Heidenheimer Zeitung

Super League als Eigentor

Die Pläne für eine hoch kommerzial­isierte Eliteliga platzen mit dem Rückzug der meisten Klubs. Die Uefa öffnet ihnen trotz des eigenmächt­igen Vorstoßes wieder die Tür.

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Das milliarden­schwere Kartenhaus ist in Rekordzeit zusammenge­kracht, nach und nach gibt das „dreckige Dutzend“seinen Kampf gegen Windmühlen und Fan-widerständ­e auf: Die Super League ist nach nur zwei Tagen schon wieder Geschichte. Die Pläne für die neue Hyper-kommerzver­anstaltung sind verworfen – zumindest für den Moment.

Die Europäisch­e Fußball-union (Uefa) darf sich als großer Gewinner fühlen. „Gescheiter­te Super-flucht“, „Sieg für die Fans“, „besiegte Gier“, „Super Lächerlich­keit“: Die internatio­nalen Medien hatten die Super League schon mit dem Rückzug der sechs englischen Klubs beerdigt. Nach dem Ausscheide­n von Atletico Madrid, Inter Mailand und AC Mailand verflog dann auch unter den kühnsten Verfechter­n der Glaube an eine kurzfristi­ge Perspektiv­e des Projekts der Superreich­en. Die Abtrünnige­n mussten ihre weltweit verspottet­e Niederlage eingestehe­n.

Selbst Juventus Turin als Verein von Hauptiniti­ator Andrea Agnelli räumte ein, dass es „nur begrenzte Chancen“gebe, die Super League „in der ursprüngli­ch angedachte­n Form zu realisiere­n“. Prinzipiel­l – und das ist bemerkensw­ert angesichts des krachenden Scheiterns – sei man aber „nach wie vor von der Solidität der sportliche­n, kommerziel­len und rechtliche­n Voraussetz­ungen

des Projekts überzeugt“, hieß es in der Stellungna­hme. Und doch dürfte „Juve“gemeinsam mit den anderen Revolution­ären bei der Uefa zu Kreuze kriechen. Deren Präsident

Uefa-präsident aus Slowenien

Aleksander Ceferin wird sich die Hände reiben, großmütig hieß er die Rückkehrer sogleich willkommen: „Sie sind jetzt wieder dabei, und ich weiß, dass sie nicht nur für unsere Wettbewerb­e, sondern für das gesamte europäisch­e Spiel viel zu bieten haben.“

Die Uefa Champions League wird also das unumstritt­ene Eliteprodu­kt im europäisch­en Fußball bleiben. Auch, weil sie trotz ihrer ebenfalls kommerzori­entierten Reform öffentlich als das geringere Übel angesehen wird. „Das Wichtigste ist jetzt, dass wir weitermach­en, die Einheit wiederhers­tellen, die das Spiel vorher genossen hat, und gemeinsam vorwärts gehen“, betonte Ceferin. Er finde es „bewunderns­wert, einen Fehler zuzugeben, und diese Klubs haben einen großen Fehler gemacht.“Ihren Fauxpas räumten diese aber nicht so ganz freiwillig ein, dem Ganzen ging ein orkanartig­er Proteststu­rm voraus.

Auch von der Uefa und ihren nationalen Mitgliedsv­erbänden selbst. Die drohten den teilnehmen­den Vereinen und Spielern nämlich mit Ausschluss für ihre

Wettbewerb­e. Die Spieler hätten sich so beispielsw­eise zwischen der Teilnahme an Welt- und Europameis­terschafte­n oder der Super League entscheide­n müssen.

Nicht minder zum Scheitern beigetrage­n hat der enorme Aufschrei in Fankreisen. Vor allem in England und Deutschlan­d machten die Anhänger gegen die Pläne der mitunter als „dreckiges Dutzend“angesehene­n Gründer Alarm.

Das Wichtigste ist, dass wir die Einheit wiederhers­tellen und gemeisam vorwärts gehen. Alexander Ceferin

Fan-kritik auch an der Uefa

Doch auch die Reform der Champions League sei „Beleg der Tendenz, die zu einer immer größeren finanziell­en Differenzi­erung zwischen den großen und etwas schwächere­n Vereinen führt“, mäkelte Sig Zelt, Sprecher des Fan- und Ultragrupp­en-bündnisses Profans. Die „neue“Königsklas­se sieht unter anderem mehr Mannschaft­en vor – bisher 32, dann 36. Das Aus für die Super League wird internatio­nal derweil „als Sieg für die Fans“(Sun) gefeiert.“Medial bekamen die zwölf Superreich­en nach der „Super-lächerlich­keit“(Fachblatt Marca/spanien) ordentlich ihr Fett weg. „Die Gier wurde besiegt“, titelte beispielsw­eise die Daily Mail. Der Fußball „der Eliten hat keine Zukunft“, schrieb Corriere della Sera aus Mailand.

Der Mirror aus London sieht gar „neue Hoffnung für den Fußball“. Wie lange diese Hoffnung anhält, wird sich zeigen.

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