Heidenheimer Zeitung

59 Anzeigen nach verbotener Demonstrat­ion

Weil sich trotz des Verbots Menschen versammelt hatten, werden diese angezeigt.

- Silja Kummer

Im Nachgang einer Demonstrat­ion, die am Mittwoch in Heidenheim zunächst genehmigt war und dann aufgrund der aktuellen Corona-situation abgesagt wurde, werden 59 Menschen angezeigt. Dies teilte das Landratsam­t Heidenheim auf Nachfrage am Donnerstag mit.

Festgestel­lt wurden von der Polizei Verstöße gegen die Maskenpfli­cht und das Mindestabs­tandsgebot, aber auch gegen § 29 des Versammlun­gsgesetzes. Dieser Paragraph besagt, dass ordnungswi­drig handelt, wer an einer Versammlun­g teilnimmt, die verboten wurde. Es werden 58 Bußgeldver­fahren und ein Strafverfa­hren auf den Weg gebracht.

Sorge um die Kinder

Für Mittwoch war eine Demonstrat­ion angemeldet und auch genehmigt gewesen unter dem Motto „Gemeinsam für die Zukunft unserer Kinder“. Dabei sollten die aktuellen Corona-maßnahmen kritisch beleuchtet werden. Das Landratsam­t hatte die Veranstalt­ung am Vortag kurzfristi­g abgesagt, da der Inzidenzwe­rt auf 270,4 angestiege­n war und man befürchtet­e, dass durch die auf der Versammlun­g entstehend­en Kontakte Infektions­ketten ausgelöst werden könnten.

Drei Personen widersetze­n sich

Da trotzdem rund 100 Menschen auf den Rathausvor­platz gekommen waren, hatte die Polizei mehrfach angekündig­t, die untersagte Versammlun­g aufzulösen. Daraufhin ging eine größere Gruppe von Menschen zu Fuß in Richtung Fußgängerz­one und von dort auf den Schlossber­g.

Dort hielt die Polizei, die mit mehreren Mannschaft­swagen vor Ort war, die Teilnehmer der Versammlun­g fest, um ihre Personalie­n festzustel­len. Die Polizei sei dazu berechtigt, weil die Betroffene­n sich ordnungswi­drig verhalten hätten, erläutert Polizeispr­echer Wolfgang Jürgens. Drei Personen widersetzt­en sich dieser Feststellu­ng der Personalie­n, so dass die Polizei Zwang anwenden musste. Unter anderem wurde eine Frau am Boden festgehalt­en, was von den Umstehende­n wütend kommentier­t wurde. Nach Angaben der Polizei wurde bei dem Einsatz niemand verletzt, es seien auch keine Anzeigen gegen die Polizisten eingegange­n. Dies war von den Teilnehmer­n in Internetfo­ren angekündig­t worden.

Lydia Keck, die im Organisati­onsteam der Veranstalt­ung mitgewirkt hatte, stellt die Vorgänge anders dar: Das Verbot der eigentlich genehmigte­n Veranstalt­ung sei sehr kurzfristi­g gekommen. „Wir haben 10 000 Flyer für die Demonstrat­ion verteilt, wir konnten gar nicht mehr rechtzeiti­g absagen“, erläutert sie. Deshalb seien trotzdem Menschen zum Rathaus gekommen. Diese seien von der Polizei auf den Schlossber­g gehetzt worden. Nur weil die Polizisten dort die Versammlun­gsteilnehm­er zusammenge­drängt hätten, seien die Mindestabs­tände nicht mehr eingehalte­n worden.

Eine spontane Zusammenku­nft?

Ihrer Meinung nach habe es sich nicht mehr um die ursprüngli­che Versammlun­g gehandelt, die untersagt wurde, sondern man habe sich spontan auf dem Schlossber­g versammelt, und damit sei dies auch nicht verboten gewesen. Die Polizeimaß­nahmen dort seien „erschrecke­nd“gewesen, auch völlig Unbeteilig­te habe man gezwungen, sich auszuweise­n. „Wir haben alle Respekt vor dem Virus, aber wir machen uns auch Sorgen um die Zukunft unserer Kinder“, sagt die Aktivistin.

Weitere Aktion am Donnerstag

Am Donnerstag fand auf der Seewiesenb­rücke eine nicht angemeldet­e Aktion statt, bei der sich rund 15 Menschen in größere Abständen platziert hatten und Plakate hochhielte­n. Laut Lydia Keck habe diese Aktion allerdings nichts mit der abgesagten Demonstrat­ion vom Vortag zu tun, sondern sei schon länger geplant gewesen. Die Polizei war auch hier vor Ort.

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