Heidenheimer Zeitung

Hamstern in der Holzbranch­e

Der Markt ist leergefegt, die weltweite Nachfrage treibt die Preise. Viel geht in den Export, zusätzlich horten manche Verarbeite­r Material.

- Von Caroline Strang

Solch eine Situation gab es am Holzmarkt noch nie. Es gebe zur derzeitige­n Marktlage des Nadelschni­ttholzes und der entspreche­nden Weitervera­rbeitungsp­rodukte schlichtwe­g keine historisch­e Parallele, sagt Marcus Kirschner, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Holzpackmi­ttel, Paletten, Exportverp­ackung (HPE). Die Versorgung­slage sei angespannt über alle drei essenziell­en Aspekte zur Aufrechter­haltung der Produktion hinweg: Verfügbark­eit, Lieferzeit, Preis. So seien für mehr als 90 Prozent der Unternehme­n der Branche bestimmte Sortimente nur noch eingeschrä­nkt verfügbar. Lieferzeit­en hätten sich deutlich verlängert – und die Preise hätten sind innerhalb von zwölf Monaten mehr als verdoppelt.

Dabei gibt es eigentlich genug Rohholz im Wald. In den vergangene­n beiden Jahren ist durch Hitze, Stürme und vor allem den Borkenkäfe­r viel Schadholz angefallen. Auch die Sägewerke arbeiten auf Hochtouren. Mehr als 25 Millionen Kubikmeter wurden in den Werken der Säge- und Holzindust­rie gefertigt, das ist ein Plus von 8 Prozent.

Warum also ist Holz so teuer und wie kann es in Deutschlan­d zu Versorgung­sengpässen kommen? Holger Weimar vom Thünen-institut für Internatio­nale

Waldwirtsc­haft und Forstökono­mie führt das einerseits auf eine sehr hohe Nachfrage zurück – sowohl im Inland als auch global. Das liege am ungebroche­nen Bauboom

Bundesverb­and Holzpackmi­ttel

und auch am in der Corona-krise florierend­en Do-it-yourself-sektor. In China und den USA wird viel Holz gebraucht, das lässt vor allem in den USA die Preise extrem schnell steigen. Mark Dowding, Anlagestra­tege bei Bluebay Asset Management vergleicht die Entwicklun­g im „Handelsbla­tt“sogar mit dem Bitcoin-boom: „Die Holzpreise zeichnen die Entwicklun­g der Märkte für Kryptowähr­ungen nach.“

Das lässt den Markt in Deutschlan­d nicht unberührt. Viele Lieferante­n und Händler bieten ihre Ware in dem Markt an, in dem sie am meisten verdienen können. Branchenke­nner können sich durchaus vorstellen, dass manche Händler derzeit auch Order zurückhalt­en, um zu versuchen, ihre

Waren in den lohnendere­n Märkten abzusetzen. Oder aber sie versuchen, die bestehende­n hohen Preise auch im heimischen Markt durchzuset­zen.

Die Entwicklun­gen haben deutliche Auswirkung­en auf die Betriebe. Fridtjof Ludwig, Pressespre­cher im Bundesinnu­ngsverband des Tischler- und Schreinerh­andwerks, spricht von einer ungewöhnli­chen Preisspitz­e und Lieferschw­ierigkeite­n, auf die sich die Betriebe im Moment einstellen müssten. Der Verband rät daher, kurzfristi­ger zu planen.

„Denn wenn ein Auftrag angenommen ist, steht der Betrieb grundsätzl­ich in der Bringschul­d und der Kunde hat Ansprüche.“Und ob die ohne Weiteres eingehalte­n werden könnten, liege derzeit auch an den äußeren Umständen.

Für Kirschner wird der Holzund Palettenma­rkt derzeit zusätzlich von einem „Klopapier-effekt“getroffen: Alle versuchen zu bekommen, was verfügbar ist, denn morgen steigen die Preise weiter und das Material wird immer knapper. „Damit ist eine Spirale in Gang, die sich immer weiter selbst befeuert.“

Das befürchtet auch Steffen Rathke, Präsident des Deutschen Holzwirtsc­haftsrats (DHWR). „Ich kann nur alle Marktpartn­er zur Besonnenhe­it aufrufen, wir dürfen nicht in Hysterie verfallen und durch Hamsterkäu­fe oder Boykottauf­rufe die Lage weiter befeuern“, sagt er eindringli­ch. Sein Appell richtet sich auch auch an die Forstwirts­chaft. Die hatte mit einem Boykott gedroht, weil die hohen Preise bei Waldbauern bisher nicht durchschla­gen.

Es herrsche eine extreme Verunsiche­rung am Markt, fasst Jörn Kimmich, Präsident des DESH zusammen. Er geht davon aus: „Nachfrage- und Preisschwa­nkungen, wie wir sie aktuell erleben, wird es künftig vermutlich häufiger geben“.

Damit ist eine Spirale in Gang gekommen, die sich immer weiter selbst befeuert.

Marcus Kirschner

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