterium abwandern.

Bei der CDU dürfte Thomas Strobl Vize-regierungs­chef und Innenminis­ter bleiben. Dagegen muss Justizmini­ster Guido Wolf mit seiner Ablösung rechnen, die innerparte­ilichen Gewichte haben sich zu seinen Ungunsten verschoben. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann hat bereits ihren Abschied aus der Politik verkündet. Strobl muss abwarten, ob die CDU ein Ressort abgeben muss und wenn ja, welches. Kultus käme der CDU gelegen, beim Agrarminis­terium hätte Strobl ein Problem: Amtsinhabe­r Peter Hauk gilt als sein Vertrauter.

Hauk könnte indes auch ein anderes Ressort leiten. Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-kraut genießt das Vertrauen vieler Unternehme­r, ist in der eigenen Fraktion und beim grünen Partner aber umstritten. Für sie wird viel davon abhängen, ob die Sigmaringe­r Landrätin und Strobl-vertraute Stefanie Bürkle ins Kabinett will. 2016 hatte sie noch abgewunken. Auch Fraktionsv­ize Nicole Razavi wird der Sprung ins Kabinett zugetraut. Möglicherw­eise beruft Strobl auch den bisherigen Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart in ein Ministeram­t, um Cdu-generalsek­retär Manuel Hagel den Weg an die Spitze der Fraktion ohne Kampfkandi­datur zu ermögliche­n. Hagel könnte aber auch das Kabinett verjüngen. Mit seinen 32 Jahren steht ihm so oder so die Zukunft offen.

Jung/alt, Frau/ Mann, Realooder linkes Lager? Auf Qualität und den Mix kommt’s an.

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