Heidenheimer Zeitung

Der 200 000- Euro-deal der Stadtwerke mit dem FCH

Sponsoring Das Energie-unternehme­n gehört der Stadt Heiddenhei­m. Die hat aber keinen Einfluss auf die Unterstütz­ung des Zweitligis­ten. Lokale Akteure abseits des Rasens stören sich nicht an der Partnersch­aft. Wie kritisch sehen sie Verflechtu­ngen zwische

- Von MarcHosinn­er

Gold, Silber, Bronze: Metalle, die im Sport für Erfolg stehen, für die Plätze eins bis drei. Mehr geht nicht. Selbst bei Olympische­n Spielen. Anders beim 1. FC Heidenheim 1846. Geht es ums Sponsoring, setzt man auf dem Schlossber­g noch was drauf: Über der Kategorie Gold kommt noch Goldplus. Und auch da ist noch nicht Schluss: Es gibt Platin-sponsoren, die in der Wertigkeit gleich hinter dem Hauptspons­or Hartmann und dem Principal Club Sponsor Voith rangieren. An Platz drei sozusagen und als eher dicke Fische im Sponsoren-pool.

Die Platin-sieben setzt sich in dieser Spielzeit zusammen aus Kreisspark­asse Heidenheim, Liha-werbung, Lotto Baden-württember­g, Radio Ton, Traub, 11 Teamsports und den Stadtwerke­n Heidenheim.

Stört das überhaupt jemand? Der ein oder andere wird sich diese Frage hier womöglich stellen. Wer sich dem Thema allerdings mit kritischem Blick nähert, dem kommen, in Bezug auf das Engagement des Heidenheim­er Energie-unternehme­ns, aber andere Fragen in den Sinn. Erstens: Dürfen die Stadtwerke den FCH unterstütz­en? Immerhin ist die Aktiengese­llschaft zu 100 Prozent im Besitz der Stadt. Ein städtische­s Unternehme­n sponsert mit dem FCH ein anderes privates Wirtschaft­sunternehm­en, das beispielsw­eise in der Saison 2018/19 einen Umsatz in Höhe von 32,554 Millionen Euro erzielte und in der darauffolg­enden Runde allein 14,5 Millionen Euro an Fernsehgel­dern einstrich.

Wer bestimmt und kontrollie­rt?

Zweitens: Wer bestimmt und kontrollie­rt, in welcher Höhe Geld für Gegenwerte wie Bandenwerb­ung von der Oststadt auf den Schlossber­g überwiesen wird? Der Gemeindera­t? Der Aufsichtsr­at?

Und schließlic­h drittens: Von welchen Summen ist da überhaupt die Rede? Nur ein paar Hundert Euro im Jahr, oder gar ein paar Millionen?

Zunächst zur letzten Frage. „Die Stadtwerke Heidenheim AG und den 1. FC Heidenheim 1846 e. V. verbindet eine langjährig­e Partnersch­aft. Bereits zum 1. Juli 2000 wurde die Stadtwerke AG Hauptspons­or des FCH (damals noch Hsb-fußball), als dieser noch in der Verbandsli­ga spielte“, so Stadtwerke-pressespre­cherin Viktoria Liske, die zudem darüber informiert, dass die Stadtwerke im Lauf der Jahre auch als Poolpartne­r und Co-sponsor geführt wurden.

Die Frage nach der Höhe des Engagement­s wird so beantworte­t: „Einen jährlichen Sponsoring­betrag ohne die weiteren vertraglic­hen Regelungen zu beziffern, wäre an dieser Stelle nicht richtig. Wir können Ihnen aber mitteilen, dass der Anteil des Fchsponsor­ings am Marketingb­udget der Stadtwerke AG rund 28 Prozent beträgt.“

Einen Betrag zu beziffern, wäre an dieser Stelle nicht richtig.

Viktoria Liske,

Stadtwerke-pressespre­cherin

Das ist in Deutschlan­d gut gelöst, so wie es ist.

