Hoher Preis fürs große Glück
Der Bundesgerichtshof entscheidet über die Klage einer unzufriedenen Kundin gegen eine Partnervermittlung. Kein einfacher Fall.
Alles beginnt im Mai 2018 mit einer Kontaktanzeige in einem Wochenblatt. Frau S. – die über ihre Geschichte nicht mit Journalisten sprechen möchte – ist damals Mitte 70 und seit Jahren allein. Wie der Inserent sich beschreibt, spricht sie an. Noch am selben Tag wählt sie die angegebene Telefonnummer. Sie ahnt nicht, dass ihr Fall drei Jahre später den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen wird. Denn Frau S. wird einer Partnervermittlung fast 8500 Euro übergeben – und es sehr schnell bereuen. Jetzt will sie ihr Geld zurück. Seit Donnerstag wird darüber in Karlsruhe in letzter Instanz verhandelt.
Damals, so wird es in den Urteilen der Vorinstanzen geschildert, geht alles sehr schnell. Die Nummer gehört der Koblenzer Agentur „Glück für Zwei“. Einen Tag später bekommt Frau S. Besuch von einem Mitarbeiter der Agentur und unterschreibt einen Vertrag: Das Institut will ihr 21 passende Kandidaten vorschlagen.
Von dem netten Herrn aus der Zeitung ist keine Rede mehr. Das Honorar beträgt 8500 Euro, mit einem kleinen Nachlass. Am nächsten Tag holt „Glück für Zwei“das Geld bei Frau S. ab, der
Bote bringt die ersten drei Partnervorschläge mit.
Frau S. kommen im Nachhinein Zweifel. Einen der vorgeschlagenen Herren trifft sie dreimal, dann will er nicht mehr. Die anderen beiden stellten sich, so S., als vergeben heraus. Eine Woche nach Vertragsschluss schickt sie „Glück für Zwei“die Kündigung.
Das Problem: Sie hat eine Vereinbarung unterschrieben, mit der sie auf ihr Kündigungsrecht verzichtet. Eigentlich können „Haustürgeschäfte“14 Tage lang widerrufen werden. Aber S. hatte auch schriftlich erklärt, dass „Glück für Zwei“direkt mit der Arbeit beginnen soll. Damit verliert sie ihr Widerrufsrecht.
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Die „Glück für Zwei Gmbh“hat für das Vorgehen ihre Gründe. Ein versprochener Lohn für „Heiratsvermittlung“kann laut Bürgerlichem Gesetzbuch nicht eingeklagt werden. „Deshalb werden die vereinbarten Beträge zeitnah gezahlt“, sagt Rechtsanwalt Markus Fischer, der die Agentur seit Jahren vertritt. Es werde immer Kunden geben, für die am Ende nicht der oder die Richtige dabei war.
Großer Aufwand betrieben
Laut Fischer betreibt „Glück für Zwei“für jeden Kunden großen Aufwand: den Hausbesuch, die individuelle Zusammenstellung des „Partnerdepots“, die persönliche
Betreuung. Deshalb der Vorschlag, die Kündigung freiwillig auszuschließen – bei Gegenleistung, versteht sich.
Frau S. zum Beispiel hatte die Option gewählt, zeitlebens kostenlos immer weiter Partnervorschläge abrufen zu können. Ob sich S. nun Hoffnungen machen kann, ihr Geld wiederzusehen, hängt vor allem von zwei Fragen ab:
Partnervermittlungsverträge zählen zu den Verträgen, die ein besonderes Vertrauensverhältnis voraussetzen. Hier gilt ein außerordentliches Kündigungsrecht, das prinzipiell nicht im Kleingedruckten ausgeschlossen werden kann. Ein Zusatzformular, wie es S. unterzeichnet hat, hat „Glück für Zwei“auch vielen anderen Kunden vorgelegt. Gehört es damit nicht zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen? Oder ist es wirklich einzeln „ausgehandelt“?
Beim Widerruf ist umstritten, wann der Vertrag voll erfüllt ist. Sobald das „Partnerdepot“erstellt ist? So sieht es die Agentur. Oder erst, wenn die Partnervorschläge tatsächlich beim Kunden sind? Von der Frage hängt ab, wie viel zurückgezahlt werden muss. Frau S. bekam unmittelbar nach ihrer Kündigung noch rasch 17 Vorschläge zugeschickt.
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