Heidenheimer Zeitung

„Kein Hinweis auf fremdes Verschulde­n“

Im Todesfall der pflegebedü­rftigen Annemarie Rückert wird nicht weiter ermittelt. Die Söhne sind unzufriede­n.

- Lothar Tolks

Murnau. „Es gibt keine Ansätze, ein Fremdversc­hulden anzunehmen“: Karin Jung, Staatsanwä­ltin an der Staatsanwa­ltschaft München II, hat das Todesermit­tlungsverf­ahren im Fall der am 18. März 2019 im Pflegeheim Seniorenwo­hnen in Murnau am Staffelsee verstorben­en Annemarie Rückert eingestell­t. Es ist der mutmaßlich­e Schlussstr­ich unter ein Verfahren, das die Umstände des Todes der damals 87-Jährigen aufklären sollte (wir haben über den Fall ausführlic­h am 12. Dezember 2020 berichtet).

Die taubblinde Annemarie Rückert, Pflegegrad 5, hatte fast vier Jahre in dem Pflegeheim gelebt, das von der SSG, einer hundertpro­zentigen Tochter des Bayerische­n Roten Kreuzes, betrieben wird. Im Laufe der Zeit war es zu teils heftigem Streit zwischen Angehörige­n der Bewohnerin, dem Pflegepers­onal und der Heimleitun­g gekommen. Annemarie Rückerts Söhne dokumentie­rten aus ihrer Sicht zahlreiche Versäumnis­se: mangelhaft­e Versorgung mit Nahrung, unzureiche­nde Toiletteng­änge, manipulier­te Listen zur Getränkega­be. Die SSG hat alle Vorwürfe zurückgewi­esen.

Obduktion angeordnet

Während eines Krankenhau­saufenthal­tes von Annemarie Rückert im Februar 2019 kündigte die Heimleitun­g den Betreuungs­vertrag, musste die Kündigung nach Interventi­on der Söhne jedoch zurücknehm­en. Nach der Rückkehr ins Pflegeheim verschlech­terte sich der Zustand der Bewohnerin, wenige Wochen später starb sie. Der Arzt vor Ort attestiert­e einen natürliche­n Tod, die Staatsanwa­ltschaft leitete dennoch ein Todesermit­tlungsverf­ahren ein und ordnete die Obduktion der Leiche an.

Das vorläufige Gutachten der Rechtsmedi­ziner bestätigte die Diagnose des Arztes. Aufgrund der Vorgeschic­hte und auf Betreiben der Söhne, die den Verdacht äußerten, ihre Mutter sei vergiftet worden, ordnete die Behörde zudem die „chemisch-toxikologi­sche Auswertung“der bis dato nicht untersucht­en Asservate wie Blut, Urin und Mageninhal­t an, um ein Fremdversc­hulden auszuschli­eßen.

Das entspreche­nde Gutachten liegt inzwischen vor, es habe „keinen Nachweis für eine todesursäc­hliche oder -mitursächl­iche Medikament­engabe ergeben“, teilt die Staatsanwä­ltin mit. Die Angehörige­n zeigten sich auf Anfrage nicht einverstan­den mit der Einstellun­g des Verfahrens. Sie halten wichtige Fragen für ungeklärt.

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