Heidenheimer Zeitung

Egal, ob es nützt

- Hajo Zenker zur bundesweit­en Corona-notbremse

Wie die Politik in diesen Tagen Pandemiebe­kämpfung betreibt, lässt sich gut an der Einführung der bundesweit­en Corona-notbremse sehen. Die soll per Novellieru­ng in das Infektions­schutzgese­tz aufgenomme­n werden, weil die Länder die entspreche­nden Verschärfu­ngen bei einer Sieben-tages-inzidenz von 100 nur zögerlich umsetzten, während die Infektions­zahlen und die Belegung der Intensivst­ationen stiegen. Doch auch die Bundesrege­lung hilft nicht weiter.

Nachdem sich nicht nur Experten, sondern auch viele Politiker darin einig waren, dass die zunächst im Gesetzentw­urf für das Beenden des Präsenzunt­errichts an Schulen vorgesehen­e Inzidenz von 200 viel zu hoch ist, haben sich die Regierungs­fraktionen nun auf eine Absenkung geeinigt – auf 165. Warum eigentlich nicht auf 162,328? Wieder wird willkürlic­h eine beliebige Zahl aus dem Hut gezaubert, um konsequent­es Durchgreif­en zu suggeriere­n. Ob das tatsächlic­h etwas nützt – egal. Die Ausgangssp­erre gilt nun voraussich­tlich ab 22 statt ab 21 Uhr – das berücksich­tigt sicher mehr die Lebensreal­ität. Aber dann: Joggen bleibt bis Mitternach­t erlaubt. Auch das klingt erst einmal einleuchte­nd. Das Problem ist nur: Die Begründung für die nächtliche­n Beschränku­ngen war ja, private Kontakte zu unterbinde­n. So aber kann man nun entspannt zu einem Freund laufen, wo schon andere Jogging-freunde warten, um Party zu machen. Wer sich keine harten Ausgangssp­erren traut, kann sich das Theater ganz sparen. Zumal derlei Ausnahmen die Kontrolle noch unmögliche­r erscheinen lassen als sowieso schon. Was als Notbremse gefeiert wird, greift nicht nur zu spät – es ist auch nur ein Notbremsch­en.

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