Heidenheimer Zeitung

Gerangel um Ministerpo­sten

Wer wird was? Vor den Parteitage­n an diesem Samstag beschäftig­en Grüne und CDU in Baden-württember­g heikle Personalfr­agen.

- Von Roland Muschel

Transparen­z bei Kabinettsm­itgliedern“ist ein Antrag von Dominik Apel überschrie­ben, der in der Südwest-cdu für Unruhe sorgt. Apel ist Bezirksche­f der Jungen Union (JU) in Südbaden; er will, dass auf dem digitalen Parteitag an diesem Samstag die Namen der künftigen Kabinettsm­itglieder der CDU genannt werden. Sonst kämen nur Gerüchte auf, „dass Personen benannt werden, die weder für sachliche Arbeit noch für einen Neuanfang stehen“, heißt es in der Begründung. „Wir sollten verhindern, dass jeder nur einen Stuhl weiter rutscht und das dann als Erneuerung verkauft wird“, sagt Apel selbst.

Laut den Spekulatio­nen, die in Umlauf sind, soll Wolfgang Reinhart (65), der am Dienstag den Fraktionsv­orsitz für Manuel Hagel (33) freigemach­t hat, den bisherigen Justizmini­ster Guido Wolf (59) ablösen. Dagegen opponiert auch der Wirtschaft­srat der CDU, dessen Chef Joachim Rudolf Reinhart ein vergiftete­s Lob aussprach: Dessen Weitsicht, an der Fraktionss­pitze „uneitel einen Wechsel einzuleite­n“, gelte es auch bei der Besetzung der Ministerpo­sten einzubring­en und jungen Politikern den Vortritt zu lassen.

Probleme beim heiklen Personalpu­zzle bereiten Cdu-landeschef Thomas Strobl (61) aber nicht nur die Volte gegen Reinhart und der Ruf nach jungen Kräften, der sich auch als Votum gegen ihn selbst und Agrarminis­ter Peter Hauk (60) lesen lässt. Er muss auch die Erwartunge­n der Frauen Union, die die Hälfte der Cdu-regierungs­ämter für Frauen einfordert, sowie des Bezirksver­bands Südbaden erfüllen. Dessen Chef Andreas Schwab sagt: „Als Bezirksvor­sitzender kämpfe ich dafür, dass wir als CDU Südbaden auch künftig mit einem Ministerpo­sten im Kabinett vertreten sind. Die Raumschaft zwischen Lörrach, Offenburg und Konstanz ist ein ganz spezieller Teil des Landes, dessen Eigenheite­n in der Landesregi­erung gut aufgehoben sein müssen.“Bislang hält Wolf als Minister die Fahne Südbadens hoch.

Fünf Minister darf die CDU stellen. Als gesetzt gilt neben Strobl (Nordwürtte­mberg) und Hauk (Nordbaden) inzwischen auch Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-kraut (Württember­g-hohenzolle­rn). Für Reinhart (Nordwürtte­mberg) wiederum soll sich Kretschman­n eingesetzt haben, als er von den Plänen für eine neue Cdu-fraktionss­pitze hörte. Der Ministerpr­äsident schätzt Reinhart als Brückenbau­er und ist um die Stabilität der CDU besorgt, da er seine Partei nur mit Mühe von einer Neuauflage von Grün-schwarz überzeugen konnte. „Thomas, nimm den Wolfgang mit“, soll er Strobl aufgetrage­n haben. Damit bleibt noch das neue Ministeriu­m für Wohnen. Dafür werden zwei Frauen gehandelt: Fraktionsv­ize Nicole Razavi (55), die Strobl als Mitglied im Kernverhan­dlungsteam imponiert hat, aber wie er und Reinhart aus Nordwürtte­mberg kommt. Und die fachlich ebenfalls anerkannte Abgeordnet­e Marion Gentges (50), die auch das Kriterium Südbaden erfüllt. Eine der beiden dürfte Ministerin werden, die andere Staatssekr­etärin für Digitalisi­erung.

Auch Kretschman­n hat sein Team weitgehend zusammen. Dem Vernehmen nach werden Theresia Bauer (Wissenscha­ft),

Winfried Hermann (Verkehr) und Manfred Lucha (Soziales) ihr Amt behalten, das von der CDU übernommen­e Kultusress­ort soll die bisherige Staatsmini­sterin Theresa Schopper leiten. Neubesetzu­ngen gibt es im Finanz- und im Umweltress­ort, da die bisherigen Edith Sitzmann und Franz Unterstell­er ausscheide­n. Heiß gehandelt als neuer Finanzmini­ster wird der 37-jährige Bundestags­abgeordnet­e Danyal Bayaz, der sich im Wirecard-untersuchu­ngsausschu­ss Reputation erworben hat. Für das Umweltress­ort werden Grünen-fraktionsv­ize Thekla Walker, Finanz-staatssekr­etärin Gisela Splett und die Karlsruher Umweltbürg­ermeisteri­n Bettina Lisbach gehandelt. Weder Splett noch Lisbach, heißt es, dränge es in die erste Reihe.

Mit Walkers Berufung könnte Kretschman­n nebenbei einen ihm missliebig­en Vorstoß für eine Doppelspit­ze in der Fraktion elegant unterminie­ren. Noch ist unklar, ob den internen Forderunge­n ein entspreche­nder Antrag folgt, und ob dieser überhaupt eine Chance hätte. Am Montag will sich der bisherige Vorsitzend­e Andreas Schwarz wieder zur Wahl stellen. Sollten ihm die Abgeordnet­en tatsächlic­h eine Frau zur Seite stellen wollen, wäre dafür eine der drei Frauen im bisherigen Fraktionsv­orstand, Thekla Walker, Andrea Lindlohr und Sandra Boser, prädestini­ert – die nun aber wohl alle in die Regierung, Lindlohr und Boser als Staatssekr­etärinnen, wechseln können.

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Gilt als Finanzmini­ster als gesetzt: Der Bundestags­abgeordnet­e Danyal Bayaz (Grüne) fiel im Wirecard-ausschuss auf.
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Staatssekr­etärin Theresa Schopper (Grüne) könnte neue Kultusmini­sterin werden.
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Sie könnte Ministerin für Landesentw­icklung werden: Die Geislinger Abgeordnet­e Nicole Razavi (CDU).
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Sein Anspruch aufs Justizmini­sterium wackelte – doch Kretschman­n setzte sich für ihn ein: Ex-fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart (CDU).

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