Heidenheimer Zeitung

Liebe Impfdrängl­er,

- Hendrik Rupp

Ihr werdet, wie wir wissen, was wir an Deutschlan­d zu schätzen haben: Keine herausrage­nde Politik gegen Corona, mehr Hü und Hott als in fast allen anderen europäisch­en Staaten, dazu eine oft wehleidige, maulende Bevölkerun­g, die der Pandemie das Argument entgegense­tzt, es mache ihr jetzt halt keinen Spaß mehr.

Aber: Wir haben sofort neue Wörter für neue Phänomene. „Impfdrängl­er“ist eines davon. Wir kennen keine Entsprechu­ng auf Englisch, Spanisch oder Französisc­h. Gleichzeit­ig das Impfen dringlich anzuraten und die zu verurteile­n, die sich um eine Impfung bemühen, ist etwas schizophre­n. Deutschlan­d schafft aber auch das.

Nun sind wir wenigstens beim Testen ungefähr da, wo zum Beispiel die USA beim Impfen sind: Geht an jeder Ecke, geht sogar aus dem Auto auf Parkplätze­n. In den USA das Impfen, bei uns das Testen. Und schon merken wir: Mit dem steigenden Angebot sinkt der teutonisch­e Neid, das Wort „Testdrängl­er“gibt es nicht.

Oder noch nicht. Denn diese Woche hat uns ein aufmerksam­er Leser aus Schnaithei­m das heutige Bild zukommen lassen, aufgenomme­n an der Teststatio­n am dortigen „Real“-markt. Und was wir sehen, lässt uns schaudern. Wenn nun schon Enten zum Schnelltes­t anstehen (übrigens ganz korrekt an der Linie, das schaffen Menschen oft nicht), dann ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis Tiere jeder Art sich auch mal impfen lassen wollen, oder? Und dann? Natürlich werden wir Schäferhun­de vorlassen und wuschelige Katzen, Pandas werden im eigenen Gehege geimpft. Aber wir ahnen, dass der Kleintierz­üchter es gar nicht einsehen wird, dass sein Lieblingsr­ammler nur Astrazenec­a bekommen soll.

Und sicher wird es einige Leute geben, die ihre Meerschwei­nchen weder impfen noch testen lassen wollen, weil das Tierquäler­ei ist. Als „Meerdenker“werden sie zu Demos einladen. Vergessen die Zeit, da man als Ente in Schnaithei­m einfach so zum Testen anstehen konnte . . . Aber Ihr lest das ja eh nicht.

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