Der 200 000- Euro-deal der Stadtwerke mit dem FCH
Sponsoring Das Energie-unternehmen gehört der Stadt Heiddenheim. Die hat aber keinen Einfluss auf die Unterstützung des Zweitligisten. Lokale Akteure abseits des Rasens stören sich nicht an der Partnerschaft. Wie kritisch sehen sie Verflechtungen zwische
Gold, Silber, Bronze: Metalle, die im Sport für Erfolg stehen, für die Plätze eins bis drei. Mehr geht nicht. Selbst bei Olympischen Spielen. Anders beim 1. FC Heidenheim 1846. Geht es ums Sponsoring, setzt man auf dem Schlossberg noch was drauf: Über der Kategorie Gold kommt noch Goldplus. Und auch da ist noch nicht Schluss: Es gibt Platin-sponsoren, die in der Wertigkeit gleich hinter dem Hauptsponsor Hartmann und dem Principal Club Sponsor Voith rangieren. An Platz drei sozusagen und als eher dicke Fische im Sponsoren-pool.
Die Platin-sieben setzt sich in dieser Spielzeit zusammen aus Kreissparkasse Heidenheim, Liha-werbung, Lotto Baden-württemberg, Radio Ton, Traub, 11 Teamsports und den Stadtwerken Heidenheim.
Stört das überhaupt jemand? Der ein oder andere wird sich diese Frage hier womöglich stellen. Wer sich dem Thema allerdings mit kritischem Blick nähert, dem kommen, in Bezug auf das Engagement des Heidenheimer Energie-unternehmens, aber andere Fragen in den Sinn. Erstens: Dürfen die Stadtwerke den FCH unterstützen? Immerhin ist die Aktiengesellschaft zu 100 Prozent im Besitz der Stadt. Ein städtisches Unternehmen sponsert mit dem FCH ein anderes privates Wirtschaftsunternehmen, das beispielsweise in der Saison 2018/19 einen Umsatz in Höhe von 32,554 Millionen Euro erzielte und in der darauffolgenden Runde allein 14,5 Millionen Euro an Fernsehgeldern einstrich.
Wer bestimmt und kontrolliert?
Zweitens: Wer bestimmt und kontrolliert, in welcher Höhe Geld für Gegenwerte wie Bandenwerbung von der Oststadt auf den Schlossberg überwiesen wird? Der Gemeinderat? Der Aufsichtsrat?
Und schließlich drittens: Von welchen Summen ist da überhaupt die Rede? Nur ein paar Hundert Euro im Jahr, oder gar ein paar Millionen?
Zunächst zur letzten Frage. „Die Stadtwerke Heidenheim AG und den 1. FC Heidenheim 1846 e. V. verbindet eine langjährige Partnerschaft. Bereits zum 1. Juli 2000 wurde die Stadtwerke AG Hauptsponsor des FCH (damals noch Hsb-fußball), als dieser noch in der Verbandsliga spielte“, so Stadtwerke-pressesprecherin Viktoria Liske, die zudem darüber informiert, dass die Stadtwerke im Lauf der Jahre auch als Poolpartner und Co-sponsor geführt wurden.
Die Frage nach der Höhe des Engagements wird so beantwortet: „Einen jährlichen Sponsoringbetrag ohne die weiteren vertraglichen Regelungen zu beziffern, wäre an dieser Stelle nicht richtig. Wir können Ihnen aber mitteilen, dass der Anteil des Fchsponsorings am Marketingbudget der Stadtwerke AG rund 28 Prozent beträgt.“
Einen Betrag zu beziffern, wäre an dieser Stelle nicht richtig.
Viktoria Liske,
Stadtwerke-pressesprecherin
Das ist in Deutschland gut gelöst, so wie es ist.
Petra Saretz,
Cdu-fraktionsvorsitzende
Ausweichende Antworten
Wirklich aufschlussreich ist diese Antwort nicht. Eine Nachfrage mit der Bitte um Präzisierung wird wie folgt beantwortet: „Der FCH und die Stadtwerke AG haben sich zur Vertraulichkeit verpflichtet. Daher können wir Ihnen eine genaue Aufstellung pro Jahr, erst recht über die Betrachtungszeit von zwei Jahrzehnten, nicht zukommen lassen.“Die Pressesprecherin schreibt, sie könne „nach Rücksprache mit dem FCH“mitteilen: Die Stadtwerke hätten seit dem Jahr 2000 je nach Ligazugehörigkeit zwischen 15 000 Euro und 200 000 Euro Sponsoringleistungen erbracht – im Mittel inklusive Aufstiegsprämien jährlich rund 93 000 Euro für die regionale und bundesweite Präsenz durch den FCH.
Aktuell, und das ist die Antwort auf eine weitere Anfrage, seien es 200 000 Euro, ebenso wie 2020 und 2019, was eben in etwa 28 Prozent des Marketingbudgets der Stadtwerke in Höhe von 700 000 Euro pro Jahr entspreche.
