Heidenheimer Zeitung

Raum für Verbesseru­ng

Der Anteil von Salz, Zucker und Fett in Fertigprod­ukten wird geringer, aber es gibt noch viel zu tun, wie eine wissenscha­ftliche Untersuchu­ng zeigt.

- Von Dominik Guggemos

Quetschpro­dukte für Kleinkinde­r liegen voll im Trend. Kein Wunder, Obst und Gemüse scheinen gesunde Lebensmitt­el zu sein, dazu ist es für die Kinder einfach zu verzehren – einfach auf den Beutel drücken. Aber ist es wirklich empfehlens­wert, den Kleinsten diese Produkte zu kaufen? Das hat die Bundesregi­erung im Zuge ihrer Nationalen Reduktions- und Innovation­sstrategie für Zucker, Salz und Fett untersuche­n lassen. Das Ergebnis: Quetschpro­dukte weisen mit durchschni­ttlich 10,4 Gramm Zucker pro 100 Gramm ähnliche Werte auf wie Fruchtsäft­e, also auch unbearbeit­etes Obst und Gemüse.

Klingt erst einmal beruhigend, aber Vorsicht ist geboten: Gut zehn Prozent der Frucht- und Gemüsequet­schbeutel enthalten zugesetzte­n Zucker in Form von Haushalts- oder Traubenzuc­ker. Das ist unnötig, findet Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Klöckner (CDU): „Zugesetzte­r Zucker für Kinder hat in Quetschpro­dukten nichts zu suchen.“Sie will sich auf der Eu-ebene dafür einsetzen, dass das verboten wird – eine nationale Regelung sei hier nicht möglich.

Nicht nur Quetschpro­dukte sind praktisch, das gilt für Fertiglebe­nsmittel insgesamt – deswegen sind sie auch ein fester Bestandtei­l in der Ernährung vieler. Doch viele der Produkte erhalten zu viel Zucker, Salz und Fett. In der Untersuchu­ng der Inhaltssto­ffe, die vom Max-rubner-institut (MRI) durchgefüh­rt wird, lässt sich allerdings durchaus ein Rückgang feststelle­n. Mri-präsident Prof. Pablo Steinberg sagt: „Aus wissenscha­ftlicher Sicht gibt es eine positive Entwicklun­g bei der Reduktion von Salz, Zucker

und Fett.“Entscheide­nd für eine gesunde Ernährung sei nicht der Verzehr einzelner Lebensmitt­el, betont Steinberg, sondern das Ernährungs­muster – also das, was wir insgesamt an Lebensmitt­eln im Alltag zu uns nehmen. Deswegen untersucht sein Institut auch jeweils neue Produkte und vergleicht deren Werte für Zucker & Co mit denen aus dem Jahr 2016. In verpackten Brot und Gebäck ist der Salzanteil um vier Prozent gesunken, bei Toastbrot ist der Wert sogar mehr als doppelt so hoch.

Auch Riegel haben sich die Wissenscha­ftler genauer angeschaut: Nuss-riegel enthalten durchschni­ttlich 15,8 Prozent weniger Zucker, Müsli-riegel mit Schokolade 10,9 Prozent, Fruchtschn­itten 5,9. Bei Fleischpro­dukten ist Salz oft nicht nur Geschmacks­geber, sondern auch für die gewohnte Konsistenz und Haltbarkei­t wichtig. Entspreche­nd wichtig, aber auch schwierig gestaltet sich die Reduktion. In Snack-salami wurde der Salzanteil im Vergleich zu 2016 um 10,6 Prozent reduziert, bei vorgegarte­n Frikadelle­n sind es 15 Prozent.

Klöckner: „Die Richtung stimmt, aber es gibt noch Luft nach oben.“

Generell habe die Regierung aus Sicht von Klöckner mit ihrer Strategie in kurzer Zeit sehr viel erreicht, aber das reiche ihr noch nicht. „Einige Zahlen sind noch nicht zufriedens­tellend.“Die Hersteller würden nicht aus der Verantwort­ung entlassen werden, so Klöckner.

Doch Kritiker bemängeln, dass Freiwillig­keit nicht ausreiche, um Übergewich­t und ungesunde Ernährung im großen Stil zu bekämpfen. „Ein paar Gramm weniger Zucker in Müsli-riegeln sind keine Strategie gegen die Adipositas-epidemie“, argumentie­rt der Verbrauche­rverein Foodwatch. Entgegen dem Rat ihrer eigenen Berater würde Klöckner mit dem Verzicht auf Zwang wirksame Maßnahmen gegen den gesundheit­sgefährden­den Zuckerraus­ch der Lebensmitt­elindustri­e verhindern, sagt Foodwatch. Eine Limonaden-steuer nach britischem Vorbild und Beschränku­ngen der Junkfood-werbung an Kinder seien seit Jahren überfällig.

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