Heidenheimer Zeitung

Köpfe für neue Politik?

- Roland Muschel zum Kabinett der Landesregi­erung leitartike­l@swp.de

Vor fünf Jahren hatte Cdu-landeschef Thomas Strobl mit der Benennung der Unternehme­rin Nicole Hoffmeiste­r-kraut als Wirtschaft­sministeri­n einen Coup gelandet. Diesmal überrascht der 61-Jährige mit dem Gesamttabl­eau: Erstmals bietet die CDU mehr Ministerin­nen als Minister auf. Nimmt man den Wechsel an der Spitze der Fraktion, die nun der 33-jährige Manuel Hagel führt, und die neue, genauso junge Cdu-generalsek­retärin Isabell Huber mit in den Blick, so hat Strobl die von der Basis geforderte Erneuerung geliefert. Damit nimmt sich der 61-Jährige auch selbst aus der Schusslini­e.

Den stärksten Akzent setzt der grüne Regierungs­chef Winfried Kretschman­n mit dem Finanzmini­ster. Wenn sich der 37-jährige Danyal Bayaz an der zentralen Schaltstel­le bewährt, steigt er automatisc­h in den kleinen Kreis möglicher Kretschman­n-nachfolger auf. Bislang gilt der mit einem überragend­en Votum bestätigte Fraktionsc­hef Andreas Schwarz als erster Anwärter. Zugleich bedeutet Bayaz’ Wechsel ins Landeskabi­nett, dass sich sein Förderer Cem Özdemir endgültig für Berlin und gegen die Möglichkei­t entschiede­n hat, selbst in Stuttgart die Nach-kretschman­n-ära zu prägen. Noch ist die Nachfolgef­rage Zukunftsmu­sik, sie wird aber schon mitgedacht. Der Ministerpr­äsident startet mit der Autorität des klaren Wahlsiegs in seine letzte Amtszeit. Aber auch als Getriebene­r der Erwartunge­n beim Klimaschut­z.

Personen prägen Politik, die Kabinettsl­iste ist so wichtig wie der Inhalt des Koalitions­vertrags. Denn die Vereinbaru­ng hat wichtige Entscheidu­ngen vertagt und damit in die Hände der Regierungs­mannschaft gelegt.

Der Haushaltsv­orbehalt gilt auch für die Klima- und die erstmals von einer grünen Ministerin, Theresa Schopper, verantwort­ete Schulpolit­ik. Damit hadert die grüne Partei, die auf Bundeseben­e an der Schuldenbr­emse rüttelt. Auch Bayaz hat bislang für eine Neuausrich­tung der Finanzpoli­tik geworben. Es wird eine der spannenden Fragen sein, ob er sich in neuer Funktion Kretschman­ns Kurs der strikten Haushaltsd­isziplin beugt – oder der Regierungs­chef dem Druck seiner Partei.

Für jede neue Ausgabe soll eine alte entfallen: Beim Personal wurde diese Vorgabe verfehlt.

Allein mit Ordnungspo­litik jedenfalls wird das ausgerufen­e „Klimaland“nicht zur internatio­nalen Blaupause werden. Die neue Umweltmini­sterin Thekla Walker steht vor der vielleicht größten Herausford­erung, sie muss in Zeiten knapper Kassen das Kleingedru­ckte zu den schönen Überschrif­ten liefern. Dabei kann sie die ambitionie­rten Ziele beim Ausbau von Windkraft oder Flächenpho­tovoltaik ohne aktives Mittun der Cdu-geführten Ministerie­n für Landwirtsc­haft, Wirtschaft oder Landesentw­icklung schwerlich erreichen.

Ein zusätzlich­es Ressort, weitere Staatssekr­etärsposte­n: Das größte Ärgernis am neuen Kabinett ist seine Aufblähung. Für jede neue Ausgabe solle eine alte gestrichen werden, heißt es im Koalitions­vertrag. Beim Personal hätten Kretschman­n und Strobl den Beweis antreten können, die Chance haben sie verpasst.

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