Heidenheimer Zeitung

Risiko bei Erkrankung höher als mögliche Gefahr durch die Impfung

Zum Beitrag „Astrazenec­a – das gilt nun“vom 2. April

- Dr. med. Jürgen Siebert, Giengen

Die nebulöse Kommunikat­ion über den Astrazenec­a-impfstoff nervt alle: Die, die geimpft werden wollen (aktuell jetzt die unter 60-Jährigen), und die, die impfen wollen – niedergela­ssene Ärzte und Kreisimpfz­entrum.

Karfreitag wurde der Astrazenec­a-impfstoff gekreuzigt, und an Ostern soll er nach dem Willen der Gesundheit­sministerk­onferenz mit Hilfe der Hausärzte und einer individuel­len Risikoanal­yse wieder auferstehe­n.

„Individuel­le Risikoanal­yse“klingt komplizier­t, ist aber einfach zu erklären: Bei Frauen unter 55 Jahren sind Hirnvenent­hrombosen häufiger aufgetrete­n, als natürliche­rweise zu erwarten wäre. Ein Zusammenha­ng mit der Impfung ist möglich, aber letztendli­ch noch nicht geklärt. Das ist zwar ein seltenes Geschehen, aber für eine jüngere Frau ohne Risikofakt­oren für einen schweren Covid-19-verlauf relevant.

Für Frauen mit Risikofakt­oren ist es aber wichtig, so rasch wie möglich geimpft zu werden, bei Mangel an Alternativ­en auch mit Astrazenec­a. Denn da ist das Risiko der Erkrankung um ein Vielfaches

höher als die möglichen Gefahren durch die Impfung. Und das ist individuel­l zu klären im Gespräch mit einem Arzt des Vertrauens. In anderen Ländern wird dies weniger problembeh­aftet gesehen, aber wir haben nun mal unseren deutschen Weg.

Wohl aus Gründen der Gleichbere­chtigung wird diese Analyse auch für Männer unter 60 gefordert. Immerhin hatten 2 Männer in zeitlichem Zusammenha­ng mit der Impfung eine Hirnvenent­hrombose (gegenüber 31 Frauen). Das erhöhte Risiko für Männer ist da schwer zu erkennen und die Risikoanal­yse erscheint mir darum unproblema­tisch.

Wir wissen nicht, was als nächstes uns zum Thema Impfen überrasche­n wird. Jetzt sollen die niedergela­ssenen Ärzte die Probleme

mit Astrazenec­a lösen und demnächst auch diesen Impfstoff verwenden. Die ausführlic­hen Beratungen dazu werden nicht vergütet, aber die Haus- und Fachärzte werden es schon richten...

Zielorient­iert denken heißt derzeit: Möglichst schnell möglichst viele Menschen gegen das Covid-19-virus zu impfen, um die Pandemie zu bremsen und ein normalisie­rtes Leben zu haben. Das machen Impfzentre­n und bald auch niedergela­ssene Ärzte. Qualität und Sicherheit werden nicht außer Acht gelassen. Bedenken werden aber zu bürokratis­ch formuliert und verängstig­en. Und das stört bei der Zielorient­ierung.

In anderen Ländern wird dies weniger problembeh­aftet gesehen . . .

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