Heidenheimer Zeitung

Das Sensations­comeback

Abba, die schwedisch­e Kultband, ist zurück. Erstmals seit der Trennung im Jahr 1982 erscheint am 5. November ein Album mit zehn neuen Songs: „Voyage“.

- Philip Dethlefs

Die Begeisteru­ng für die Musik ist bei Benny Andersson und Björn Ulvaeus noch genauso groß wie in den 70er Jahren, als die beiden mit Abba weltweit die Hitparaden toppten. „Noch größer“, betont der 74-jährige Benny. „Ja, das geht niemals weg“, schwärmt sein langjährig­er musikalisc­her Partner Björn (76). Wie sehr es das kongeniale Songwriter­und Produzente­nduo freut, mit Agnetha Fältskog und Anni-frid Lyngstad wieder als Abba Musik zu machen, ist nicht zu übersehen. Auch bei den vielen Fans rund um den Globus sorgte die Aussicht, dass sie Klassiker wie „Dancing Queen“, „Mamma Mia“oder „Super Trouper“bald wieder live hören können, für Begeisteru­ng.

Seit der Auflösung der Band hatten Abba ein Comeback immer wieder ausgeschlo­ssen. Mit der Nachricht von der Reunion sorgten die Schweden am Donnerstag­abend für einen echten Paukenschl­ag in der Musikwelt. „Es gibt eine neue Tour und ein Album – nach 40 Jahren“, sagte Björn bei einem Presseeven­t vor rund 50 geladenen Gästen in London – und wirkte dabei fast selbst etwas erstaunt. Doch es stimmt. Erstmals seit der Trennung der Band 1982 erscheint am 5. November ein Album mit zehn neuen Abba-songs: „Voyage“.

„Ich finde, es ist ziemlich gut“, sagt Benny selbstbewu­sst. „Wir haben es so gut gemacht, wie wir das in unserem Alter können.“Zwei Lieder, „I Still Have Faith In You“und „Don‘t Shut Me Down“, sind ab sofort erhältlich. Die Stimmen von Agnetha Fältskog (71) und Anni-frid Lyngstad (75), den beiden As in Abba, klingen etwas tiefer als früher, doch der Abba-sound mit den kräftigen Harmonien und Melodien zum Mitsingen ist unverkennb­ar.

Ursprüngli­ch hatte die Band gar kein Album geplant. „Erst haben wir einen Song gemacht, dann mehrere. Dann haben wir gesagt: Warum machen wir nicht ein ganzes Album?“, erzählt Benny strahlend. An der Arbeit mit ihren beiden Ex-frauen, die nach der Scheidung enge Freundinne­n geblieben sind, hatten offenkundi­g alle ihren Spaß. „Es war so schön, wieder gemeinsam im Studio zu sein“, schwärmt er. Fans dürfen sich obendrein auf ein Weihnachts­lied von Abba freuen.

Allerdings werden sie ihre Idole nicht mehr leibhaftig auf der Bühne erleben. Die angekündig­te Tour ist genau genommen eine spezielle Show in einem Londoner Musiktheat­er, das derzeit extra dafür gebaut wird. Dort werden die Bandmitgli­eder als digitale Avatare auf der Bühne zu sehen sein. „Man hatte uns vorgeschla­gen, als Hologramme auf Tournee zu gehen, aber das ist eine veraltete Technologi­e“, berichtet Björn auf einem Aussichtst­urm im Londoner Olympia Park, von dem man das im Bau befindlich­e Theater sehen kann. Hologramm-shows, etwa von Elvis Presley oder Whitney Houston, waren in den letzten Jahren eher mäßig erfolgreic­h und umstritten. Für Perfektion­isten wie Abba kein Thema.

Die Schweden setzen auf moderne Motion-capture-technologi­e, die schon bei Kinofilmen wie „Herr der Ringe“oder „Avengers“verwendet wurde. Sie schufen digitale Abbilder, sogenannte Abbatare, die so aussehen wie die Musiker im Jahr 1979. Für Bewegung und Gesang standen Agnetha, Björn, Benny und Anni-frid wochenlang täglich auf der Bühne. „Wir haben uns diese Ganzkörper­anzüge mit Punkten angezogen“, erzählt Björn. „Und dann sind wir alle zusammen aufgetrete­n.“Die Auftritte wurden von 160 Kameras aus jedem erdenklich­en Winkel eingefange­n.

Die neue, rund anderthalb­stündige Show mit 22 Songs ist ein Kompromiss. Am 27. Mai 2022 soll „Abba Voyage“, bei dem die „Abbatare“von einer zehnköpfig­en Liveband begleitet werden, in London starten. Warum dort? „Weil London einfach der beste Platz dafür ist“, sagt Björn.

Beim Reunioneve­nt, das live im Internet übertragen wurde, will Bbc-moderatori­n Zoé Ball wissen, was das Beste daran sei, ein Mitglied von Abba zu sein. „Dass man sich keine Gedanken über Geld machen muss“, antwortet Multimilli­onär Benny Andersson, der trotz seines Ruhms ausgesproc­hen bodenständ­ig wirkt. „Man kann alles tun und einfach weiter Musik machen.“Das sei im Übrigen auch der Grund dafür, dass alle vier Abba-mitglieder so entspannt sind. Von „Money, Money, Money“, wie Abba 1976 in ihrem großen Hit sangen, ist diese Reunion eindeutig nicht motiviert.

Wir haben uns diese Ganzkörper­anzüge mit Punkten angezogen.

Björn Ulvaeu

Über die Arbeit an einer virtuellen Show

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Foto: Industrial Light AND/PA Media/dpa Abba ist wieder zusammen: digital (kleine Bilder) und real: Björn Ulvaeus (großes Bild, v. l.), Agnetha Fältskog, Anni-frid Lyngstad und Benny Andersson.

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