28 Prozent vom Kuchen also allein für den Fußballclub vom Schlossberg. Und der Rest? Insgesamt unterstützte die Stadtwerke AG rund 40 sowohl größere als auch kleine Vereine und Institutionen in Heidenheim und der Region.
Bei der Frage, ob die Angaben der Richtigkeit entsprechen, muss man dem Energieversorger Glauben schenken. Denn: „Bei der Höhe des Marketingbudgets handelt es sich um eine intern festgelegte Budgetierung.“In der Bilanz der Aktiengesellschaft oder dem Beteiligungsbericht, der jährlich dem Gemeinderat der Stadt Heidenheim vorgelegt wird, könne die Summe und deren Verteilung, so die Auskunft des Unternehmens, nicht nachgeschlagen werden.
Damit wäre auch ein Teil der Frage geklärt, wer bestimmt, wie viel an den Zweitligisten als Sponsoring fließt. Bliebe noch die Antwort auf die Frage nach der Kontrolle. Das Organ, das diese Position übernimmt, ist der Aufsichtsrat. In dem Gremium sitzen neben Oberbürgermeister Bernhard Ilg an der Spitze auch Mitglieder der einzelnen Fraktionen des Gemeinderats. Zu den Aufgaben gehört unter anderem die Bestellung und die Abberufung des Vorstands und die Kontrolle der Geschäftsführung.
Also kann der Aufsichtsrat, und damit auch die Verwaltungsspitze mit Stadträtenorengelder fließen? Nein.
Wie die Stadt Heidenheim über ihren Pressesprecher Stefan Bentele erklärt, ist für das Sponsoring der Vorstand der Stadtwerke zuständig, nicht der Aufsichtsrat. Letzterer übe keine operativen Tätigkeiten aus. Und Sponsoring ist: operatives Geschäft.
Wen das Unternehmen, das zu 100 Prozent der Stadt gehört, unterstützt, entscheidet nicht die Eigentümerin, sondern bleibt den Akteuren im Unternehmen vorbehalten.
Die Stadt Heidenheim sieht die Partnerschaft so: Das Sponsoring des FCH als Fußballzweitligist mache die Stadtwerke Heidenheim deutschlandweit bekannt. „Für die Mitarbeitenden der örtlichen Unternehmen, der Stadtwerke und auch für weite Teile der Stadtgesellschaft ist Fußball etwas Verbindendes.“Der viel beschworene Kitt der Gesellschaft also als Legitimation. Die Stadt jedenfalls stört sich diesen Aussagen zufolge nicht an der Partnerschaft der eigenen Tochter mit den Profi-kickern.
Stört das, um die Frage nochmal aufzuwerfen, also niemanden? Der Eindruck: Schon, aber halt nicht öffentlich. Im Gespräch mit Akteuren aus der Lokalpolitik finden diese die Fragen interessant und spannend. Die Rede ist sogar von einem „heißen Eisen“. In Stellungnahmen der Fraktionen liest sich das dann allerdings anders.
„Die Stadtwerke und der FCH stehen in einem umfangreichen Geschäftsverhältnis. Diese Sponsoring-leistungen sind aus unserer Sicht nicht als Förderung, sondern als Werbeausgaben für die bundesweiten Geschäftsfelder zu sehen. Die Stadtwerke treten in vielen Bereichen der Kultur, des Sports, und im Sozialen als Sponsor auf. Wir sind froh über das gesellschaftliche Engagement der Stadtwerke
AG“, so die Antwort von Rudi Neidlein für die Fraktion
SPD/DIE
Linke.
Ähnlich sieht das die Cdu-fraktion mit Petra Saretz an der Spitze: „Die Stadtwerke Heidenheim AG unterstützt außer dem FCH auch eine breite Menge an anderen Organisationen aus Bildung, Sport und Kultur finanziell, dadurch wird eine wichtige regionale Aufgabe übernommen. Der Breiten- und der Spitzensport, die Kultur in Heidenheim wird dadurch gefördert und die überregionale Wahrnehmung, aber auch die unserer Bürgerinnen und Bürger vor Ort für unsere Stadt Hei
denheim mit allen ihren Facetten ist so eine überdurchschnittlich positive. Das finden wir gut!“
Die Fraktion der Freien Wähler um ihren Fraktionsvorsitzenden Ralf Willuth führt ebenfalls die breit aufgestellte Förderung der Stadtwerke ins Feld. Dadurch würden wichtige soziale, gemeinwohlund einwohnerorientierte Aufgaben übernommen.
