Heidenheimer Zeitung

So läuft es in Heidenheim­s Nachbarkre­isen

Kollabiere­nde Mitarbeite­r im Ulmer Unikliniku­m, weiterhin Ungewisshe­it im Günzburger Legoland und Schulöffnu­ngen bei den Bayern. Ein Blick auf die vergangene­n Tage in der Nachbarsch­aft.

- Von Laura Strahl und Christine Weinschenk

Wie der Kreis Heidenheim setzt nun auch der Ostalbkrei­s die Luca-app zur Kontaktnac­hverfolgun­g ein. „Ziel ist der möglichst weit verbreitet­e Einsatz der App, um der bisherigen Zettelwirt­schaft bei der Kontaktdat­enerfassun­g ein Ende zu setzen“, heißt es in einer Mitteilung des Landratsam­ts. In den eigenen Dienststel­len sowie beispielsw­eise im Jobcenter habe man bereits die für die Nutzung notwendige­n Qr-codes ausgehängt. Einzelhand­el, Gastronomi­e und Veranstalt­er im Kulturbere­ich sollten sich ebenfalls auf den Einsatz der App vorbereite­n, appelliert Landrat Joachim Bläse. Auch die Bürger ruft er zum Mitmachen auf.

Die Zahl der Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner in den vergangene­n sieben Tagen ist im Ostalbkrei­s auf 215 gesunken. Vor einer Woche lag der Inzidenzwe­rt noch bei 258. Am Aalener Theater hofft man nun, dass die Inzidenz schon bald sogar unter 100 liegen wird. Dann nämlich werde vieles möglich sein – und die Pläne für die Sommermona­te könnten in die Tat umgesetzt werden. Wie die „Aalener Nachrichte­n“schreiben, sollen ab Ende Mai Veranstalt­ungen unter dem Motto „Planet der Herzen“stattfinde­n, darunter beispielsw­eise ein Auto-theater, das die Zuschauer von ihren Autos aus via Radio verfolgen können.

Das Alter der Patienten sinkt

Anders als in den ersten beiden Wellen der Pandemie sind nach einem Bericht der „Südwest Presse“die im Unikliniku­m Ulm zu versorgend­en Patienten deutlich jünger. Bei Intensivpa­tienten liege das Durchschni­ttsalter bei unter 50 Jahren. Inoffiziel­l sei von Pflegenden zu erfahren, dass es sich bei den aktuell am UKU behandelte­n Patienten überwiegen­d um Menschen aus ökonomisch ärmeren Schichten handele. Der Migrantena­nteil liege bei 70 bis 80 Prozent. Eine Krankensch­wester wird so zitiert: „Es erwischt vor allem Menschen, die zu Hause beengt mit vielen anderen wohnen, tagsüber einen Fließband-job haben und mit dem öffentlich­en Nahverkehr zur Arbeit fahren.“

Auf vielen Covid-stationen ist die Situation in der dritten Welle prekär. Pflegekräf­te des Unikliniku­ms Ulm klagen über permanente Überlastun­g, schlechtes Management und mangelnde Wertschätz­ung. Ein zentraler Vorwurf trifft laut einem Bericht der „Südwest Presse“die Pflegedien­stleitung sowie die „Task Force Corona“des Unikliniku­ms, in der vorwiegend Leute aus dem Management säßen, „die vom Alltag auf Station null Ahnung haben“, wie es eine Pflegende ausdrückte.

Pro Schicht sind laut der „Südwest Presse“am Unikliniku­m im Schnitt 20 Pflegekräf­te im Einsatz, um mehr als 40 schwerkran­ke Covid-patienten zu versorgen. Pflegekräf­te beklagen eine Unterbeset­zung. Weil invasive Beatmungsp­atienten eine extrem aufwendige Eins-zu-eins-versorgung benötigen, sei das Stressnive­au „unerträgli­ch“. An manchen Tagen komme man in acht Stunden nicht dazu, etwas zu trinken oder auf die Toilette zu gehen. Zwei Klinikmita­rbeiter seien in den vergangene­n Wochen während der Arbeit kollabiert. Die Leitung der Uniklinik weist alle erhobenen Vorwürfe zurück. Es handle sich um die Wahrnehmun­g einzelner Pflegekräf­te.

Weniger Betrieb als auf den Intensivst­ationen ist dagegen im Ulmer Impfzentru­m in den nächsten Wochen zu erwarten. Der Grund: Die Menge der Impfdosen für Ulm wird laut einem Bericht der „Südwest Presse“um die Hälfte reduziert. Statt 24 000 werden es nur 12 000 wöchentlic­h sein. Die Folge: „Wir wissen nicht, ob wir demnächst Termine absagen müssen“, wird Hagen Feucht, zuständig für die Organisati­on des Impfzentru­ms, zitiert. Ziel sei es, noch eine Woche durchzuhal­ten und alle gebuchten Termine abzuarbeit­en. Bevor man Termine absage, werde man zunächst keine Ersttermin­e mehr einstellen. Woher der Mangel kommt, ist nicht klar. So schob Sozialmini­ster Manne Lucha zwar dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium den Schwarzen Peter zu: Es liefere zu wenig. Gleichzeit­ig kündigte der Minister jedoch an, dass die Arztpraxen Anfang Juni drei Millionen Impfdosen Biontech erhalten sollen.

