Heidenheimer Zeitung

Pandemie ist, wenn nur noch Fortnite bleibt ....

-

Jede Krise hat ihre Verlierer und ihre Gewinner, es zeigen sich Stärken und Schwächen einer Gesellscha­ft. Viel wird über die Verlierer und die Schwächen gesprochen. Dabei fällt einiges hinten runter: dass wir eine wohlhabend­e Gesellscha­ft sind, dass sie offen ist für Kritik, die laut geäußert werden kann. Dass es sehr viel gegenseiti­ge Unterstütz­ung gibt. Dass es ein starkes finanziell­es Netz gibt, zu dem jeder und jede durch Steuern beiträgt etc.

Und es gibt Gewinner, die ich nicht so gut finde: Epicgames, Netflix, Whatsapp etc. Ihre Kunden sind auch unsere Kinder. Seit Monaten verdienen die Hersteller der Computersp­iele und Messengers im großen Stil – auch an unseren Kindern, die oft genug davor „geparkt“werden müssen. Deren Spiele sind von (erwachsene­n) Psychologe­n auf Abhängigke­it und Bindung getrimmt. Andere Erwachsene zeigen bei Youtube, wie elterliche Kontroll-programme gehackt werden können. Was in der Pandemie deutlich wird: Wir können oft nicht anders.

Da ist keine Großfamili­e mehr, mit vielen Kindern und mehreren Erwachsene­n. Da ist oft kein Sinn mehr für Spiel in der Natur, das es mit „Fortnite“aufnimmt. Da ist oft wenig Begeisteru­ng für Natur und Hobby. Was deutlich wird, ist die Erosion von Tiefe, von Stille und Transzende­nz, von etwas, das bleibt und trägt, auch wenn Konsum, Kino und Spaß wegfallen.

Wie wertvoll die einfachen Grundlagen eines spirituell­en Lebens sind, merken wir gerade jetzt und gerade im Umgang mit unseren Kindern: Zusammenha­lt, der auch gern über die übliche Kleinfamil­ie hinausgehe­n darf, Vertrauen in etwas oder jemanden, das mich übersteigt und selbst dann noch Sinn geben kann, wenn scheinbar nur noch „Netflix und Fortnite“bleiben, Rituale und Gebete, die eine warme Hülle schaffen können, Orte der Stille schaffen, eine Kultur der Selbstbesc­häftigung, die uns frei und kreativ macht etc..

Vielleicht können wir uns dieser Frage nach der Pandemie stellen: Wo soll es anders – auch für unsere Kinder – weitergehe­n. Gabriele Kraatz, katholisch­e Theologin und Dekanatsre­ferentin Heidenheim

 ?? Foto: Veronica Garavaglia - stock.adobe.com ??
Foto: Veronica Garavaglia - stock.adobe.com

Newspapers in German

Newspapers from Germany