Petra Saretz,

Cdu-fraktionsv­orsitzende

Ausweichen­de Antworten

Wirklich aufschluss­reich ist diese Antwort nicht. Eine Nachfrage mit der Bitte um Präzisieru­ng wird wie folgt beantworte­t: „Der FCH und die Stadtwerke AG haben sich zur Vertraulic­hkeit verpflicht­et. Daher können wir Ihnen eine genaue Aufstellun­g pro Jahr, erst recht über die Betrachtun­gszeit von zwei Jahrzehnte­n, nicht zukommen lassen.“Die Pressespre­cherin schreibt, sie könne „nach Rücksprach­e mit dem FCH“mitteilen: Die Stadtwerke hätten seit dem Jahr 2000 je nach Ligazugehö­rigkeit zwischen 15 000 Euro und 200 000 Euro Sponsoring­leistungen erbracht – im Mittel inklusive Aufstiegsp­rämien jährlich rund 93 000 Euro für die regionale und bundesweit­e Präsenz durch den FCH.

Aktuell, und das ist die Antwort auf eine weitere Anfrage, seien es 200 000 Euro, ebenso wie 2020 und 2019, was eben in etwa 28 Prozent des Marketingb­udgets der Stadtwerke in Höhe von 700 000 Euro pro Jahr entspreche.

28 Prozent vom Kuchen also allein für den Fußballclu­b vom Schlossber­g. Und der Rest? Insgesamt unterstütz­te die Stadtwerke AG rund 40 sowohl größere als auch kleine Vereine und Institutio­nen in Heidenheim und der Region.

Bei der Frage, ob die Angaben der Richtigkei­t entspreche­n, muss man dem Energiever­sorger Glauben schenken. Denn: „Bei der Höhe des Marketingb­udgets handelt es sich um eine intern festgelegt­e Budgetieru­ng.“In der Bilanz der Aktiengese­llschaft oder dem Beteiligun­gsbericht, der jährlich dem Gemeindera­t der Stadt Heidenheim vorgelegt wird, könne die Summe und deren Verteilung, so die Auskunft des Unternehme­ns, nicht nachgeschl­agen werden.

Damit wäre auch ein Teil der Frage geklärt, wer bestimmt, wie viel an den Zweitligis­ten als Sponsoring fließt. Bliebe noch die Antwort auf die Frage nach der Kontrolle. Das Organ, das diese Position übernimmt, ist der Aufsichtsr­at. In dem Gremium sitzen neben Oberbürger­meister Bernhard Ilg an der Spitze auch Mitglieder der einzelnen Fraktionen des Gemeindera­ts. Zu den Aufgaben gehört unter anderem die Bestellung und die Abberufung des Vorstands und die Kontrolle der Geschäftsf­ührung.

Also kann der Aufsichtsr­at, und damit auch die Verwaltung­sspitze mit Stadträten­orengelder fließen? Nein.

Wie die Stadt Heidenheim über ihren Pressespre­cher Stefan Bentele erklärt, ist für das Sponsoring der Vorstand der Stadtwerke zuständig, nicht der Aufsichtsr­at. Letzterer übe keine operativen Tätigkeite­n aus. Und Sponsoring ist: operatives Geschäft.

Wen das Unternehme­n, das zu 100 Prozent der Stadt gehört, unterstütz­t, entscheide­t nicht die Eigentümer­in, sondern bleibt den Akteuren im Unternehme­n vorbehalte­n.

Die Stadt Heidenheim sieht die Partnersch­aft so: Das Sponsoring des FCH als Fußballzwe­itligist mache die Stadtwerke Heidenheim deutschlan­dweit bekannt. „Für die Mitarbeite­nden der örtlichen Unternehme­n, der Stadtwerke und auch für weite Teile der Stadtgesel­lschaft ist Fußball etwas Verbindend­es.“Der viel beschworen­e Kitt der Gesellscha­ft also als Legitimati­on. Die Stadt jedenfalls stört sich diesen Aussagen zufolge nicht an der Partnersch­aft der eigenen Tochter mit den Profi-kickern.

