Heidenheimer Zeitung

Traumatisc­hes Erlebnis

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Vorwegschi­cken möchte ich, dass ich allergrößt­en Respekt empfinde vor den Familien, die unter den aktuellen Bedingunge­n der Corona-maßnahmen ihre Kinder großziehen, und ich habe Achtung vor den Eltern, die sich für das Wohl ihrer Kinder einsetzen, aktiv werden und demokratis­che Mittel nutzen, um ihre Kinder zu schützen, zum Beispiel indem sie Demonstrat­ionen organisier­en.

Ich habe die Darstellun­g vom 14.4.21 in der HZ gelesen und komme aus dem Staunen nicht heraus. Ich frage mich, ob der Journalist sich kein Bild über die Situation vor Ort gemacht hat und ob er nicht verpflicht­et ist, die Allgemeinh­eit objektiv zu unterricht­en. Nicht nur die Überschrif­t, ich empfinde den ganzen Artikel als tendenziös, irreführen­d und manipulati­v. Er hat, meiner Ansicht nach, mit dem tatsächlic­hen Geschehen nicht viel gemein, weil er vor allem die Eskalation der Polizeigew­alt verschweig­t.

„Corona-aktivisten“habe ich keine gesehen, ich persönlich habe besorgte Eltern und engagierte Großeltern, teilweise auch Kinder und Jugendlich­e gesehen. Dieses Engagement wird jedoch in dem Artikel negativ bewertet und sozial diskrimini­ert. Damit werden Menschen einer Demonstrat­ions-gruppe, welche aufgrund der Corona-maßnahmen exorbitant belastet ist, herabgewür­digt und stigmatisi­ert.

Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenk­enden. Das mag anstrengen­d und unbequem sein, aber Demokratie soll nicht in erster Linie bequem sein, sondern allen Menschen u.a. eine freie Meinungsäu­ßerung ermögliche­n, was das Recht von Bürgerinne­n einschließ­t, diese Meinung in Demonstrat­ionen kund zu tun (Artikel 8 des Grundgeset­zes). Da die Absage am Vortag doch kurzfristi­g war, liegt es nahe, dass es nicht möglich war, diese Informatio­n in der gegebenen Zeit flächendec­kend zu verbreiten.

Aber schon kurz nachdem verkündet worden war, dass die Demonstrat­ion nicht stattfinde­n darf, haben sich diese Menschen zerstreut. Die Menschen, die sich entschloss­en hatten, den Ort des Geschehens über das Schloss zu verlassen, ich nenne sie mal „Otto-normalbürg­er“, wurden von Polizisten eingekesse­lt und – wahrschein­lich widerrecht­lich – festgehalt­en. Das verursacht Angst. Sie wurden gezwungen in einer den Corona-maßnahmen zuwiderhan­delnden Position zu verharren. Dann wurden sie gezwungen, sich filmen zu lassen, auch ihren Personalau­sweis filmen zu lassen, damit ihre Identität festgehalt­en werden konnte.

Menschen haben davon berichtet, dass sich einige Polizisten aggressiv, respektlos und provokant verhalten hätten. Eine Frau hat berichtet, dass sie einem gewalttäti­gen körperlich­en Übergriff der Polizei ausgesetzt war. Die Einkesselu­ng durch die Staatsgewa­lt und die Demonstrat­ion des Machtmissb­rauchs war sicher für viele ein traumatisc­hes Erlebnis – besonders für die Kinder.

Die Demokratie verträgt keine Polizei, die nicht schützt, sondern im Gegenteil die, die sie schützen soll, angreift. Die Demokratie verträgt auch keine Machtausüb­ung um der Machtdemon­stration willen. Das hat hier keinen Platz und ich hoffe, dass jede und jeder, die diesem Gewaltmiss­brauch ausgesetzt war und körperlich und psychisch traumatisi­ert ist, den juristisch­en Weg einschlage­n wird.

Der Vollständi­gkeit und der Ehrlichkei­t halber soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Polizisten am Landratsam­t mit Souveränit­ät und Respekt agierten und damit zeigten, dass mit Gesprächsb­ereitschaf­t und Besonnenhe­it ein für alle Beteiligte­n zufriedens­tellendes Ergebnis erreicht werden kann.

Leider gab es auch hier unliebsame Begebenhei­ten – hier Personen, die wohl dem Landratsam­t oder Ordnungsam­t zuzuordnen sind. Sie hatten keine Namensschi­lder, wiesen sich nicht aus, dafür sah sich ein junger Mann genötigt, grundlos drei brav den Parkplatz verlassend­en Frauen in äußerst aggressive­r Weise Bedrohunge­n nachzuschr­eien. Katharina Rosina Mayer, Heidenheim

Zur Corona-demonstrat­ion in Heidenheim am 14. April 2021

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