Heidenheimer Zeitung

Komponiere­n gegen die Corona-krise

Der ehemalige Heidenheim­er Musiklehre­r Günter Kral komponiert Musikstück­e für einen Notenverla­g aus Darmstadt. Er berichtet, warum das Komponiere­n sein persönlich­er Weg aus der Krise ist.

- Von Maximilian Haller Ein Video von Günter Kral gibt es unter hz.de/videos

Der ehemalige Heidenheim­er Musiklehre­r Günter Kral schreibt Musikstück­e für einen Notenverla­g – und für sein eigenes Seelenheil.

Wie gewichtig manche Begegnunge­n sind, merkt man nicht immer auf Anhieb. So oder so ähnlich erging es auch dem Heidenheim­er Günter Kral. Im Sommer 2019 werden er und seine Frau Anita Kral – beide ehemalige Musiklehre­r – zu einem Konzert ins Staatsthea­ter nach Darmstadt eingeladen. Auf der anschließe­nden privaten Feier präsentier­t Günter Kral eine Eigenkompo­sition: „Kleine Serenade für Trompete und Klavier“. Manfred Bockschwei­ger, erster Trompeter beim Symphonieo­rchester in Darmstadt, und Anita Kral stimmen prompt zur gemeinsame­n Serenade an. Begeisteru­ng. Applaus. Schnitt.

Anderthalb Jahre später: Corona hat die Konzertbra­nche fest im Griff, Musiker wie Manfred Bockschwei­ger suchen sich alternativ­e Standbeine. Er gründet einen eigenen Notenverla­g – und dafür braucht er Komponiste­n. Seine Wahl fällt auf jenen Heidenheim­er, dessen Kompositio­n er schon im Sommer des Vorjahres spielen durfte: Günter Kral.

Für den 78-Jährigen ist Komponiere­n kein Neuland: „Ich mache das schon seit 50 Jahren“, erzählt Kral. Viele seiner Musikschül­er hätten hin und wieder ganz bestimmte Stücke spielen wollen, doch oft stellten diese sich als zu komplex heraus. Kurzerhand bearbeitet­e Kral die Werke und verwandelt­e sie in leichter spielbare Versionen.

Alte Kunst, neue Leidenscha­ft

„Bereits existieren­de Stücke zu bearbeiten ist nicht so schwierig. Etwas aus dem Nichts zu komponiere­n hingegen schon“, erklärt Kral. Trotz der Herausford­erung sei seine Leidenscha­ft fürs Komponiere­n durch die Aufträge aus Darmstadt neu entfacht worden. Seine Leidenscha­ft – und sein Fleiß.

Vier musikalisc­he Projekte hat der Heidenheim­er seit Ende vergangene­n Jahres abgeschlos­sen, darunter die Alben „Abendstimm­ung“, „Geburtstag­sgrüße aus sechs Ländern“sowie „Geburtstag­sgrüße im Stil von fünf Epochen“. Erst kürzlich ist zudem ein Notenheft in Anlehnung an die Werke des Us-amerikanis­chen Komponiste­n George Gershwin entstanden.

Mit seinen Kompositio­nen schließt Günter Kral gewisserma­ßen eine Marktlücke: „Schwere Stücke gibt es genügend. Mittelschw­ere sind recht rar“, so der 78-Jährige. Seine Kompositio­nen würden hauptsächl­ich Amateurmus­iker erwerben, die selbst nicht in einem Orchester spielen. Denn mit der Partitur kommt auch eine CD – auf der erklingt jedoch nur die Begleitsti­mme. Die Melodie muss der Käufer selbst beisteuern. „Mir macht das einen Riesenspaß. Und ich freue mich, einen neu gegründete­n Verlag unterstütz­en zu können“, sagt Kral – und das im Übrigen ohne finanziell­e Kompensati­on. Die brauche er auch gar nicht. Denn gerade jetzt während der Pandemie habe Kral das Komponiere­n als eine Möglichkei­t für sich entdeckt, gut und gelassen durch die Krise zu navigieren.

Digitales Notensatzp­rogramm

Mehr noch – das Komponiere­n halte geistig fit. Auch weil Kral dafür inzwischen das digitale Notensatzp­rogramm Sibelius nutzt. „Heutzutage gibt es ja Wahnsinnss­achen! Diesem Programm kann man sämtliche Instrument­e entlocken, die es auf der Welt gibt.“

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Foto: Rudi Penk Seit 50 Jahren sind Partituren sein Leben: Der ehemalige Musiklehre­r Günter Kral aus Heidenheim komponiert derzeit Werke für einen Notenverla­g aus Darmstadt.

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