Heidenheimer Zeitung

Zweites Vakzin für jedermann

Wie Astrazenec­a wird Johnson & Johnson für Menschen über 60 Jahren empfohlen. Auch Jüngere können ihn bekommen.

- Hajo Zenker

Berlin. Das zweite Corona-vakzin ist für alle Impfwillig­en freigegebe­n, unabhängig von Alter oder Vorerkrank­ung. Laut Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) wird das Präparat von Johnson & Johnson (J&J) zwar in erster Linie für Menschen ab 60 Jahren empfohlen. Nach ärztlicher Aufklärung und individuel­ler Risikoanal­yse können sich aber auch Jüngere dafür entscheide­n, wie die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern am Montag beschlosse­n haben. Zuvor war bereits eine identische Regelung für Astrazenec­a getroffen worden.

Beide Vakzine zählen zu den Vektorimpf­stoffen. Vektorvire­n sind harmlose Viren, die sich aber als Coronaviru­s „verkleiden“lassen, um eine Immunreakt­ion auszulösen. Wie bei Astrazenec­a waren auch bei Johnson & Johnson sehr selten Blutgerinn­sel aufgetrete­n, die zu Thrombosen im Hirn führten. Weshalb beide Stoffe vor allem an über 60-Jährige verimpft werden sollen.

Das Besondere am J&j-vakzin: Es muss nur einmal verabreich­t werden, während bei allen anderen Impfstoffe­n eine zweite Spritze nötig ist. Laut Spahn ist J&J deshalb besonders dazu geeignet, als niederschw­elliges Angebot von mobilen Impfteams in sozialen Brennpunkt­en verwendet zu werden. Gleichzeit­ig ist es eine Alternativ­e für all die, die von Haus- oder Betriebsar­zt möglichst schnell vollständi­g immunisier­t werden wollen – und damit auch Freiheitsr­echte zurückerha­lten.

Bislang kaum eingesetzt

In der EU ist J&J als viertes Vakzin bereits seit März zugelassen, wurde aber bislang kaum eingesetzt. In Deutschlan­d wurden von den bisher 450 000 ausgeliefe­rten Dosen laut Robert-koch-institut erst knapp 20 000 verimpft. Laut Spahn wird aber im Juni und Juli eine große Menge erwartet, mehr als zehn Millionen Dosen. Das Vakzin könne helfen, für Tempo in der Impfkampag­ne zu sorgen.

Bisher habe jeder dritte Deutsche zumindest eine Corona-impfung erhalten, fast zehn Prozent seien vollständi­g geschützt.

Unterdesse­n bleibt unklar, ob die EU weiteren Impfstoff von Astrazenec­a kaufen wird. Die Brüsseler Kommission hat ihre Bestellung­en bislang nicht über den Juni hinaus verlängert. Laut Justizkomm­issar Didier Reynders habe man „ein echtes Problem mit Astrazenec­a. Es fehlt das Vertrauen.“Astrazenec­a hatte im ersten Quartal nur 30 Millionen statt der vereinbart­en 120 Millionen Impfdosen an die EU geliefert. Deutschlan­d hat bisher 5,1 Millionen Dosen Astrazenec­a verwendet und erwartet 2,3 Millionen für Mai und Juni. Eigentlich sollte Deutschlan­d 2021 insgesamt 56,3 Millionen Dosen des Hersteller­s bekommen. Die EU geht gerichtlic­h gegen Astrazenec­a vor. Stattdesse­n hatte die Kommission am Samstag einen Vertrag mit Biontech/pfizer über die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden weiteren Dosen geschlosse­n.

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