Infektionszahlen gehen leicht zurück
Noch immer sind die Inzidenzwerte im Kreis Heidenheim sehr hoch. Der Leiter des Gesundheitsamts sieht die Haupt-ansteckungsquellen in den Familien und hofft auf die kommenden Wochen.
Im Kreis Heidenheim sind die Corona-inzidenzzahlen nach wie vor überdurchschnittlich hoch, aber sie stagnieren.
Es scheint, als würde die dritte Welle der Coronapandemie in Deutschland allmählich abebben. Nahezu täglich ist von einem Rückgang der Neuinfektionen und der Inzidenzwerte die Rede. Dieser so entscheidende Wert lag gestern bundesweit noch bei knapp über 130. Doch im Kreis Heidenheim scheint sich diese Entspannung der Lage noch nicht so richtig zu zeigen. Noch immer liegt die Inzidenz deutlich über 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen.
Zeitweise dunkelrotes Cluster
„Auch hier im Landkreis Heidenheim ist ein Rückgang zu verzeichnen, vor rund einer Woche hatten wir einen Höchstwert von über 280“, sagt der Leiter des Fachbereichs Gesundheit am Landratsamt, Christoph Bauer. Allerdings seien die Zahlen in ganz Baden-württemberg zu Beginn der dritten Corona-welle sehr stark angestiegen, so auch im Kreis Heidenheim. „Das Land war zeitweise ein dunkelrotes Cluster, bei uns war es etwas dunkler als anderswo.“Momentan stagnierten die Zahlen, die Zahl der Fälle sei rückläufig. „Wir sind hier einfach auf einem höheren Niveau gestartet“, erklärt Bauer.
Doch woher kommen die vielen Infektionen, wie wird das Virus derzeit verbreitet? Für Bauer ist die Antwort klar: „Von der dritten Corona-welle sind insbesondere die Familien betroffen.“Das liege auch daran, dass die britische Variante des Virus erheblich ansteckender ist, „das bedeutet, wenn einer in der Familie infiziert ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er Familienmitglieder ansteckt, deutlich größer.“
Deutlich weniger Kontakte
Interessant in diesem Zusammenhang sind auch Zahlen, die diese Aussage untermauern. Bauer zufolge waren am Sonntag, 18 Uhr, 1186 Menschen im Kreis Heidenheim an Corona erkrankt und damit in Isolation oder standen unter Quarantäne. Von diesen waren 636 erkrankt, das bedeutet, dass die Zahl der Kontaktpersonen, die unter Quarantäne stand, mit 550 niedriger war. „In der zweiten Welle hatten wir ein Verhältnis von 1:10, also pro Infiziertem waren zehn in Quarantäne“, so Bauer. Auch das zeige, dass sich die Menschen in erster Linie in den Familien infizieren.
Leiter des Gesundheitsamts
Das Testsystem sei inzwischen so perfektioniert, dass, wer in Quarantäne muss, sofort einen Abstrich erhält. Außerdem würden am zwölften Tag der Quarantäne Entlassabstriche gemacht, um noch einmal prüfen zu können, ob eine Infektion vorliegt. „Wir versuchen, die Infektionsketten so gut und so früh wie möglich abzuschneiden“, betont Bauer. Damit sei man auch recht erfolgreich.
Personell gut aufgestellt
Dass es nicht immer einfach ist, diese Ketten nachzuverfolgen, räumt auch der Fachbereichsleiter ein: „Die Menschen haben in 14 Monaten Pandemie gelernt, wie sie auf Fragen nach Kontaktpersonen antworten müssen, wenn sie Quarantäne vermeiden wollen.“
Natürlich versuchten die Mitarbeiter und Helfer des Gesundheitsamts, den Aussagen über die Plausibilität nachzugehen und nachzufragen, „aber wir sind keine Kriminalisten“. Personell sei man im Kreis Heidenheim aktuell, auch durch Unterstützung von Seiten der Bundeswehr, so gut ausgestattet, dass eine Nachverfolgung
möglich ist. Im Kernbereich arbeiten zwischen 80 und 100 Personen daran, darüber hinaus gibt es Christoph Bauer zufolge noch Zuarbeit aus anderen Bereichen des Landratsamts.
Gibt es Personen- oder Altersgruppen, die in der dritten Corona-welle besonders gefährdet sind, sich anzustecken? „Klar ist, dass Menschen, die im Homeoffice arbeiten, weniger Gefahr laufen als jene, die jeden Tag zur Arbeit ans Fließband müssen“, sagt Bauer. Oftmals bestehe dann nämlich nicht nur am Arbeitsplatz die Gefahr, sich zu infizieren, sondern auch in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Sehr viele Tests
Auch einen sozioökonomischen Faktor kann und will Bauer nicht ausschließen. Will heißen, dass Menschen, die mit mehreren Personen in einer beengten Wohnung leben, sich schneller anstecken können als Menschen, die im
Privatbereich Platz haben, um sich auszuweichen.
In wieweit die Zahl der CoronaTests eine Rolle für den Inzidenzwert spielt, lässt sich schwer sagen. Fakt ist Bauer zufolge, dass aktuell mehr als 10 000 Tests pro Woche im Landkreis gemacht werden. Daran hätten die kommunalen Testzentren ebenso Anteil wie Apotheken, Arztpraxen und private Anbieter. „All das hilft uns natürlich, die Lage in den Griff zu bekommen, aber das einzige, was wirklich für ein Ende sorgen könnte, sind Impfungen. Alles andere sind Brücken“, sagt der Fachbereichsleiter.
Arbeiten an Öffnungsstrategie
Die Ziele, die sich die Mitarbeiter des Gesundheitsamts gesetzt haben, sind ebenso klar wie selbstverständlich: „Wir müssen runter mit der Inzidenz“, so Bauer. Parallel zu all den Bemühungen, das Ziel zu erreichen, wird schon daran gearbeitet, schrittweise Öffnungen vorzubereiten. „Natürlich hoffen wir, dass wir auch im Landkreis Heidenheim bald bei Zahlen unterhalb der 100 sind und dann müssen wir vorbereitet sein. Jeder Mensch sehnt sich nach mehr Normalität, das ist jetzt alles eine Frage der Geduld, und ich hoffe, dass sich die Lage in wenigen Wochen deutlich entspannt haben wird“, sagt Bauer.
Wir sind im Kreis Heidenheim einfach auf einem höheren Niveau gestartet. Christoph Bauer