So läuft es in Heidenheims Nachbarkreisen
Kollabierende Mitarbeiter im Ulmer Uniklinikum, weiterhin Ungewissheit im Günzburger Legoland und Schulöffnungen bei den Bayern. Ein Blick auf die vergangenen Tage in der Nachbarschaft.
Wie der Kreis Heidenheim setzt nun auch der Ostalbkreis die Luca-app zur Kontaktnachverfolgung ein. „Ziel ist der möglichst weit verbreitete Einsatz der App, um der bisherigen Zettelwirtschaft bei der Kontaktdatenerfassung ein Ende zu setzen“, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts. In den eigenen Dienststellen sowie beispielsweise im Jobcenter habe man bereits die für die Nutzung notwendigen Qr-codes ausgehängt. Einzelhandel, Gastronomie und Veranstalter im Kulturbereich sollten sich ebenfalls auf den Einsatz der App vorbereiten, appelliert Landrat Joachim Bläse. Auch die Bürger ruft er zum Mitmachen auf.
Die Zahl der Neuinfektionen pro 100000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen ist im Ostalbkreis auf 215 gesunken. Vor einer Woche lag der Inzidenzwert noch bei 258. Am Aalener Theater hofft man nun, dass die Inzidenz schon bald sogar unter 100 liegen wird. Dann nämlich werde vieles möglich sein – und die Pläne für die Sommermonate könnten in die Tat umgesetzt werden. Wie die „Aalener Nachrichten“schreiben, sollen ab Ende Mai Veranstaltungen unter dem Motto „Planet der Herzen“stattfinden, darunter beispielsweise ein Auto-theater, das die Zuschauer von ihren Autos aus via Radio verfolgen können.
Das Alter der Patienten sinkt
Anders als in den ersten beiden Wellen der Pandemie sind nach einem Bericht der „Südwest Presse“die im Uniklinikum Ulm zu versorgenden Patienten deutlich jünger. Bei Intensivpatienten liege das Durchschnittsalter bei unter 50 Jahren. Inoffiziell sei von Pflegenden zu erfahren, dass es sich bei den aktuell am UKU behandelten Patienten überwiegend um Menschen aus ökonomisch ärmeren Schichten handele. Der Migrantenanteil liege bei 70 bis 80 Prozent. Eine Krankenschwester wird so zitiert: „Es erwischt vor allem Menschen, die zu Hause beengt mit vielen anderen wohnen, tagsüber einen Fließband-job haben und mit dem öffentlichen Nahverkehr zur Arbeit fahren.“
Auf vielen Covid-stationen ist die Situation in der dritten Welle prekär. Pflegekräfte des Uniklinikums Ulm klagen über permanente Überlastung, schlechtes Management und mangelnde Wertschätzung. Ein zentraler Vorwurf trifft laut einem Bericht der „Südwest Presse“die Pflegedienstleitung sowie die „Task Force Corona“des Uniklinikums, in der vorwiegend Leute aus dem Management säßen, „die vom Alltag auf Station null Ahnung haben“, wie es eine Pflegende ausdrückte.
Pro Schicht sind laut der „Südwest Presse“am Uniklinikum im Schnitt 20 Pflegekräfte im Einsatz, um mehr als 40 schwerkranke Covid-patienten zu versorgen. Pflegekräfte beklagen eine Unterbesetzung. Weil invasive Beatmungspatienten eine extrem aufwendige Eins-zu-eins-versorgung benötigen, sei das Stressniveau „unerträglich“. An manchen Tagen komme man in acht Stunden nicht dazu, etwas zu trinken oder auf die Toilette zu gehen. Zwei Klinikmitarbeiter seien in den vergangenen Wochen während der Arbeit kollabiert. Die Leitung der Uniklinik weist alle erhobenen Vorwürfe zurück. Es handle sich um die Wahrnehmung einzelner Pflegekräfte.
Weniger Betrieb als auf den Intensivstationen ist dagegen im Ulmer Impfzentrum in den nächsten Wochen zu erwarten. Der Grund: Die Menge der Impfdosen für Ulm wird laut einem Bericht der „Südwest Presse“um die Hälfte reduziert. Statt 24 000 werden es nur 12 000 wöchentlich sein. Die Folge: „Wir wissen nicht, ob wir demnächst Termine absagen müssen“, wird Hagen Feucht, zuständig für die Organisation des Impfzentrums, zitiert. Ziel sei es, noch eine Woche durchzuhalten und alle gebuchten Termine abzuarbeiten. Bevor man Termine absage, werde man zunächst keine Ersttermine mehr einstellen. Woher der Mangel kommt, ist nicht klar. So schob Sozialminister Manne Lucha zwar dem Bundesgesundheitsministerium den Schwarzen Peter zu: Es liefere zu wenig. Gleichzeitig kündigte der Minister jedoch an, dass die Arztpraxen Anfang Juni drei Millionen Impfdosen Biontech erhalten sollen.
