Kann die Martinskirche 2021 saniert werden?
Die im Jahr 2020 aus Finanzproblemen verschobenen Arbeiten an der Westseite der Martinskirche in Söhnstetten könnten dieses Jahr erfolgen.
Söhnstetten. Die Schäden an der evangelischen Kirche sind deutlich erkennbar. 2020 klappte es mit der Sanierung nicht. Jetzt wird auf dieses Jahr gehofft.
Söhnstetten ist nicht Pisa. In der italienischen Stadt ist der frei stehende Glockenturm des Doms in ziemlicher Schräglage, weil der Untergrund morastig und sandig ist und so immer wieder das Eingreifen der Bauleute erfordert. Im Falle Söhnstetten, so erzählten der Vorsitzende des Kirchengemeinderats Ulrich Griasch und Mesner Willi Gröner, ist die Lage zwar weniger dramatisch, aber dennoch stehe der Kirchturm unter Beobachtung: Seit vor vielen Jahren die Kirchstraße bei ihrem Ausbau tiefer gelegt wurde, ist der Kirchturm dabei, sich geringfügig vom Kirchenschiff wegzubewegen. Ähnliches passiert bei der Stiftskirche in Herrenberg oder der Sakristei der Oggenhauser Kirche.
Gleichwohl führten die Geländesetzungen in Söhnstetten zu nicht unerheblichen Rissbildungen vor allem an der Ostseite der Martinskirche. Entsprechende Risse wurden zugemörtelt, teils mit Eisen stabilisiert. Regelmäßig schauen sich Fachleute die Situation an. Die Treppe, die an der Ostseite hinauf zur Empore führt, ist bis auf Weiteres für Kirchenbesucher gesperrt. Teile des Innenputzes und der Übergang zur Decke des Saalbaus sind brüchig und könnten herunterfallen.
Eigentlich sollte im zweiten Halbjahr 2020 die Westfassade des Gotteshauses nach den Plänen des Lonseer Architekten Raimund Stolz saniert werden. Baukosten von 190 000 Euro wurden errechnet. Angesichts der Schäden erscheint zunehmend zweifelhaft, ob das ausreicht. Seitens des Oberkirchenrats hatte eine Architektin sich die Bauschäden angesehen und die Vorschläge zur Sanierung angehört. Heraus kam ein höherer Baukostenzuschuss als üblich: „Wir rechnen mit 45 000 Euro“, ergänzte Ulrich Griasch. Auch der Kirchenbezirksausschuss war vor Ort und will seitens des Kirchenbezirks
Heidenheim ebenfalls Geld zur Verfügung stellen.
Geld von der Versicherung
Die evangelische Kirchengemeinde selbst freut sich weiter über Spenden. Außerdem verbuchte Kirchenpflegerin Heide Söll eine Überweisung aus der Sturmschadenversicherung. Und da ist noch der Förderverein Martinskirche, der sich unterstützend gebildet hat.
Nun ist es etwa 20 Jahre her, dass nach einem Wintersturm Schäden an den fünf großen Fenstern der Westseite entstanden waren. Der Wind pfiff durch. Mit Silikon hatten die Söhnstetter den Wind draußen halten wollen. Doch da habe man sich viel Ärger mit dem Landesdenkmalamt eingehandelt, sagten Gröner und Griasch. Also musste die Dichtmasse wieder entfernt werden. Weitere Sturmschäden folgten.
Durch Veränderungen an der vor knapp 180 Jahren im neuromanischen Stil erbauten Kirche kam es flächig, vor allem im Bereich der Fensterstürze, zum Putzabbruch. Das Mauerwerk wurde sichtbar. Auch zeigen sich massive Wasserflecken und durch Nässe aufgequollener Putz. Obwohl vor Jahren eine Trockenlegung der Fundamente erfolgreich war, fängt das Mauerwerk jetzt wieder an, Wasser zu ziehen.
Dringend erneuert werden müssen die Fenster. Eine Fachfirma in Esslingen will die Arbeiten für 20 000 Euro je Fenster übernehmen und auch die Bleiverglasung erneuern. Verworfen wurden Überlegungen, den großen Kirchenfenstern neue davorzusetzen. Aufgrund des Raumklimas würde sich oft Kondenswasser zwischen den Fenster ansammeln, das nur schwer abzuleiten wäre.
800 Plätze
Beim Bau der Kirche im Grundriss einer Basilika kam weißer Kalkstein und orangefarbener Sandstein zum Einsatz. Nachdem aus den württembergischen Herzögen Könige geworden waren, wurden die Kirchen entsprechend groß gebaut und dabei der Chorraum, in dem der Altar steht, als Zeichen von Macht und Reichtum so gestaltet wie die Apsis einer Königshalle. Dort befindet sich an der Stelle eines Altars der Thron. Die Martinskirche ist groß und hat 800 Plätze. Damals rechnete man mit einem entsprechenden Anwachsen der Einwohnerschaft und erinnerte sich, dass Gottesdienstbesuch Bürgerpflicht war.
Nachdem coronabedingt die Steuereinnahmen bei Kirchen im vorigen Jahr wegbrachen, wurde auch das Bauvorhaben gestoppt. Nun hat der Architekt das Problem, all die erforderlichen Bauarbeiten neu zu kalkulieren und entsprechend neu auszuschreiben. In der Hoffnung, dass sich dann auch Handwerker für die Aufträge interessieren, könnte sich Ulrich Griasch „gut vorstellen, dass nach den Handwerkerferien im August die Renovation starten und bis Advent 2021 abgeschlossen werden kann“.