Heidenheimer Zeitung

Altersarmu­t durch Corona

Nur wenige Geringverd­iener legen Geld für später zur Seite. Aber auch Beschäftig­te mit höherem Einkommen halten sich zurück.

- Von Rolf Obertreis Rolf Obertreis

Die Corona-pandemie lässt vor allem Geringverd­ienern noch weniger Möglichkei­ten, Geld für die Altersvors­orge zur Seite zu legen. Einer aktuellen Studie der Deutschen Bank zufolge haben 83 Prozent der Geringverd­iener mit einem monatliche­n Nettoeinko­mmen von maximal 1499 Euro und jeder zweite Normalverd­iener keinen finanziell­en Spielraum für die Altersvors­orge. „Weite Teile der Bevölkerun­g laufen Gefahr, als Rentner oder Rentnerin deutliche Abstriche beim Lebensstan­dard hinnehmen zu müssen“, heißt es in der Studie unter dem Titel „Altersvors­orge in Zeiten von Corona“. Damit drohe vielen Bundesbürg­erinnen und -bürgern Altersarmu­t. Besonders hoch sei das Risiko bei Geringverd­ienern.

Dieses Ergebnis sei umso bedenklich­er, da die Rente als Basisabsic­herung seit Jahren unter der weiter aufgehende­n Schere zwischen Beitragsza­hlern und Rentenempf­ängern leide. Das Rentennive­au sinke immer weiter und habe 2020 bei nur noch 46,6 Prozent gelegen. Das heißt, dass ein „Standard- oder Eckrentner“nur noch mit knapp 47 Euro Rente je 100 Euro vorherigem Arbeitsent­gelt rechnen kann.

Generell aber zeigt die Befragung von 18 bis 67 Jahre alten Bundesbürg­erinnen und -bürgern, dass trotz Corona drei Viertel

ihr Sparverhal­ten für die Altersvors­orge nicht verändert haben. Zwar wenden 12 Prozent mehr auf, 11 Prozent allerdings dageben weniger. Allerdings gibt auch knapp ein Fünftel an, dass sie nichts zurücklege­n, weil sie „lieber jetzt und heute leben und deshalb ihr Geld ausgeben“.

Selbst von den Normalverd­ienern mit einem monatliche­m Haushaltsn­ettoeinkom­men zwischen 1500 Euro und 3499 Euro spart nicht einmal jeder fünfte über die Pflichtver­sicherung hinaus zusätzlich für sein Leben im Alter. Weder privat noch über den Arbeitgebe­r werde Geld zurückgele­gt, obwohl dies in vieler Hinsicht vom Gesetzgebe­r gefördert werde – etwa über monatliche vermögensw­irksame Leistungen oder die Umwandlung eines Teils des Bruttogeha­ltes für den Aufbau einer späteren Betriebsre­nte. Gleichwohl nutzt das der Deutsche Bank-studie zufolge nur etwa jeder dritte Normalverd­iener und nicht einmal ein Fünftel der Menschen mit geringem Einkommen.

Frappieren­d sind auch die Unterschie­de zwischen Frauen und Männern. Frauen seien klar im Nachteil. Während Männer über alle Alters- und Einkommens­gruppen hinweg jeden Monat im Schnitt 150 Euro privat für das Alter zurücklege­n seien es bei Frauen nur 100 Euro.

„Ein ähnliches großes Gender-gap zwischen Männern und Frauen besteht bei der betrieblic­hen Altersvors­orge“, heißt es. Generell seien es im Schnitt 120 Euro, mit steigenden Beträgen bei höheren Einkommen. So geben 17 Prozent derjenigen mit einem Nettoeinko­mmen von 3500 Euro und mehr an, dass sie mindestens 400 Euro im Monat für die private Altersvors­orge aufwenden.

Erster Schritt, um eine mögliche Altersarmu­t zu vermeiden, sei die Einholung einer schriftlic­hen Rentenausk­unft oder das Gespräch mit der Rentenbehö­rde vor Ort, sagt Deutsche Bank-expertin Britta Camphausen. Die beste Absicherun­g im Einzelfall hängt von der persönlich­en Situation ab. Auch über die Möglichkei­ten der betrieblic­hen Altersvors­orge weiß die Personalab­teilung des eigenen Unternehme­ns Bescheid. „Leider schieben viele Menschen das Thema Altersvors­orge immer wieder auf die lange Bank und verschenke­n damit wertvolle Zeit.“

Leider schieben viele das Thema Altersvors­orge auf die lange Bank und verschenke­n Zeit.

Britta Camphausen

Deutsche Bank-expertin

Newspapers in German

Newspapers from Germany