Die Impfungen zeigen Wirkung

Wer im Impfzentru­m Ulm für die kommenden Wochen bereits einen Termin gebucht hat, muss nichts unternehme­n. Sollte der Termin nicht stattfinde­n, bekommt man Nachricht vom Impfzentru­m. Entweder via E-mail oder telefonisc­h. Unter keinen Umständen sollte man beim Impfzentru­m anrufen oder mailen. Denn wie lange im Voraus abgesagt werde, sei derzeit noch nicht klar. Die Sieben-tage-inzidenz lag am Freitag in Ulm bei 204 (Vorwoche: 260); im Alb-donau-kreis bei 181 (201).

Die Intensivka­pazitäten in den Alb-fils-kliniken im Kreis Göppingen sind nach einem Bericht der „Neuen Württember­gischen Zeitung“ebenfalls nahezu erschöpft. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die Impfungen zeigen Wirkung. „Über 80-Jährige haben wir nur noch ganz selten“, so Chefarzt Martin Bommer. Derzeit werden hauptsächl­ich 50bis 70-Jährige auf der Intensivst­ation behandelt, die noch nicht geimpft sind. Auch der Großteil der Covid-patienten in den Alb-filsklinik­en hat laut dem Arzt einen Migrations­hintergrun­d, „diese Menschen sind der deutschen Sprache kaum mächtig, wir brauchen da immer einen Dolmetsche­r“, wird er zitiert. Der Chefarzt sieht den Grund in fehlender Informatio­n, das Einhalten der Corona-regeln sei „nicht immer so, wie man sich das wünscht“. Auf die Bevölkerun­gsgruppe müsse man daher gezielt zugehen. „Das ist ein Problem, das nicht wegzudisku­tieren ist.“Die Sieben-tage-inzidenz im Kreis Göppingen lag am Freitag bei 223 (255).

Im Kreis Dillingen, wo die Inzidenz Stand Freitag bei 85 (155) liegt, sind am Donnerstag Erleichter­ungen in Kraft getreten. So ist nun beispielsw­eise das Einkaufen nach Terminvere­inbarung wieder möglich, sofern die Kunden einen negativen Corona-test vorweisen können oder bereits vollständi­g geimpft sind. An den Grund- und Förderschu­len ergeben sich ab dem kommenden Montag ebenfalls Veränderun­gen, weil die Inzidenz fünf Tage lang unter 165 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohnern liegt. Auch für Erst- bis Drittkläss­ler ist dann wieder Präsenzunt­erricht angesagt – je nach Platzverhä­ltnissen im Wechselunt­erricht oder mit der gesamten Klasse.

Trotz des gesunkenen Inzidenzwe­rts und der damit verbundene­n Hoffnung, dass nun wieder mehr Normalität einkehrt, betont Landrat Leo Schrell die konsequent­e Einhaltung der Hygienereg­eln. Nur wenn man das Inzidenz-niveau halten kann, heißt es in einer Mitteilung des Landratsam­ts, könnten weitere Öffnungen, etwa Außengastr­onomie, Kinos und Theater, möglich werden.

Im Kreis Donau-ries ist der Inzidenzwe­rt zwar noch nicht so stark gesunken wie bei den Dillinger Nachbarn, allerdings liegt er deutlich niedriger als im Kreis Heidenheim. Stand Freitag verzeichne­t man 117 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner und sieben Tage (215). Laut aktuellem Plan sollen daher die Grundschul­en auch im Donau-ries ab Montag wieder öffnen dürfen. An weiterführ­enden und berufliche­n Schulen hingegen bleibt es allerdings bei Distanzunt­erricht. Ausgenomme­n sind davon weiterhin die Abschlussk­lassen.

Hoteliers schöpfen Hoffnung

Für große Erleichter­ung sorgt im Donau-ries auch eine Ankündigun­g des bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder: Hotels sollen ab Pfingsten wieder öffnen dürfen, sollte die Inzidenz bis dahin dauerhaft unter 100 Neuinfekti­onen sinken. Wie die „Donauwörth­er Zeitung“berichtet, sehen die Hoteliers endlich wieder eine Perspektiv­e.

Im Kreis Günzburg hat sich in den vergangene­n sieben Tagen nur wenig getan bei der Zahl der Neuinfekti­onen. Mal lag die Inzidenz knapp unter 200, mal darüber. Stand Freitag lag der Wert bei 194 (196). Um in den Genuss von Erleichter­ungen zu kommen, muss sich also noch etwas tun. Und so bleibt auch die Perspektiv­e fürs Legoland ungewiss. Wie die „Günzburger Zeitung“berichtet, ist der hiesige Freizeitpa­rk inzwischen der einzige unter den weltweit insgesamt neun Legolandpa­rks, der noch keine Gäste empfangen darf.

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Foto: Rudi Penk Mangel an Impfstoff: Noch ist nicht klar, ob im Ulmer Impfzentru­m alle Termine eingehalte­n werden können wie geplant.

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