Lieber Teppich,
dafür, dass Du oftmals nicht mehr als ein staubiger, müffelnder Luxus-fußabtreter bist, ranken sich um Dich so einige Legenden. Schon Aladin ritt auf einer fliegenden Version von Dir im gleichnamigen Disney-klassiker durch die Lüfte. Entgegen weitläufiger Vorstellung kommst Du, lieber Teppich, in der literarischen Grundlage von Aladin, den Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht, aber kaum vor.
Stattdessen lässt Aladin die Prinzessin Bedrulbudur in ihrer Hochzeitsnacht mitsamt ihrem Bräutigam im gemeinsamen Bett entführen und am nächsten Morgen zurückbringen. Das
Bett wird dabei vom Geist der Lampe durch die Luft getragen. Geister schienen den Menschen zu damaliger Zeit wohl schlicht glaubhafter zu sein als fliegende Teppiche.
In Heidenheim teilt man diese Meinung. Dich, lieber Teppich, sucht man in der Luft vergebens. Bei einem Blick Richtung Brenz wird es hingegen wärmer. Allerhand Pflanzen, Algen und andere vegetative Überreste bilden auf dem Fluss einen grünen Teppich. Darauf fliegen beziehungsweise schwimmen bevorzugt die schwarz-weißen Blässhühner.
Warum sie gerade so gern auf Dir, lieber Teppich, verweilen, wo Blässhühner doch sowohl eigenständig fliegen als auch schwimmen können, bleibt ein Rätsel. Vielleicht haben sie ganz einfach ein Faible für staubige, müffelnde Luxus-fußabtreter.
Übrigens: Die größte Legende rankt sich um Dich, lieber Teppich, vermutlich aus Sicht der sogenannten „Neigschmeckten“. Denn wer des Schwäbischen nicht mächtig ist, wundert sich womöglich über die Aufforderung „gib mr mol bidde dr Deppich“, vor allem, wenn daraufhin nicht Du, lieber Teppich, gereicht wirst, sondern schlicht und einfach eine stinknormale Decke.
Aber Du liest das ja eh nicht.