„Die Stadtwerke Heidenheim sind Sponsor vieler verschiedener Vereine in der Stadt. Sponsoring ist eine sehr gute Form des Marketings und der Werbung. Fußball bekommt bekanntlich hohe mediale Aufmerksamkeit, daher spricht per se nichts gegen dieses Sponsoring. Da der Energiemarkt bundesweit geöffnet ist, macht hier ein Sponsoring sicherlich Sinn, zumal die Stadtwerke mit ihren
Angeboten auch im Bereich der erneuerbaren Energien für Heidenheim durchaus auch ein Aushängeschild darstellen“, so Anamari Filipovic, Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/die Grünen.
Die Fraktionen heben fast unisono darauf ab, dass, wie beschrieben, Sponsoring in den Bereich des operativen Geschäftsfeldes der AG falle. „Einem Sponsoring wird höchstwahrscheinlich eine Kosten-nutzen-analyse zugrunde gelegt. Diese Einsicht hat der Aufsichtsrat nicht, da Aufsichtsräte laut Aktiengesetz kein Mitspracherecht hinsichtlich des operativen Geschäftes einer Aktiengesellschaft haben. Das müsste geändert werden, indem man den Gesellschaftsvertrag so ändert, damit der Aufsichtsrat Einsicht und Mitspracherecht auch für die Tochtergesellschaften bekommt. Das ist im Moment nicht der Fall, müsste innerhalb des Konzerns und natürlich innerhalb des Aufsichtsrates angestoßen und entschieden werden. Dies wäre eine rein unternehmerische Entscheidung“, so Filipovic. Die SPD sieht das so: „Bei dem seit Jahren anhaltenden, außergewöhnlichen wirtschaftlichen Erfolg wäre es nicht angemessen, in das erfolgreiche operative Geschäft der Geschäftsleitung einzugreifen.“
Eine Frage ist bislang noch unbeantwortet: die der Rechtmäßigkeit. Das Regierungspräsidium Stuttgart, also die der Stadt übergeordnete Behörde, sagt dazu: „Beim Sponsoring werden von den Beteiligten wechselseitige wirtschaftliche Interessen verfolgt. Da kommunale Unternehmen häufig im direkten Wettbewerb mit der Privatwirtschaft stehen, können auch diese Sponsoringaktivitäten entfalten, um keine Wettbewerbsnachteile zu erleiden. Daher ist es kommunalen Unternehmen nicht verwehrt, eigene werbewirksame Aktivitäten zu betreiben.“
Ob ein Mitglied des Vorstandes des FCH so ein Amt annimmt, obliegt allein dieser Person.
Anamari Filipovic,
Grünen-fraktionsvorsitzende
Dkp-stadtrat ist dagegen
Eine etwas andere Sicht hat der Dkp-stadtrat Reinhard Püschel. Er spricht sich klar gegen das Sponsoring des FCH durch die Stadtwerke aus.
In einer anderen Frage steht Püschel mit seiner Antwort ebenso ziemlich alleine da. Dabei geht es um Verflechtungen zwischen dem FCH, der Stadt und dem Aufsichtsrat der Stadtwerke. Um konkreter zu werden: Petra Saretz ist nicht nur Stadträtin und Fraktionsvorsitzende der CDU und sitzt für die Fraktion im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Saretz ist beruflich beim FCH tätig und dort Vorstandsmitglied, sitzt also beim eigenen Platin-sponsor im Aufsichtsrat.
„Das ist ein klarer Interessenkonflikt“, so die Meinung Püschels. Stadt, Stadtwerke und die Fraktionen sehen dies nicht.
Die Spd/linke dazu: Saretz sei in ihrer Eigenschaft als Stadträtin vom Gemeinderat einstimmig in den Aufsichtsrat entsandt worden. Dem Gemeinderat sei die führende Funktion im FCH bekannt gewesen, er habe dies nicht als Hinderungsgrund gesehen. „Die Mitglieder des Aufsichtsrates sind nur dem Gesetz und ihrem Gewissen verpflichtet und müssen frei von Aufträgen und Weisungen handeln. Dies gilt natürlich auch, wenn das Mitglied in einem anderen Unternehmen im Vorstand tätig ist. Dadurch sollte ein Interessenkonflikt ausgeschlossen sein“, so Willuth für die Freien Wähler.
Eine andere inhaltliche Antwort liefern die Grünen: „Ob ein Mitglied des Vorstandes des FCH, welches gleichzeitig auch Mitglied im Gemeinderat ist, ein solches Amt annimmt, obliegt allein der Entscheidung dieser Person selbst. Rechtliche Bedenken gibt es hier nicht.“
Und Saretz selbst? Einen Interessenkonflikt sieht sie nicht, zumal die Verbindung der Stadtwerke mit dem FCH, über Jahre bestehe und sie dem Aufsichtsrat erst seit Dezember 2019 angehöre. „Auch ich als Vorstandsmitglied des FCH in meiner Rolle als Aufsichtsrätin der Stadtwerke kann nicht in das operative Geschäft und damit in Sponsoring-zusagen eingreifen. Das ist in Deutschland alles gut gelöst so, wie es ist.“