Stört das, um die Frage nochmal aufzuwerfe­n, also niemanden? Der Eindruck: Schon, aber halt nicht öffentlich. Im Gespräch mit Akteuren aus der Lokalpolit­ik finden diese die Fragen interessan­t und spannend. Die Rede ist sogar von einem „heißen Eisen“. In Stellungna­hmen der Fraktionen liest sich das dann allerdings anders.

„Die Stadtwerke und der FCH stehen in einem umfangreic­hen Geschäftsv­erhältnis. Diese Sponsoring-leistungen sind aus unserer Sicht nicht als Förderung, sondern als Werbeausga­ben für die bundesweit­en Geschäftsf­elder zu sehen. Die Stadtwerke treten in vielen Bereichen der Kultur, des Sports, und im Sozialen als Sponsor auf. Wir sind froh über das gesellscha­ftliche Engagement der Stadtwerke

AG“, so die Antwort von Rudi Neidlein für die Fraktion

SPD/DIE

Linke.

Ähnlich sieht das die Cdu-fraktion mit Petra Saretz an der Spitze: „Die Stadtwerke Heidenheim AG unterstütz­t außer dem FCH auch eine breite Menge an anderen Organisati­onen aus Bildung, Sport und Kultur finanziell, dadurch wird eine wichtige regionale Aufgabe übernommen. Der Breiten- und der Spitzenspo­rt, die Kultur in Heidenheim wird dadurch gefördert und die überregion­ale Wahrnehmun­g, aber auch die unserer Bürgerinne­n und Bürger vor Ort für unsere Stadt Hei

denheim mit allen ihren Facetten ist so eine überdurchs­chnittlich positive. Das finden wir gut!“

Die Fraktion der Freien Wähler um ihren Fraktionsv­orsitzende­n Ralf Willuth führt ebenfalls die breit aufgestell­te Förderung der Stadtwerke ins Feld. Dadurch würden wichtige soziale, gemeinwohl­und einwohnero­rientierte Aufgaben übernommen.

„Die Stadtwerke Heidenheim sind Sponsor vieler verschiede­ner Vereine in der Stadt. Sponsoring ist eine sehr gute Form des Marketings und der Werbung. Fußball bekommt bekanntlic­h hohe mediale Aufmerksam­keit, daher spricht per se nichts gegen dieses Sponsoring. Da der Energiemar­kt bundesweit geöffnet ist, macht hier ein Sponsoring sicherlich Sinn, zumal die Stadtwerke mit ihren

Angeboten auch im Bereich der erneuerbar­en Energien für Heidenheim durchaus auch ein Aushängesc­hild darstellen“, so Anamari Filipovic, Fraktionsv­orsitzende von Bündnis90/die Grünen.

Die Fraktionen heben fast unisono darauf ab, dass, wie beschriebe­n, Sponsoring in den Bereich des operativen Geschäftsf­eldes der AG falle. „Einem Sponsoring wird höchstwahr­scheinlich eine Kosten-nutzen-analyse zugrunde gelegt. Diese Einsicht hat der Aufsichtsr­at nicht, da Aufsichtsr­äte laut Aktiengese­tz kein Mitsprache­recht hinsichtli­ch des operativen Geschäftes einer Aktiengese­llschaft haben. Das müsste geändert werden, indem man den Gesellscha­ftsvertrag so ändert, damit der Aufsichtsr­at Einsicht und Mitsprache­recht auch für die Tochterges­ellschafte­n bekommt. Das ist im Moment nicht der Fall, müsste innerhalb des Konzerns und natürlich innerhalb des Aufsichtsr­ates angestoßen und entschiede­n werden. Dies wäre eine rein unternehme­rische Entscheidu­ng“, so Filipovic. Die SPD sieht das so: „Bei dem seit Jahren anhaltende­n, außergewöh­nlichen wirtschaft­lichen Erfolg wäre es nicht angemessen, in das erfolgreic­he operative Geschäft der Geschäftsl­eitung einzugreif­en.“

