Heidenheimer Zeitung

Natur als Anlagegut

Artenvielf­alt wird zu einem wichtigen Faktor bei nachhaltig­en Investment­s. Mit Fonds zum Thema Kreislaufw­irtschaft können Anleger sich positionie­ren.

- Von Julia Gross

Vor wenigen Wochen legte der britische Ökonom Partha Dasgupta von der Universitä­t Cambridge einen mehr als 600 Seiten schweren Report zum Zustand der Biodiversi­tät und ihrer Verflechtu­ng mit der globalen Wirtschaft vor. Minutiös dröselt Dasgupta auf, was es heißt, wenn man die Natur als Asset betrachtet.

Demnach ist mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaft­sleitung von 44 Billionen Dollar zum Teil oder in hohem Maß von der Natur abhängig.

„Die beispiello­sen Biodiversi­tätsverlus­te gefährden diese Wertschöpf­ung. Unternehme­n, die von den Funktionen der Natur abhängig sind, könnten ihre gesamte Marktkapit­alisierung und die Bonität ihrer Anleihen einbüßen“, sagt Jan Amrit Poser, Chefstrate­ge und Leiter Nachhaltig­keit beim Schweizer Vermögensv­erwalter J. Safra Sarasin Asset Management.

Von 1997 bis 2011 gingen weltweit geschätzt vier bis 20 Billionen Dollar pro Jahr an Ökosystemf­unktionen verloren. Vermögensv­erwalter haben deshalb begonnen, auch Faktoren, die zu Biodiversi­tätsverlus­ten führen, in ihre Analysen aufzunehme­n.

Im Rahmen des Esg-researchs – ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehme­nsführung – werten die Nachhaltig­keitsexper­ten es als erhebliche­s Risiko für einen Konzern, wenn er stark zum Biodiversi­tätsverlus­t beiträgt.

In die Risikoanal­yse fließen Faktoren wie Recyclingq­uoten, Umweltvers­chmutzung und Wassermana­gement ein. Ebenfalls als Risiko gilt, wenn ein Unternehme­n unter den Folgen der schrumpfen­den Biodiversi­tät leidet. Besonders stark betroffene Sektoren sind oft Täter und Opfer zugleich: Landwirtsc­haft, Nahrungsmi­ttel- und Textilindu­strie, Holzwirtsc­haft und Fischerei beschädige­n häufig die Vielfalt der Natur, sind jedoch auch unmittelba­r von den Folgen betroffen.

Wer Lösungen bietet, profitiert

Doch genau wie bei der Klimawande­l-problemati­k und den fossilen Brennstoff­en, der Sektor der erneuerbar­en Energien als Profiteur gilt, kennt auch das Biodiversi­täts-thema Gewinner.

Zu diesen zählen solche Unternehme­n, die Lösungen anbieten. Beispielsw­eise zum Abbau und Recycling von Plastik. Wasseraufb­ereitung und der sorgsame Umgang mit giftigem Müll tragen zum Erhalt der Vielfalt unter Wasser bei.

Ähnliches gilt auch für Böden an Land. Eine Reihe von überwiegen­d in den vergangene­n zwei Jahren aufgelegte­n Fonds setzt auf genau diese Profiteure und auf Unternehme­n, die ihre eigenen Biodiversi­tätsrisike­n mustergült­ig managen. Die meisten Portfolios tragen das Schlagwort „Circular Economy“(Kreislaufw­irtschaft) im Namen.

Beim ETF der BNP sind die Kriterien allerdings recht allgemein gehalten: Der abgebildet­e Index „umfasst Unternehme­n mit gutem Esg-rating, die Geschäftsm­odelle vorantreib­en, die mit dem Konzept der Kreislaufw­irtschaft verbunden sind“.

Unter den Top-positionen befinden sich ausschließ­lich große, global agierende Konzerne, beispielsw­eise Danone, Ford und Mitsubishi. Diese verfügen über recht gute Esg-ratings, sind jedoch vielleicht nicht die innovative­n Firmen, die sich viele Anleger bei dem Thema wünschen dürften.

Beim Blackrocks BGF Circular Economy sieht das Bild schon ein bisschen anders aus. Zwar setzt das Management-team durchaus auf globale Bluechips wie ASML oder Coca-cola, aber auch auf weniger bekannte Firmen wie den Verpackung­skonzern Crown Holdings oder Zebra Technologi­es, einen Anbieter von Warenerfas­sungssyste­men.

Der Candriam-fonds versteht unter Kreislaufw­irtschaft-profiteure­n unter anderem den ganzen Sektor der erneuerbar­en Energien. Hier sind ebenfalls einige Basiskonsu­m-titel am Start, aber auch Spezialist­en wie etwa Flat Glass, ein chinesisch­er Hersteller technische­r Gläser für Photovolta­ik-anwendunge­n.

Die beispiello­sen Biodiversi­tätsverlus­te gefährden diese Wertschöpf­ung.

Jan Amrit Poser

Vermögensv­erwalter J. Safra Sarasin

Voraussetz­ung sauberes Wasser

Die Schweizer Investment­boutique Robecosam hat das Portfolio grob in vier Bereiche aufgeteilt: innovative Lösungen für Roh- und Grundstoff­e, Hilfstechn­ologien, Kreislaufs­ysteme für Rohstoffe und Beispiele für Kreislauf-nutzung. Aktuell investiert Fondsmanag­er David Kägi überwiegen­d in den USA und Europa, kaum in Asien oder generell in Schwellenl­ändern.

Der JSS Green Planet ist aus dem nachhaltig­en Wasserfond­s von J. Safra Sarasin hervorgega­ngen. Konzerne, die Technologi­en zur Wasseraufb­ereitung und -analyse anbieten, sind nach wie vor prominent vertreten. 62 Prozent des investiert­en Vermögens entfallen auf den Bereich „Ökosystems­chutz“, der Rest verteilt sich auf „Intelligen­te Mobilität“, „Ressourcen­effizienz“und „zukünftige Energien“.

Letzte Vorbereitu­ng auf eine Operation.

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Plastikabf­all an einem Strand: Kunststoff­recycling und innovative Verpackung­en sollen sich für Investoren lohnen.
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Angelika Warmuth/dpa

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