Der Künstler ein Pausenclown?
Es war einmal. So fangen gern Märchen an. Ob es im Landkreis Heidenheim jemals märchenhafte Zeiten für lokale bildende Künstler gegeben hat, mag dahingestellt bleiben. Bessere Zeiten gab es aber in jedem Fall.
Wir müssen dabei gar nicht in die Nachkriegszeit und die 50er-jahre zurückdenken, als das stattliche Programm für Kunst am Bau für viel Kunst im öffentlichen Raum sorgte und manchem Maler und Bildhauer zu stetem Einkommen verhalf.
Auch in späteren Zeiten kümmerte man sich um die lokalen und regionalen bildenden Künstler. Zirka 35 Jahre ist es her, dass das Heidenheimer Kunstmuseum erstmals gezielt jungen Künstlern aus der Region eine eigene Plattform bot. „Heidenheimer Dreieck“war der Titel der Schau, nach den drei Ausstellungsorten Meeboldhaus, Rathaus und Villa Waldenmaier. Das „Heidenheimer Dreieck“entwickelte sich zu einer festen Reihe mit am Ende fünf Ausstellungen in einem Zeitraum von 20 Jahren.
Auch danach blieb junge und regionale Kunst im Fokus. 1996 wurde in Heidenheim erstmals der mit 3000 Euro dotierte Kunstpreis an regionale Künstler vergeben, der nach dem verstorbenen Gründungsvorsitzenden Dr. Hans-helmut Bauer benannt worden war.
Der Kunstverein Heidenheim erfand zeitgleich für diese Gruppe eine Fördermöglichkeit anderer Art: eine Einzelausstellung in seinen Räumen. Die Heidenheimer Volksbank engagierte sich in der Kunstförderung mit einem mit 500 Euro dotieren Publikumspreis und der Heidenheimer Unternehmer Klaus Mayer setzte einen Preis für den künstlerischen Nachwuchs aus. Auch der scheidende Heidenheimer Bürgermeister Roland Riegger wollte einen Preis für die junge Kunst ausloben.
Dass es dazu nicht mehr kam, hat damit zu tun, dass in Heidenheim die regionale Kunstförderung damals generell in Vergessenheit geriet. Das neue Kunstmuseum jedenfalls hatte seinen Blick deutlich geweitet und holte durchaus zu Recht vorwiegend anerkannte Kunst nach Heidenheim.
Vielleicht dachte und hoffte man auch, dass die lokale
Künstlerszene in der WCM mit ihren Open-ausstellungen sich selbst ausreichend präsentieren könnte.
Nun leben wir bekanntlich in pandemischen Zeiten. Musik, Theater, Kabarett, all dies ist wieder, wenn auch in beschränkter Form, möglich. Die bildende Kunst hat wieder Eingang ins Heidenheimer Museum und in die Galerie Fetzer gefunden. Nur die lokalen Künstler bleiben im Nirgendwo. Auch in Herbrechtingen und Giengen hat man sich in der Vergangenheit für die lokale Szene engagiert. Nur, wann war die letzte Ausstellung in der Schranne? Zum vierten Mal in Folge fällt nun in Herbrechtingen die Kunstausstellung der Stadt aus, und ob am Buigen an eine Sonnwend-vernissage im nächsten Sommer zu denken ist, entscheiden wohl wieder Inzidenz-werte und Hospitalisierungsraten. Und hat die Heidenheimer Szene noch die Kraft für eine Open-inszenierung am Muttertag 2022?
Zumindest für die Förderung junger Kunst hätte man in Heidenheim einen guten Ansatzpunkt. Hat sich doch der Verein Kinder und Kunst im Stillen zu einer Jugendkunstschule entwickelt und mit zwei fulminanten Ausstellungen gezeigt, dass Menschen nicht nur wegen Picasso ins Museum gehen. „Trashtrain“und „Unterwasserwelt“bleiben in Erinnerung.
Ließe sich diese Kreativität nicht auch bei jungen Erwachsenen entzünden, wenn man ihnen dafür den Raum gäbe?
Jugendkunst oder regionale Kunst sind kein eigener Wert. Aber die Förderung von jungen Künstlern und regionalen Künstlern bleibt wertvoll. In ihr spiegelt sich die Wertschätzung ihrer Heimat.
Das Umwidmen der Auslagen von Ladengeschäften, die aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen wurden, zum Schauraum für regionale Künstler, mag gut gemeint sein. Doch was sagt man damit? Kunst ist ein Lückenfüller und der Künstler ein Pausenclown.
Guenter.trittner@hz.de