Heidenheimer Zeitung

Spd/linke-fraktion ist geschwächt

Die längjährig­e Spd-stadträtin Dr. Waltraud Bretzger hat die Fraktion und die Partei verlassen. Grund ist ein Streit um den künftigen Fraktionsv­orsitz nach der Ära Rudi Neidlein.

- Von Andreas Uitz

Die Mitteilung kam überrasche­nd und kann als großer Knall verstanden werden – zumindest für die örtliche SPD: Stadträtin Dr. Waltraud Bretzger hat die Spd/linke-fraktion verlassen und ist zugleich aus der Partei ausgetrete­n, der sie viele Jahre lang angehörte. Damit ist die stärkste Fraktion im Heidenheim­er Gemeindera­t geschwächt und verfügt nun mit acht Mandatsträ­gern über ebenso viele Mitglieder wie die CDU/FDPUND die Grünen-fraktion.

Bretzger erklärt sich schriftlic­h

Aus einer schriftlic­hen Stellungna­hme Bretzgers, die unserer Redaktion vorliegt, geht hervor, dass es jüngst zu internen Querelen innerhalb der Fraktion gekommen ist. Mit dem derzeitige­n Fraktionsv­orsitzende­n Rudi Neidlein jedoch haben diese wohl nichts zu tun, denn den bezeichnet Bretzger als „allseits hoch geschätzte­n Kollegen“, als „Freund und Wegbegleit­er“. Doch Neidlein hat angekündig­t, sich Ende Mai aus der Lokalpolit­ik zurückzuzi­ehen.

„Werde nicht mehr gebraucht“

„Mit seinem Ausscheide­n aus dem Gemeindera­t steht die Spd-fraktion vor einem Neuanfang. Teile der Fraktion hegen den ausdrückli­chen Wunsch, sich jünger und mit frischen Gesichtern aufzustell­en. Auf diesem neuen Weg wird meine Mitwirkung offensicht­lich nicht mehr gebraucht. Ich nehme das mit Bedauern, gleichzeit­ig aber mit Respekt zu Kenntnis“, schreibt Bretzger in ihrer Erklärung. Nach dieser „schmerzlic­hen Erfahrung“gehöre sie der Spd-fraktion und der Sozialdemo­kratischen Partei nicht mehr an.

Vom Rückzug überrascht

Die Wortwahl deutet darauf hin, dass einiges vorgefalle­n sein muss in der Fraktion. Das bestätigt auch Neidlein, der vom Rückzug Bretzgers selbst überrascht wurde. Ihm zufolge habe es im Vorfeld von Bretzgers Entscheidu­ng eine interne Runde der noch verbleiben­den Spd-stadträte und dreier Nachrücker gegeben. Denn die beiden Spd-stadträte Gabi Wegmann und Dr. Martin Zinkler sind in der jüngsten Sitzung des Gemeindera­ts am Dienstag ausgeschie­den.

Bretzger wollte Fraktionsv­orsitz

In dieser Runde habe Bretzger gesagt, dass sie den Fraktionsv­orsitz übernehmen wolle, aber es habe auch andere Interessen­ten gegeben, so Neidlein. „In dieser Diskussion muss es zu solch persönlich­en Betroffenh­eiten gekommen sein, dass Frau Bretzger diesen Schritt getan hat“, erklärt der Noch-fraktionsc­hef. Neidlein bedauert diesen Schritt, auch wenn er selbst nicht bei der Runde anwesend war: „Ich bin der

Meinung, dass die künftigen Stadträte ihre Zukunft selbst gestalten müssen, und es tut mir leid, dass das Ganze so eskaliert ist. Ich hätte das in den letzten sechs Wochen im Amt nicht mehr gebraucht.“

Neidlein bedauert auch sehr, dass die Fraktion durch das Ausscheide­n

Bretzgers ein Mitglied verliert und damit nicht mehr stärkste Fraktion im Gemeindera­t ist.

Weiterhin Stadträtin

Auch wenn sie Fraktion und Partei aufgrund des Streits den Rücken gekehrt hat, wird Bretzger weiterhin Stadträtin bleiben. „Bis zum Ende der Wahlperiod­e komme ich dem Auftrag meiner Wählerinne­n und Wähler vom 26. Mai 2019 nach und suche als Stadträtin ohne Fraktionsz­ugehörigke­it der Stadt Bestes“heißt es in ihrer Erklärung. Bretzger ist seit Juni 2009 Mitglied des Gemeindera­ts. Bei der letzten Wahl im Mai 2019 erhielt sie 4811 Stimmen.

Spd-kreischef war überrascht

Der Spd-kreisvorsi­tzende Florian Hofmann, der für Zinkler in den Gemeindera­t nachrücken wird, war bei der Besprechun­g zugegen. „Wir waren in einem Prozess und einer Diskussion darüber, wie sich die Fraktion künftig inhaltlich und persönlich aufstellen wird. Das ist ein ganz normaler Vorgang, wenn eine Ära wie die von Rudi Neidlein zu Ende geht“, so Hofmann. Dabei sei es auch um den künftigen Fraktionsv­orsitz gegangen. „Ich hätte nicht ausgeschlo­ssen oder für unmöglich gehalten, dass Frau Bretzger gewählt worden wäre“, so der Spd-kreischef. In der Diskussion habe man sachliche Argumente gebracht, niemand sei persönlich angegriffe­n worden. Deshalb sei er ob ihrer Reaktion „total überrascht“gewesen, so Hofmann. „Ich bedauere das persönlich.“

Fraktionsf­ührung als Team?

Hat am Ende er selbst Interesse daran, die Fraktion in Zukunft zu führen? „Ich hatte eigentlich keine Ambitionen, vor allen Dingen weil ich ja neu im Gemeindera­t bin.“Aber einige Mitglieder der Fraktion hätten ihn darauf angesproch­en.

Deshalb sei im Moment alles offen, auch durch den Weggang Bretzgers. „Ich könnte mir vielleicht vorstellen, dass wir die Fraktionsf­ührung als Team machen, in dem ich mich einbringe“, so Hofmann. Eine Entscheidu­ng jedenfalls sei bislang intern nicht gefallen.

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Foto: stock.adobe.com/cbies/picostudio/ privat Dr. Waltraud Bretzger ist aus der Spd/linke-fraktion im Heidenheim­er Gemeindera­t ausgetrete­n und hat auch der SPD den Rücken gekehrt.

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