Die Impfungen zeigen Wirkung
Wer im Impfzentrum Ulm für die kommenden Wochen bereits einen Termin gebucht hat, muss nichts unternehmen. Sollte der Termin nicht stattfinden, bekommt man Nachricht vom Impfzentrum. Entweder via E-mail oder telefonisch. Unter keinen Umständen sollte man beim Impfzentrum anrufen oder mailen. Denn wie lange im Voraus abgesagt werde, sei derzeit noch nicht klar. Die Sieben-tage-inzidenz lag am Freitag in Ulm bei 204 (Vorwoche: 260); im Alb-donau-kreis bei 181 (201).
Die Intensivkapazitäten in den Alb-fils-kliniken im Kreis Göppingen sind nach einem Bericht der „Neuen Württembergischen Zeitung“ebenfalls nahezu erschöpft. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die Impfungen zeigen Wirkung. „Über 80-Jährige haben wir nur noch ganz selten“, so Chefarzt Martin Bommer. Derzeit werden hauptsächlich 50bis 70-Jährige auf der Intensivstation behandelt, die noch nicht geimpft sind. Auch der Großteil der Covid-patienten in den Alb-filskliniken hat laut dem Arzt einen Migrationshintergrund, „diese Menschen sind der deutschen Sprache kaum mächtig, wir brauchen da immer einen Dolmetscher“, wird er zitiert. Der Chefarzt sieht den Grund in fehlender Information, das Einhalten der Corona-regeln sei „nicht immer so, wie man sich das wünscht“. Auf die Bevölkerungsgruppe müsse man daher gezielt zugehen. „Das ist ein Problem, das nicht wegzudiskutieren ist.“Die Sieben-tage-inzidenz im Kreis Göppingen lag am Freitag bei 223 (255).
Im Kreis Dillingen, wo die Inzidenz Stand Freitag bei 85 (155) liegt, sind am Donnerstag Erleichterungen in Kraft getreten. So ist nun beispielsweise das Einkaufen nach Terminvereinbarung wieder möglich, sofern die Kunden einen negativen Corona-test vorweisen können oder bereits vollständig geimpft sind. An den Grund- und Förderschulen ergeben sich ab dem kommenden Montag ebenfalls Veränderungen, weil die Inzidenz fünf Tage lang unter 165 Neuinfektionen pro 100000 Einwohnern liegt. Auch für Erst- bis Drittklässler ist dann wieder Präsenzunterricht angesagt – je nach Platzverhältnissen im Wechselunterricht oder mit der gesamten Klasse.
Trotz des gesunkenen Inzidenzwerts und der damit verbundenen Hoffnung, dass nun wieder mehr Normalität einkehrt, betont Landrat Leo Schrell die konsequente Einhaltung der Hygieneregeln. Nur wenn man das Inzidenz-niveau halten kann, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts, könnten weitere Öffnungen, etwa Außengastronomie, Kinos und Theater, möglich werden.
Im Kreis Donau-ries ist der Inzidenzwert zwar noch nicht so stark gesunken wie bei den Dillinger Nachbarn, allerdings liegt er deutlich niedriger als im Kreis Heidenheim. Stand Freitag verzeichnet man 117 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und sieben Tage (215). Laut aktuellem Plan sollen daher die Grundschulen auch im Donau-ries ab Montag wieder öffnen dürfen. An weiterführenden und beruflichen Schulen hingegen bleibt es allerdings bei Distanzunterricht. Ausgenommen sind davon weiterhin die Abschlussklassen.
Hoteliers schöpfen Hoffnung
Für große Erleichterung sorgt im Donau-ries auch eine Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder: Hotels sollen ab Pfingsten wieder öffnen dürfen, sollte die Inzidenz bis dahin dauerhaft unter 100 Neuinfektionen sinken. Wie die „Donauwörther Zeitung“berichtet, sehen die Hoteliers endlich wieder eine Perspektive.
Im Kreis Günzburg hat sich in den vergangenen sieben Tagen nur wenig getan bei der Zahl der Neuinfektionen. Mal lag die Inzidenz knapp unter 200, mal darüber. Stand Freitag lag der Wert bei 194 (196). Um in den Genuss von Erleichterungen zu kommen, muss sich also noch etwas tun. Und so bleibt auch die Perspektive fürs Legoland ungewiss. Wie die „Günzburger Zeitung“berichtet, ist der hiesige Freizeitpark inzwischen der einzige unter den weltweit insgesamt neun Legolandparks, der noch keine Gäste empfangen darf.