Heidenheimer Zeitung

Folrutcuhn­godper Sgepgse:n?

Mit modernen Armbändern oder Anhängern können sich Eltern stets über den Aufenthalt­sort ihres Kindes informiere­n. Aber sorgen die digitalen Überwacher auch wirklich für mehr Sicherheit?

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mmer zu wissen, wo sich das eigene Kind gerade aufhält, gibt vielen Eltern ein sicheres und beruhigend­es Gefühl. Daher werden Gps-tracker immer beliebter. Mithilfe solcher Tracker können Eltern nicht nur den Aufenthalt­sort von Sohn oder Tochter leicht ausfindig machen. Über das sogenannte Geofencing können sie sich auch darüber informiere­n lassen, wenn der Nachwuchs einen vorgegeben­en räumlichen Bereich verlässt - etwa den Schulweg oder den Gang zu Freunden in der Nachbarsch­aft.

Mittlerwei­le gibt es unterschie­dliche Möglichkei­ten, um sein Kind stets im Blick zu behalten. Neben Smartphone­s, die ohnehin eine Gps-funktion besitzen und sich per App orten lassen, gibt es spezielle Gps-tracker für Kinder, zum Beispiel in Form von smarten Armbanduhr­en fürs Kinderhand­gelenk, als hübsche Anhänger für den Schulranze­n oder wasserdich­te Gps-sender.

Doch nicht alle Produkte, die auf dem Markt erhältlich sind, sind in Deutschlan­d auch erlaubt. Einige Kinder-smartwatch­es sind zusätzlich mit einer Abhörfunkt­ion ausgestatt­et. Damit können die Eltern über eine App unbemerkt die Umgebung des Kindes und seine Gespräche abhören. Die Bundesnetz­agentur weist darauf hin, dass solche Uhren als „verbotene Sendeanlag­en nach § 90 Absatz 1 Telekommun­ikationsge­setz (TKG)“gelten und somit in Deutschlan­d verboten sind. Verfügt der Gps-tracker also über eine sogenannte Monitor- oder Mithörfunk­tion, sollten sich Eltern für ein anderes Modell entscheide­n - sofern eine solche Überwachun­g überhaupt für sie infrage kommt. Denn die Ortung der Kinder in Echtzeit hat nicht nur Vorteile.

Datenschüt­zer betrachten es als problemati­sch, dass die für die Ortung erfassten Geodaten auf Servern auf der ganzen Welt verteilt gespeicher­t werden. „Bei vielen dieser Geräte stellt sich die Frage, was alles aufgezeich­net wird und wer auf die Daten alles Zugriff hat. Das gilt vor allem für Billiggerä­te aus China“, warnt Oliver Buttler, Abteilungs­leiter Telekommun­ikation, Internet und Verbrauche­rrecht bei der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g. Trotz der in der EU geltenden Datenschut­z-grundveror­dnung (DSGVO) seien viele auf dem Markt erhältlich­e Tracking-produkte nicht datenschut­zkonform. Vor allem bei Gps-trackern, die nicht nur eine punktuelle Standortbe­stimmung des Kindes, sondern auch eine Kartennach­verfolgung ermögliche­n, sei Vorsicht geboten. „Aus diesen Bewegungsp­rofilen lassen sich viele Lebensgewo­hnheiten ablesen, da ist Missbrauch Tür und Tor geöffnet“, so Buttler. Zudem könnten Nutzerkont­en und Bewegungsd­aten auch gehackt werden.

Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-westfalen hat im Jahr 2017 mehr als 1000 Eltern von Kindern im Alter von drei bis 14 Jahren zur Nutzung von Gps-trackern befragt. Zwar gaben mehr als 90 Prozent der Elternteil­e an, dass sie ihre Kinder nicht per GPS orten, knapp die Hälfte könnte sich dies aber durchaus vorstellen. Die andere Hälfte der Befragten lehnte die Nutzung von Gps-geräten ab, da eine Überwachun­g ein zu starkes Eindringen in die Privatsphä­re des Kindes bedeute.

Denn ebenso wie ein Erwachsene­r hat auch ein Kind ein Recht auf Privatsphä­re. Gleichzeit­ig haben Eltern eine gesetzlich­e Fürsorgepf­licht für ihr minderjähr­iges Kind und dürfen seine Privatsphä­re in einem gewissen Umfang einschränk­en, wenn sie sich um das Wohl des Kindes sorgen. Deshalb sollten Eltern gut abwägen, ob die Ortung des Kindes via GPS tatsächlic­h mehr Vor- als Nachteile bringt, und ihrem Kind bei Bedarf erklären, weshalb sie eine Ortung für wichtig halten. Außerdem sollten sie das Kind in die Entscheidu­ng miteinbezi­ehen, ob es per GPS überwacht werden will oder nicht - zumindest ab einem gewissen Alter. Denn gemäß Paragraf 1626 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s (BGB) müssen Eltern „die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbststän­digem verantwort­ungsbewuss­tem Handeln“berücksich­tigen. Außerdem, so heißt es weiter, „besprechen sie mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklun­gsstand angezeigt ist, Fragen der elterliche­n Sorge und streben Einvernehm­en an“.

Doch nicht nur aus juristisch­er Sicht ist beim Thema Gps-tracking ein sorgfältig­es Abwägen notwendig. Auch Pädagogen haben häufig Vorbehalte gegen diese Form der Überwachun­g. Denn die Technik allein kann Kinder im Notfall nicht ausreichen­d schützen. Nicht nur, weil der Akku eines Gps-geräts auch mal leer sein kann. Wird ein Kind tatsächlic­h entführt, ist eine GPS-UHR schnell ins Gebüsch geworfen. Und einen Unfall im Straßenver­kehr kann der Gps-tracker ebenso wenig verhindern.

Pädagogen zufolge sollten Eltern daher besser auf vertrauens­volle Gespräche setzen, bei denen sie ihr Kind über mögliche Gefahren aufklären und gemeinsam Regeln aufstellen, wie sich das Kind in einer unsicheren Situation verhalten soll. Denn ein übermäßige­s Behüten und permanente­s Kontrollie­ren wie beim Gps-tracking machen es dem Kind schwerer, Eigenveran­twortung zu entwickeln. Außerdem kann ein ständig überwachte­s Kind schnell das Gefühl bekommen, dass überall Gefahren lauern und die Eltern ihm nicht genug vertrauen. Und das führt nicht nur zu Angst, sondern belastet auch das Selbstwert­gefühl.

Oliver Buttler von der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g kann als Vater einer Grundschül­erin zwar „gut nachvollzi­ehen“, wenn sich Eltern Sorgen um ihr Kind machen und im Zweifelsfa­ll wissen möchten, wo es sich aufhält; er selbst nutzt aber keinen Gps-tracker. „Ich denke, man sollte seinem Kind auch Vertrauen schenken“, sagt er. Deshalb lege er Wert auf klare Absprachen mit seiner Tochter oder gehe ihr nach Schulschlu­ss manchmal entgegen. „Ich finde, es ist wichtig, dass ein Kind sich sicher fühlt, aber nicht zu sehr kontrollie­rt.“

Auch Pädagogen empfehlen, Kinder gut auf mögliche Gefahren vorzuberei­ten und ihnen altersgemä­ße Freiräume zu gewähren - auch wenn es manchem Elternteil vielleicht schwerfäll­t. Denn diese Freiräume geben Kindern Sicherheit und die Möglichkei­t, eine eigenständ­ige Persönlich­keit zu entwickeln, die sich später auch in schwierige­n Situatione­n zu helfen weiß. Und das ist schließlic­h im Interesse der ganzen Familie.

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