„Soll kein Lippenbekenntnis sein“
Die Umwandlung von Ackerland in Gewerbeflächen steht nach wie vor in der Kritik. Die Stadt sieht in der Verwirklichung der Pläne einen Einklang zwischen Ökologie und Ökonomie.
Ökonomie und Ökologie im Einklang – so lautet der Titel einer Broschüre, die in den nächsten Tagen erscheinen wird. Sie informiert über den Giengener Industriepark, der nach dem Verkauf eines Großteils der Flächen und der Nennung erster Investoren und Mieter wie Amazon oder Würth recht konkrete Formen annimmt.
Nicht nur in den sogenannten sozialen Medien wird vor allem der Flächenverbrauch und die Umwandlung von Ackerland in Gewerbeflächen angeprangert.
„Wir gehen beim Thema Ökologie weit über das hinaus, was der Gesetzgeber fordert“, sagt Oberbürgermeister Dieter Henle. Die Ökologie soll auf dem Weg zum Giengener Industriepark „kein Lippenbekenntnis sein“.
Verpflichtung für Unternehmen
Eines der Kernthemen bei der Konzeption seien umwelt- und naturschutzrechtliche Belange. Ein Kriterium für die ausgewählte Fläche seien geringe Zerschneidungseffekte im Landschaftsbild gewesen. „Kosten und Aufwand für die ökologischen Maßnahmen sind hoch, lohnen sich aber in jedem Fall. Wir investieren aus Überzeugung in diesen Bereich und verpflichten auch die investierenden Unternehmen dazu“, so der Rathaus-chef.
Zum Schutz der bisher auf dem Gebiet heimischen Feldlerchen habe die Stadt nach einer Kartierung im Jahr 2019 Vorhaben zum Erhalt der Population konzipiert, die seit März 2021 umgesetzt würden. Blühbrachen, Kleeackerflächen und Getreidefelder mit doppeltem Saatreihenabstand im
Umfeld dienten als Ersatzbrutstandorte und dürften während der Brutzeit weder gedüngt noch mit Pestiziden behandelt, befahren oder mechanisch bearbeitet werden.
„Entsprechende Aufwendungen und Ausfälle gleicht die Stadt Giengen den Bewirtschaftern aus. Im Rahmen des Artenschutzes schaffen wir zudem Nahrungshabitate für Insekten und Fledermäuse“, so der Oberbürgermeister. Das Paket sei über viele Jahre vertraglich vereinbart, seine Einhaltung werde extern kontrolliert. „Auch bedanken wir uns für die konstruktive Expertise der Naturschutzverbände. Die Investoren leisten aktive Umweltbeiträge und beteiligen sich über den sogenannten Öko-taler im Rahmen des Grundstückskaufs am Aufbau des Öko-kontos sowie an der Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen“, sagt Henle.
Zu den Umweltbeiträgen zählten zwingend eine Dachbegrünung, in Ergänzung empfehle die
Stadt Nistkästen, Photovoltaik – auch unter Einbindung der Stadtwerke, umweltgerechte Heizungsund Klimasysteme sowie Müllvermeidungskonzepte.
An Parkhaus festgehalten
Parkhäuser würden den Flächenbedarf für Pkw erheblich reduzieren. „Wir hatten auch mit Interessenten gesprochen, die das ohne Parkhaus haben wollten. Darauf haben wir uns aber nicht eingelassen und darauf bestanden“, sagt der OB.
Erreichbar sein soll der Industriepark auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Eine Bushaltestelle ist im Gebiet vorgesehen.
Zu den Investitionen der Stadt zähle zudem ein „ausgeklügeltes Entwässerungskonzept“, das den Schutz des empfindlichen Bereichs der Seewiesen entlang des Seegrabens bei Hürben berücksichtigte. Zwei Regenbecken würden das Regenwasser gedrosselt in die Seewiesen ableiten, ein naturnaher Bereich, der bei Hochwasser geflutet wird, werde direkt in der Angrenzung zum Seegraben ausgebildet.