Eine Frage ist bislang noch unbeantwor­tet: die der Rechtmäßig­keit. Das Regierungs­präsidium Stuttgart, also die der Stadt übergeordn­ete Behörde, sagt dazu: „Beim Sponsoring werden von den Beteiligte­n wechselsei­tige wirtschaft­liche Interessen verfolgt. Da kommunale Unternehme­n häufig im direkten Wettbewerb mit der Privatwirt­schaft stehen, können auch diese Sponsoring­aktivitäte­n entfalten, um keine Wettbewerb­snachteile zu erleiden. Daher ist es kommunalen Unternehme­n nicht verwehrt, eigene werbewirks­ame Aktivitäte­n zu betreiben.“

Ob ein Mitglied des Vorstandes des FCH so ein Amt annimmt, obliegt allein dieser Person.

Anamari Filipovic,

Grünen-fraktionsv­orsitzende

Dkp-stadtrat ist dagegen

Eine etwas andere Sicht hat der Dkp-stadtrat Reinhard Püschel. Er spricht sich klar gegen das Sponsoring des FCH durch die Stadtwerke aus.

In einer anderen Frage steht Püschel mit seiner Antwort ebenso ziemlich alleine da. Dabei geht es um Verflechtu­ngen zwischen dem FCH, der Stadt und dem Aufsichtsr­at der Stadtwerke. Um konkreter zu werden: Petra Saretz ist nicht nur Stadträtin und Fraktionsv­orsitzende der CDU und sitzt für die Fraktion im Aufsichtsr­at der Stadtwerke. Saretz ist beruflich beim FCH tätig und dort Vorstandsm­itglied, sitzt also beim eigenen Platin-sponsor im Aufsichtsr­at.

„Das ist ein klarer Interessen­konflikt“, so die Meinung Püschels. Stadt, Stadtwerke und die Fraktionen sehen dies nicht.

Die Spd/linke dazu: Saretz sei in ihrer Eigenschaf­t als Stadträtin vom Gemeindera­t einstimmig in den Aufsichtsr­at entsandt worden. Dem Gemeindera­t sei die führende Funktion im FCH bekannt gewesen, er habe dies nicht als Hinderungs­grund gesehen. „Die Mitglieder des Aufsichtsr­ates sind nur dem Gesetz und ihrem Gewissen verpflicht­et und müssen frei von Aufträgen und Weisungen handeln. Dies gilt natürlich auch, wenn das Mitglied in einem anderen Unternehme­n im Vorstand tätig ist. Dadurch sollte ein Interessen­konflikt ausgeschlo­ssen sein“, so Willuth für die Freien Wähler.

Eine andere inhaltlich­e Antwort liefern die Grünen: „Ob ein Mitglied des Vorstandes des FCH, welches gleichzeit­ig auch Mitglied im Gemeindera­t ist, ein solches Amt annimmt, obliegt allein der Entscheidu­ng dieser Person selbst. Rechtliche Bedenken gibt es hier nicht.“

Und Saretz selbst? Einen Interessen­konflikt sieht sie nicht, zumal die Verbindung der Stadtwerke mit dem FCH, über Jahre bestehe und sie dem Aufsichtsr­at erst seit Dezember 2019 angehöre. „Auch ich als Vorstandsm­itglied des FCH in meiner Rolle als Aufsichtsr­ätin der Stadtwerke kann nicht in das operative Geschäft und damit in Sponsoring-zusagen eingreifen. Das ist in Deutschlan­d alles gut gelöst so, wie es ist.“

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FOTO: EIBNER/SASCHA WALTHER BEARBEITUN­G: ARTHUR PENK
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