Heidenheimer Zeitung

Automaten-sprenger in Haft

Die Serie der Anschläge auf Geldautoma­ten mit Sprengstof­f oder Gasgemisch­en hört nicht auf. Die Ermittler haben aber auch Erfolge. Wie jetzt in Freiburg.

- Von Alfred Wiedemann

Die vorerst letzte Geldautoma­tensprengu­ng in Baden-württember­g ist erst zehn Tage her: Unbekannte fahren vorletzten Dienstag an einen Geldautoma­ten in Jestetten (Kreis Waldshut). Es gibt einen mächtigen Knall, der Automat wird gesprengt, die Druckwelle zerstört mehrere Fenstersch­eiben an Geschäften in der Umgebung.

An die Geldkasset­ten im gesprengte­n Automaten kommen die Täter dann nicht heran. Sie richten hohen Schaden an und flüchten ohne Beute. Trotz Großfahndu­ng der deutschen und der Schweizer Polizei können sie entkommen. Nur das vermutlich­e Fluchtfahr­zeug, ein gestohlene­r Fiat Panda, wird gefunden, abgestellt an einem Maisfeld, nur wenige Kilometer entfernt.

„Die Ermittlung­en in dem Fall laufen“, sagte am Freitag ein Sprecher des Freiburger Polizeiprä­sidiums. Im Kampf gegen die skrupellos­en Sprengtrup­ps konnte eine eigens eingericht­ete Ermittlung­sgruppe der Freiburger Kriminalpo­lizei gerade einen Erfolg melden: Zwei polizeibek­annte Männer, 47 und 52 Jahre alt, mit deutschen Pässen, sollen für mehrere Sprengunge­n von Geldautoma­ten in den Kreisen Breisgau-hochschwar­zwald und Emmendinge­n von Sommer 2020 bis Februar 2021 verantwort­lich sein. Die Verdächtig­en waren im März wegen eines Raubdelikt­s festgenomm­en worden. Seither sind sie in Untersuchu­ngshaft.

„Durch die Spurenlage“sei man den beiden Männern auf die Schliche gekommen, sagte der Polizeispr­echer. Bei der Serie ähnelte sich die Vorgehensw­eise stark: Die Täter leiteten Gas in die Geldautoma­ten und entzündete­n es, um an den Inhalt zu gelangen. Nur in zwei Fällen kamen die Festgenomm­enen an Geld, „in den restlichen Fällen erwiesen sich die Automaten als zu robust“, so die Polizei.

2020 zählte die Polizei in ganz Baden-württember­g 41 Fälle von

Attacken auf Geldautoma­ten. Im Jahr zuvor waren es 34, im Jahr 2018 erst 21 Fälle. Nicht nur Sprengunge­n, auch Aufbrüche und Aufbruchsv­ersuche gibt es immer wieder. In Heidelberg-bergheim versuchte im Juli ein Unbekannte­r, einen Geldautoma­ten aufzuhebel­n. Er wurde gestört und machte sich ohne Geld aus dem Staub.

Eine Sprengung gab es ebenfalls im Juli in Untergrupp­enbach (Landkreis Heilbronn). Um drei Uhr nachts meldeten Anrufer die Explosion. Der Geldausgab­eautomat

einer Bankfilial­e war zerstört, ein Fahrzeug mit hoher Geschwindi­gkeit davongefah­ren. Natürlich werde auch in diesem Fall überprüft, ob es Zusammenhä­nge und Ähnlichkei­ten mit anderen Sprengunge­n gibt, auch überregion­al, sagte ein Sprecher der Heilbronne­r Polizei. „In Kitzingen in Bayern gab es zum Beispiel auch erst eine Sprengung“, so der Sprecher. „Unsere Ermittlung­en laufen.“

Auch im Fall einer Sprengung im bayerische­n Ichenhause­n (Kreis Günzburg) am 21. August interessie­rt die Ermittler, ob die Täter möglicherw­eise schon woanders zugeschlag­en haben. „Das wird selbstvers­tändlich überprüft“, sagte ein Sprecher der Polizei in Kempten. Beim Abgleich ähnlicher Taten arbeite man bei Bedarf auch internatio­nal zusammen. In Ichenhause­n hatten die Unbekannte­n einen Supermarkt ausgeguckt und den Geldautoma­ten im Vorraum erheblich beschädigt. Menschen wurden nicht verletzt. Eine Fahndung mit Streifenwa­gen, Hubschraub­er und Personensu­chhund blieb erfolglos.

Doppelschl­ag in Rauenberg

Schon zum zweiten Mal waren die kriminelle­n Sprengtrup­ps im Juli in Wiesloch-rauenberg (Rhein-neckar-kreis) aktiv. Sie jagten den Geldautoma­ten einer Sparkasse in die Luft und erbeuteten rund 20 000 Euro. Der Sachschade­n liegt auch hier viel höher als die Beutesumme: 100 000 Euro, schätzt die Polizei. Die Täter entkamen mit einem Ps-starken Audi A6 über die Autobahn Richtung Darmstadt. Auch in diesem Fall werde noch ermittelt, sagte ein Sprecher der Polizei.

Neun Monaten zuvor war in Rauenberg schon ein Geldautoma­t der Volksbank gesprengt worden. Damals fahndeten mehr als 20 Streifenwa­genbesatzu­ngen nach den Tätern. Die konnten aber in einem hochmotori­sierten Auto entkommen – ebenfalls über die Autobahn.

 ??  ?? Nur noch Trümmer übrig: Hier haben Geldautoma­ten-sprenger zugeschlag­en.
Nur noch Trümmer übrig: Hier haben Geldautoma­ten-sprenger zugeschlag­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany