„Der Fluch der frühen Zahl“
Tillman Prinz,
Geschäftsführer der Bundesarchitektenkammer, erklärt die Kostensteigerungen beim öffentlichen Bauen mit dem „Fluch der frühen Zahl“.
Was sind die Hauptursachen für ungeplante Kostensteigerungen am Bau?
Tillman Prinz
: Beim öffentlichen Bauen werden manchmal aus politischen Gründen sehr frühzeitig Zahlen genannt, um an die notwendige Zustimmung der Entscheidungsgremien für ein Bauvorhaben zu kommen. Wir nennen das den „Fluch der frühen Zahl“. Oftmals sind diese Zahlen aufgrund des frühen Planungsstadiums nicht belastbar, aber für den Laien ist das nicht ersichtlich. Die wundern sich dann, warum ein Bauwerk plötzlich x-mal teurer ist als angekündigt, dabei bilden diesen angeblichen Kostensteigerungen nur den realistischen Preis ab. Die Elbphilharmonie ist das beste Beispiel dafür. Andererseits zeigt gerade die Elbphilharmonie, wie positiv der städtebauliche und baukulturelle Beitrag des Projektes für die Stadt Hamburg und darüber hinaus ist.
Zu den höheren Kosten kommen wie beim Kanzleramt oft auch Baumängel. Wie ist das zu erklären?
Sowohl im Bund als auch bei den Kommunen sind immer weniger Fachleute, Architektinnen und Ingenieure als Bauherrenvertreterinnen tätig und immer mehr Juristinnen oder Wirtschaftsexperten. Deshalb werden auf Bauherrenseite pragmatische Entscheidungen, die notwendig wären, um mit einem Projekt zügig vorwärts zu kommen, verschleppt. Dazu kommt: Aufgrund des Kostendrucks entscheiden sich öffentliche Bauherren oftmals für das billigste, aber nicht für das wirtschaftlichste Angebot – mit den entsprechenden Folgekosten, wenn gepfuscht wird. Der Bau des Berliner Flughafens hat gezeigt, was passiert, wenn billig mit wirtschaftlich verwechselt wird.
Sind öffentliche Bauherren als Arbeitgeber für Architektinnen und Architekten so unattraktiv?
Nein, es ist durchaus attraktiv, für die öffentliche Hand im Angestelltenoder Beamtenverhältnis zu arbeiten. Man kann als angestellter Architekt oder angestellte Ingenieurin viel bewirken. Doch schon bei der Personalauswahl setzen öffentliche Bauherren
eher auf Juristen, weil sie glauben, damit für den Fall einer Klage gut vorbereitet zu sein. Dabei vergessen sie, dass es diese Streitigkeiten vielleicht überhaupt nicht geben würde, wenn Bauexperten auch auf Seiten des Bauherrn von Anfang an das Projekt besser geplant hätten.