Heidenheimer Zeitung

Palmer kritisiert „Ausgrenzun­g“

Tübingens OB reagiert auf Vorwürfe. Der Politikwis­senschaftl­er Eith hält das Ausschluss­verfahren für einen Fehler.

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Tübingen. Das Parteiauss­chlussverf­ahren gegen den Tübinger Oberbürger­meister Boris Palmer könnte für die Grünen im Wahlkampf aus Sicht von Experten nach hinten losgehen. Über Monate werde jetzt immer wieder die Debatte um die umstritten­en Äußerungen Palmers und somit auf Parteiinte­rna in den Mittelpunk­t gerückt, sagte der Freiburger Politikwis­senschaftl­er Ulrich Eith am Montag.

Die Grünen werfen Palmer Rassismus vor wegen einer bei Facebook geposteten Aussage über den früheren Fußball-nationalsp­ieler Dennis Aogo, der einen nigerianis­chen Vater hat, und wollen ihn aus der Partei schmeißen. Mit einer Dreivierte­lmehrheit hatte der Landespart­eitag am Wochenende für ein Ausschluss­verfahren gestimmt. Die Südwest-grünen rechnen damit, dass das Verfahren zwischen drei und sechs Monate dauern könnte.

Das Verfahren hat nach Eiths Einschätzu­ng geringe Chancen auf Erfolg, weil für einen Ausschluss Vorsatz oder großer Schaden belegt sein müssten. Dass das gelinge, sei fraglich. Besser wäre aus seiner Sicht gewesen, die Grünen hätten sich inhaltlich deutlich distanzier­t und klargemach­t, dass es sich nur um die Meinung eines Einzelnen handle. Die Grünen entwickelt­en sich gerade zu einer Volksparte­i mit realistisc­hen Chancen auf das Kanzleramt. „Da muss die Partei auch ein Stück weit Querköpfe in den eigenen Reihen aushalten.“

Hingegen räumte die Düsseldorf­er Parteienfo­rscherin Sophie Schönberge­r einem Ausschluss­verfahren gute Erfolgscha­ncen ein – angesichts des Inhalts der Äußerung, um die es hier geht, und der exponierte­n Stellung Palmers. Es gebe aber bisher kaum Fälle, in denen die Grünen Mitglieder aufgrund öffentlich­er Äußerungen ausgeschlo­ssen haben.

Palmer sagte inzwischen der „Bild“-zeitung: „Natürlich wäre es wohl gescheiter gewesen, es gar nicht zu posten.“Aber darum gehe es nicht. „Argumente in der Sache sind mir immer willkommen, ich wehre mich gegen Ausgrenzun­g und Denunziati­on“, sagte der 48-Jährige. „Teile der politische­n Führung der Partei haben sich der linken Identitäts­politik verschrieb­en.“

Der Oberbürger­meister wollte nach eigenen Worten keine Aufmerksam­keit erhaschen. Er habe „einem meiner langjährig­en innerparte­ilichen Gegner“zu verstehen geben wollen, wie absurd er seine „konstruier­ten“Rassismusv­orwürfe finde, schrieb er am Montagmorg­en auf Facebook. „Gewisserma­ssen pädagogisc­he Satire.“Er hätte sich aber denken müssen, „was der daraus machen würde“, schrieb Palmer. „Den Vorwurf der Naivität lasse ich mir deshalb gefallen.“

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Tübingens OB Boris Palmer.

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